Wann immer die Bevölkerung Investitionen in Gesundheit, Bildung und Arbeit forderte, war die Antwort dieselbe: Es ist kein Geld da, wir müssen den Gürtel enger schnallen. Woher kommt aber nun so viel Geld für die Aufrüstung?

Wenn Russland in Europa einmarschieren wollte, warum tut es das nicht gleich, anstatt zu warten, bis wir aufrüsten?

Wenn wir kämpfen, um unsere Demokratien zu verteidigen, warum zerstören wir sie dann, indem wir die Mehrheit der Europäer ignorieren, die weder Wiederaufrüstung noch eine Verlängerung des Konflikts wollen?

Wenn wir gegen autokratische Regime sind, die westliche Medien und oppositionelle Stimmen zensieren, warum werden dann abweichende Meinungen ignoriert und russische Medien abgeschaltet?

Wenn wir sagen, dass wir gegen autokratische Regime sind, wie kommt es dann, dass in Europa Entscheidungen von einigen wenigen Bürokraten unter der Führung Frankreichs und des Vereinigten Königreichs (das nicht einmal zur EU gehört) getroffen werden, während die anderen 26 Länder nicht berücksichtigt werden?

Angenommen, wir behaupten, dass wir uns gegen aggressive Länder verteidigen müssen. Was sollten afrikanische Staaten tun, um sich vor einem aggressiven Europa zu schützen, das sie durch seinen Kolonialismus seit Jahrhunderten unterjocht und ausgebeutet hat?

Wenn wir gegen den amerikanischen Protektionismus sind, warum betreiben wir dann eine protektionistische Politik gegenüber Produkten aus anderen Ländern?

Warum verurteilen wir Israel nicht für die Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die von internationalen Institutionen anerkannt werden, denselben Institutionen, die wir respektieren, wenn sie Russland verurteilen?

Wenn wir für die Freiheit und die Demokratie des ukrainischen Volkes kämpfen, warum lassen wir es dann nicht zu, dass es autonom über sein eigenes Schicksal entscheidet, anstatt einen Präsidenten zu unterstützen, dessen Mandat vor fast einem Jahr abgelaufen ist?

Wenn der Kapitalismus Armut, Ungerechtigkeit, Hunger, Schmerz und Krieg hervorbringt, warum geben wir ihn dann nicht auf und entwickeln uns in Richtung neuer Formen der Sozialwirtschaft, die auf Gegenseitigkeit und Fortschritt für alle beruhen?

Warum muss der Westen, um aus der Krise zu kommen, immer einen Feind finden, gegen den er kämpfen kann? Warum können wir keine echten Beziehungen der Freundschaft und Zusammenarbeit mit anderen Menschen aufbauen? Warum muss jeder von uns immer einen Feind in seinem Leben finden, den er für sein eigenes Versagen verantwortlich machen kann?

Warum befreien wir uns nicht aus dem geistigen Gefängnis, in dem wir eingesperrt sind?

Warum überwinden wir nicht den Individualismus und lernen, uns zusammenzuschließen, um – angefangen bei uns selbst, unserer Nachbarschaft, unserem Verein oder unserer Organisation – eine große friedliche, humanistische, gewaltfreie Bewegung aufzubauen?

Die Übersetzung aus dem Spanischen wurde von Anja Schlegel vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam erstellt. Wir suchen Freiwillige!