1. August 2025: „Die von Nestlé Waters hergestellten Wasserflaschen Contrex und Hépar sind in einen beispiellosen Skandal verwickelt: Sie weisen einen Rekordgehalt an Mikroplastik auf – 515 Partikel pro Liter bei Contrex und 2.096 Partikel pro Liter bei Hépar. Diese Werte liegen 2.952-mal über dem weltweiten Durchschnitt im Grundwasser.“
Nestlé ist mehrfach rückfällig geworden. Und die Medien berichten regelmäßig über Skandale großer multinationaler Unternehmen im Bereich der menschlichen Gesundheit und der Umweltschäden, oft mit der Komplizenschaft der Staaten.
Wasser ist nicht mehr das Wasser, das Leben spendet, die Quelle des Lebens. Drei große Maschinen haben es angegriffen, zerstört und seine Rolle und seinen Wert verändert.
Die erste ist die große Maschine der Ausbeutung des Lebens, die seit mindestens einem Jahrhundert die vorherrschende Wirtschaft kennzeichnet. Wie bei allen für das Leben wesentlichen natürlichen Gütern hat sie auch beim Wasser die Wirtschaftlichkeit in den Vordergrund gestellt, es zu einer Ware reduziert und im Namen der wirtschaftlichen Freiheit und Macht privatisiert und grenzenlos ausgebeutet. Denken wir nur an Unternehmen wie Veolia/Suez, Nestlé, Xylem, Syngenta, Coca-Cola, Unilever, Danone, Total Energies, Dow Chemicals, Bayer, BASF, Diageo, Heineken und Pepsi, für die Wasser von grundlegender Bedeutung ist. Eine Bulldozer-Maschine, die die untrennbaren Vorstellungen von Wasser als globales öffentliches Gemeingut und als universelles Recht auf Trinkwasser und ein gutes Leben für alle zunichte gemacht hat. Noch bevor sie umgesetzt werden konnte, wurde die Idee des globalen öffentlichen Gemeinguts[1] massiv durch das Konzept des privaten, kommerziellen und industriellen Wirtschaftsguts ersetzt.
Formell erfolgte die Substitution auf Ebene der internationalen Gemeinschaft im Jahr 1992 anlässlich des ersten Weltgipfels der Vereinten Nationen in Rio de Janeiro. Bei dieser Gelegenheit setzte die Weltbank das Integrierte Wasserressourcenmanagement als neue „globale Wasserbibel” durch. Die „Bibel” basiert auf zwei Grundprinzipien: Erstens ist Wasser ein privates Wirtschaftsgut und der Zugang zu Trinkwasser ist an die Zahlung eines Wasserpreises geknüpft, der sich nach der verbrauchten Menge richtet (Prinzip „Nutzer zahlt”). Letzteres wurde im Rahmen der ersten Agenda der UNO (2000–2015, „Millennium-Entwicklungsziele”) zum offiziellen Grundsatz der UNO. Es wurde im Rahmen der zweiten Agenda der UNO (2015–2030) „Ziele für nachhaltige Entwicklung” (Ziel Nr. 6)[2] einstimmig bestätigt. Dies geschah, obwohl die Generalversammlung der Vereinten Nationen bereits am 28. Juli 2010 eine Resolution verabschiedet hatte, in der das universelle Recht auf Trinkwasser und sanitäre Einrichtungen erstmals auf UN-Ebene anerkannt wurde. De facto wurden die 41 Staaten, die sich einer solchen Anerkennung widersetzten – darunter die mächtigsten Länder der Welt wie die USA und Großbritannien, aber auch Russland, Japan und China – durch eine für die große Mehrheit der Staaten des „Südens” günstige Konjunktur in die Minderheit gedrängt. Dies hinderte sie jedoch nicht daran, die Resolution systematisch zu ignorieren und jedes neue UN-Dokument, das sich ausdrücklich darauf bezog, abzulehnen[3].
Über die Resolution der Vereinten Nationen hinaus, die integraler Bestandteil des Völkerrechts ist, wurde der Grundsatz „Zugang zu Wasser für alle zu fairen und erschwinglichen Preisen” von den Vereinten Nationen sowie von der Wirtschafts- und Finanzwelt akzeptiert. Dieser Grundsatz unterscheidet sich vom „traditionellen” Grundsatz des universellen Rechts auf Wasser für das Leben, das von der Gemeinschaft über den öffentlichen Haushalt finanziert wird, der durch eine progressive und umverteilende Besteuerung gespeist wird.
Bereits 1992 wurden die öffentliche Wirtschaft der wesentlichen Gemeingüter sowie die Grundsätze der Unentgeltlichkeit des universellen Menschenrechts und der Gleichheit aller Menschen vor dem Gesetz abgeschafft (d. h. 50 Liter Trinkwasser pro Tag und Person sowie, als vorübergehende Ausnahme, 25 Liter pro Tag und Person in Ländern mit „niedrigem Einkommen”)[4].
Damit öffnete man Tür und Tor für die Liberalisierung, Deregulierung und Privatisierung der Wasserversorgung und der Wasserdienstleistungen. Diese Dienstleistungen wurden im ersten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts vom Status „öffentliche Dienstleistungen” zu „Dienstleistungen von allgemeinem Interesse” (SIG) und schließlich zu „Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse” (SIEG) umgewandelt, was der aktuellen Situation entspricht[5].
Die zweite große Maschinerie ist die Zerstörung des Wassers durch toxische Verunreinigungen. Die chemische Industrie und damit verbundene industrielle Aktivitäten haben alle Gewässer des Planeten (Oberflächengewässer, Grundwasser, Ozeane …) mit Tausenden von Schadstoffen (Pestizide, Düngemittel, Mikroplastik, Abfälle aller Art) verseucht, darunter auch die „ewigen Schadstoffe” wie die schrecklichen PFAS und PFA. Es handelt sich um eine mächtige Maschine zur Zerstörung der Gesundheit der Lebewesen auf der Erde, angefangen bei den Menschen[6].
Als die Agrar- und Industriechemie vor über 100 Jahren ihren Siegeszug antrat, waren sich ihre Befürworter – zumindest die große Mehrheit von ihnen – der verheerenden Auswirkungen ihrer Produkte nicht bewusst. Das Problem zählt heute zu den kritischsten für die Gesundheit der Lebenssysteme der Erde. Trotz der wissenschaftlich belegten Katastrophen sprachen sich die Industrie (auch die Agrarindustrie) und die Finanzwelt gegen eine Reduzierung und radikale Abschaffung der Verwendung umweltschädlicher Produkte aus. Ihre Ablehnung ist auch heute noch deutlich zu spüren – mitten in der globalen Wasserkrise und vor dem Hintergrund des verheerenden Klimawandels[7]. Es sei jedoch daran erinnert, dass die toxische Verschmutzung des Wassers (und der Umwelt) hauptsächlich auf menschliche Aktivitäten zurückzuführen ist. Sie führt zu gravierenden Folgen: Verlust der biologischen Vielfalt (Tod von Fischen, Wasserpflanzen usw.), Gesundheitsrisiken (Krankheiten wie Cholera, Typhus und Ruhr), Schäden an Ökosystemen (Wasserqualität, Artenzusammensetzung, Nahrungskette), wirtschaftliche Schäden (Fischerei, Landwirtschaft, Tourismus, industrielle Unsicherheit usw.) sowie Schwächung der partizipativen Demokratie, wodurch Bürger zu passiven Zuschauern und Opfern degradiert werden.
Daher muss der Widerstand von Industrie und Finanzwelt – oft mit der Komplizenschaft gewählter politischer Kräfte[8] – als illegal, ja sogar als kriminell angesehen werden. Er stellt „eine schwerwiegende Beeinträchtigung der menschlichen Gesundheit und einen massiven Verstoß gegen das Recht der betroffenen Bevölkerung auf Wasser und andere Menschenrechte“[9] dar.
Der dritte Faktor ist schließlich die umfassende Monetarisierung von Wasser und allen Elementen der Natur. Die Monetarisierung des Lebens ist die heimtückischste Ausprägung der Macht der kapitalistischen Marktwirtschaft und/oder des Staates. Indem Wasser zu einer Kategorie des Kapitals, dem sogenannten „Naturkapital“, also einem Finanzvermögen, gemacht wurde, hat sich seine lebenswichtige Funktion verändert.[10] Die Monetarisierung langfristiger Verträge für den Handel mit Wasser in großen Mengen sowie die Monetarisierung von „Mineralwasser in Plastikflaschen”[11] bedeutet beispielsweise, dass der Wert des Wassers von den hochspekulativen Börsen- und Derivatemärkten bestimmt wird, die am weitesten von der Realwirtschaft entfernt sind. Ihre Verwaltung unterliegt zwingend Rentabilitätskriterien, wobei Technologien zum Einsatz kommen, die Finanzgeschäfte in Millionstelsekunden abwickeln und daher zu sehr kurzfristig stark schwankenden Preisen führen.
Vorläufige Schlussfolgerung
Es ist illusorisch zu glauben, dass sich die Probleme der Ausbeutung des Lebens, der Klimakatastrophe, der toxischen chemischen Verschmutzung der Gewässer unseres Planeten sowie der Monetarisierung der Welt lösen lassen, ohne die strukturellen Ursachen der globalen Krise zu beseitigen, in die das vorherrschende System die Welt gestürzt hat.
Eine auf der Strategie der Resilienz (Minderung und Anpassung) basierende Lösung ist lediglich ein Versprechen für einen ungewissen und unzureichenden Ausweg, von dem zudem nur die mächtigsten sozialen Gruppen profitieren[12]. Die Thesen der Global Commission on the Economics of Water verdienen zwar Beachtung, weisen jedoch auch erhebliche Einschränkungen auf[13]. Sie basieren auf einer „neuen” globalen „Wirtschaftsstrategie” für Investitionen, die territorial auf einige wenige große öffentliche Aufgaben verteilt ist. Diese Aufgaben sollen es dem Markt ermöglichen, den Wind in die gewünschte Richtung zu blasen.
Im zweiten Teil dieses Artikels werden wir erörtern, warum wir der Meinung sind, dass es möglich ist, Wasser zu einem globalen öffentlichen Gemeingut für alle zu machen – im Sinne der globalen Gerechtigkeit.
Anmerkungen
Nestlé hat erneut gegen die Vorschriften verstoßen. Das Unternehmen gab 2024 zu, dass es zwölf Jahre lang in Frankreich als „natürlich” gekennzeichnetes Mineralwasser verkauft hatte, was weltweit strengstens verboten ist, und damit einen Umsatz von über drei Milliarden Euro erzielt hatte. Der französische Staat war darüber informiert und hat nichts unternommen. Das Unternehmen schlug den zuständigen Justizbehörden ein einvernehmliches Verfahren vor. Es wurde lediglich zu einer Geldstrafe von 2 Millionen Euro verurteilt!
Die Übersetzung aus dem Französichen wurde von Kornelia Henrichmann vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam erstellt. Wir suchen Freiwillige!
[1] L’Eau, res publica ou marchandise ? Collectif et Riccardo Petrella, La Dispute, Paris, 2003
[2] https://agriculture.gouv.fr/odd6-garantir-lacces-de-tous-leau-et-lassainissement-et-assurer-une-gestion-durable-des-ressources
[3] Zu dieser Entwicklung siehe Riccardo Petrella, https://www.pressenza.com/fr/2022/11/le-droit-a-leau-en-perdition/.
[4] Mit der Verabschiedung der Allgemeinen Bemerkung Nr. 15 durch den Wirtschafts-, Sozial- und Kulturrat der Vereinten Nationen im Jahr 2002 wurde das Recht auf Wasser erstmals als eines der grundlegenden Menschenrechte anerkannt. Demnach müssen die Staaten der gesamten Bevölkerung „Zugang zu einer ausreichenden, physisch zugänglichen und erschwinglichen Versorgung mit sauberem Wasser von akzeptabler Qualität für den persönlichen und häuslichen Gebrauch” gewährleisten.
[5] Öffentliche Dienstleistungen, einschließlich der Wasserversorgung, sind im Rahmen der EU nicht mehr das, was sie früher waren. Siehe: https://www.vie-publique.fr/fiches/20223-la-notion-de-service-public.
Die Änderung erfolgte durch die Europäische Dienstleistungsrichtlinie (2006): https://www.legifrance.gouv.fr/jorf/id/JORFTEXT000000518751.
[6] Eine kurze, aber präzise Analyse der chemischen Verschmutzung des Wassers durch Pestizide am Beispiel der wallonischen Landwirtschaft: https://www.canopea.be/qualite-de-leau-et-pesticides-lechec-global/.
[7] https://www.pressenza.com/fr/2025/06/lalignement-la-nouvelle-strategie-europeenne-de-la-resilience-dans-le-domaine-de-leau/
[8] https://www.pressenza.com/fr/2024/02/lattaque-de-lindustrie-chimique-europeenne-au-plan-vert-de-lunion-europeenne-a-propos-de-la-declaration-danvers-20-fevrier-2024/
[9] Siehe bereits 2016 Sylvie Paquerot. „Umweltverbrechen: Wenn Wasserverschmutzung tötet … Bringt sie leider auch Geld ein”. In: Kriminologie, 2016, 49(2), S. 215–240.
[10] Siehe: https://www.pressenza.com/fr/2023/05/la-financiarisation-de-la-vie-de-leau-a-lensemble-de-la-nature/.
[11] Ich habe die beiden Beispiele 2004 als „Petrolisierung“ und „Cocacolisierung“ des Wassers bezeichnet. Interview mit David Cadasse, „Nein zur ‚Petrolisierung‘ und ‚Cocacolisierung‘ des Wassers“, https://www.afrik.com, 28. September 2004
[12] Op. cit. Anmerkung 7
[13] Insbesondere The Economics of Water. Valuing the Hydrological Cycle as a Global Common Good, abrufbar unter: https://economicsofwater.watercommission.org/.









