Am 13.6.2025 hat Israel den Iran angegriffen, Israel nennt es Präventivschlag, der Iran betrachtet es als Kriegserklärung und schlägt zurück. Am Montag, 16. Juni hat in Bonn die Vorbereitung (SB62) für die Klimakonferenz in Belem / Brasilien (COP30) im November 2025 begonnen.

Werden die Delegierten das menschliche Leid einbeziehen? Werden sie einen Blick darauf werfen, dass Militär und Kriege erst recht zum Klimawandel beitragen, zu dem auf der Klimakonferenz Maßnahmen beschlossen werden sollen? Die anwesenden Nicht-Regierungsgruppen machen die Delegierten auf ihre Verantwortung aufmerksam. Dazu gehört zum Beispiel die Madleen Declaration des Palestinian Institute for Climate Strategy mit umfassenden Forderungen in weiter gefassten Zusammenhängen.

CO2 Emissionen des Militärs – ohne Krieg

Bislang sind CO2-Emissionen aus Kriegen oder Militär nicht in den offiziellen Dokumenten von Weltklimakonferenzen berücksichtigt worden. Auf der COP28 in Dubai gab es eine Declaration on Climate, Relief, Recovery and Peace. Auf der COP29 in Baku wurde ein Call on Climate Action for Peace, Relief and Recovery verfasst und ein Konferenztag dem Frieden gewidmet. Allerdings befolgte niemand in irgendeinem der über 20 gegenwärtigen gewaltsam ausgetragenen Konflikte den Aufruf zu Waffenruhe an diesem Tag.

In beiden Dokumenten fehlt eine Angabe darüber, ob und wie CO₂-Emissionen durch Krieg, Militär und Aufrüstung ermittelt werden sollten, wie sich diese Emissionen auf das Klima auswirken und welche Möglichkeiten es gibt, sie zu reduzieren. Im Pariser Abkommen von 2015 wurde den einzelnen Staaten überlassen, ob sie Angaben zu den CO2-Emissionen ihres Militärs machen. Mit der Begründung, dass eine detaillierte Auflistung potenziellen Feinden Aufschluss über die Strategie im Falle eines Kampfes geben könnte, entscheiden sich Regierungen entweder dazu, überhaupt keine Auskunft zu geben, oder sie bleiben vage und machen zu niedrige Angaben.

2022 berechneten die Wissenschaftler S. Parkinson (Scientists for Global Responsibility, SGR) und Linsey Cottrell (Conflict and Environment Observatory, CEOBS) einen konservativ geschätzten Anteil von 5,5 % an CO2-Emissionen des Militärs (ohne Kampfhandlungen) der gesamten Emissionen der Welt. Das sind 2.750 Mt CO2.

Der Ukraine-Krieg, die Kriege in Nahost und auf dem afrikanischen Kontinent haben nicht etwa zu Abrüstung geführt, sondern im Gegenteil: Die Emissionen aus Aufrüstung und dem alltäglichen Betrieb des Militärs sind heute entsprechend höher anzusetzen.

CO2 Emissionen aus Kriegen: Ukraine und Gaza

Im Februar 2025 veröffentlichte die Initiative on GHG (Greenhouse Gas) Accounting of War, ein Zusammenschluss von Klimaexpert:innen, unter Leitung von Lennard de Klerk, die Zahlen zu den Auswirkungen des Ukrainekrieges auf das Klima seit dem russischen Angriff am 24.2.2022 (Bericht „Climate damage caused by Russia’s war in Ukraine“).

Die Treibhausgasemissionen entstehen durch Kriegshandlungen, Landschaftsbrände, Schäden an der Energieinfrastruktur (insbesondere die Zerstörung von Nord Stream 1 und 2 sowie des Kachowka-Staudamms), durch Fluchtbewegungen, Umleitungen im zivilen Luftverkehr infolge des Krieges sowie durch den Wiederaufbau zerstörter Gebäude. Sie stiegen im dritten Kriegsjahr um 30 % oder 55 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent auf insgesamt 230 MtCO2e seit Beginn der russischen Invasion in der Ukraine am 24. Februar 2022. Das „e“ hinter der Mengenangabe steht für „estimated“, geschätzt, die Angaben sind eher eine Unterschätzung, die tatsächlichen Zahlen können erst erstellt werden, wenn der Krieg vorbei ist und (soweit die Verminung das zulässt) Wissenschaftler:innen das Gebiet besuchen können.

Unter Leitung von Benjamin Neimark haben mehrere Wissenschaftler:innen die CO2-Emissionen im Gazakrieg untersucht, zunächst nach 60 Tagen, dann 120 Tagen und zuletzt nach 15 Monaten. Die letzte Studie, die den Zeitraum bis zum Beginn des Waffenstillstands im Januar 2025 umfasst, wurde bisher ausführlich nur in der britischen Zeitung The Guardian und sich auf den Guardian beziehend in einem Artikel auf Deutsch in der Schweiz bekanntgemacht. An der Gaza-Studie waren britische, US-amerikanische, ghanaische Mitarbeiter:innen und auch Lennard de Klerk beteiligt; sie wird noch von „One Earth“ überprüft.

Die CO2-Emissionen allein aus den Kriegsaktivitäten betragen 1 898 330,9 t CO2e. Werden der Bau der Iron Wall (Mauer um Gaza) und der Tunnel der Hamas sowie der zukünftige Wiederaufbau einbezogen, so handelt es sich um 32 275 089 t CO2e.

Für die anderen Kriege auf der Welt, ob im Kongo, Südsudan, Myanmar oder anderswo, gibt es keine Berechnungen.

Wiederaufbau – weiterer Klimaschaden

Beide Studien legen dar, dass der künftige Wiederaufbau einen erheblichen Anteil an den Gesamtemissionen hat. Ukraine: 36 % aus der Kriegsführung, 27 % aus dem Wiederaufbau. Gaza: 25 % aus der Kriegsführung, 36 % aus dem Wiederaufbau.

Im März 2022 trafen sich Wirtschaftsunternehmen und Regierungsvertretungen in London und diskutierten, wie die Ukraine NACH dem Krieg wiederaufgebaut werden kann und beschlossen, dass Russland dafür Reparationen zu zahlen habe. – Diplomatische Verhandlungen, wie der Krieg beendet werden könnte, stocken bis heute. Also wird auch nicht besprochen, ob und wie CO2 Emissionen reduziert werden könnten.

Auch für Gaza gibt es konkrete Wiederaufbauvorstellungen, aber Verhandlungen den Krieg zu beenden, haben bislang keine Früchte getragen. Das Büro von Netanyahu hat im Mai 2024 „Gaza 2035“ veröffentlicht. Bild und Text malen ein Gaza mit Hafen, Industrieanlagen (Produktion von E-Autos), modernen Wohngebäuden und klimafreundlichen Transportmöglichkeiten aus. (Unternehmen aus den) Vereinigten Arabischen Emiraten (UAE), Saudi-Arabien, USA und anderen Ländern werden eingeladen, in diese Zukunftsstadt zu investieren. Im Februar 2025 wurde Trumps Plan einer „Riviera des Nahen Ostens“ bekannt, wobei es sich weniger um einen Urlaubsstrand handelt als um einen zentralen Umschlaghafen für Güter handelt (Waren, Öl, Gas, künftig grünen Wasserstoff) aus Asien (von Indien über UAE, Saudi-Arabien, Jordanien nach Gaza und weiter nach Europa. Dieser Handelskorridor (IMEC, India Middle East Corridor) war schon im September 2023 auf einer G20 Tagung von den USA initiiert worden; die EU und Deutschland haben die Übereinkunft mitunterzeichnet. Der European Council on Foreign Affairs erläutert am 24.04.2024 IMEC mit Karte.

In beiden Fällen, Ukraine wie Gaza, geht es beim Wiederaufbau um Investitionsmöglichkeiten, Handel in den Händen westlicher oder westlich gesonnener Staaten und nicht um ein künftiges Leben der Menschen, die dort zuhause sind. Es ist auch nicht die Rede davon wie die Umweltschäden, inklusive Beseitigung von nicht explodierten Minen gehandhabt werden sollen, damit Menschen dort wieder oder weiterhin in gesunder Umgebung leben können.

In beiden Fällen geht es nicht um schnelle Beendigung der Kriege, damit nicht noch mehr Schaden angerichtet wird, der noch höhere Kosten (finanziell und an CO2 Emissionen) beim Wiederaufbau zur Folge hat.

Klimaschaden (ausschließlich) aus den Kriegshandlungen

Die Studie zum Gaza-Krieg differenziert dabei zwischen Kriegshandlungen Israels, des Iran, der Hamas-, Huthi-, und von Hisbollah – für unser Klima ist es einerlei, wer die Schäden verursacht, wer die Kriege warum führt. Die Schäden betreffen alle, einschließlich Deutschland, das mit Waffenlieferungen dazu beiträgt.

Sowohl die Ukraine- als auch die Gaza-Studie fordern, dass alle Staaten in ihren nationalen Berichten CO2 Emissionen aus Militär und Kriegshandlungen überhaupt benennen sollten.

Am Freitag den Dreizehnten hat ein weiterer Krieg in der Region Nahost begonnen, Israel gegen den Iran. Wird er den befürchteten „Flächenbrand“ auslösen? Schon jetzt, nach wenigen Tagen, trägt der Krieg zu weiteren CO2-Emissionen und damit einer Verschärfung der Klimakatastrophe bei. Regierungen, die UN und Medien diskutieren eher, wem dafür die Schuld zugewiesen werden soll und befassen sich entsprechend ausgiebiger mit den unschuldigen Opfern und dem menschlichen Leid nur der einen oder anderen Seite. Von den Klimaschäden, die der sowieso schon extrem gefährdeten Region Nahost, den dort lebenden Menschen und unserer Erde und damit uns allen zugefügt werden, ist nicht die Rede.

Werden Nichtregierungsorganisationen auf der vorbereitenden Klimakonferenz in Bonn Gehör finden, wenn sie ein Ende des Genozids und der Belagerung von Gaza einfordern? Wenn sie von ALLEN derzeitigen Kriegen auf der Welt sprechen.

Wenn sie erwarten, dass die nationalen Berichte CO2-Emissionen aus Aufrüstung, Militärbetrieb und Kriegsführung zumindest benennen. Wenn sie auf Zusammenhänge hinweisen – etwa zwischen Gewalt an den Grenzen und dem Tod von Flüchtlingen auf See, Extraktivismus und der Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen, Militarismus, Big Tech und Konzernmacht, dem Völkermord in Palästina und der Umweltzerstörung im Mittelmeer – und erklären: ‚Anstelle von Tod und Verzweiflung fordern wir Leben und Hoffnung.‘