Nach der ersten Wahlrunde im Plurinationalen Staat Bolivien gab es verschiedene Perspektiven im progressiven Lager. Die meisten Analysten hoben die Zersplitterung des indigen-bäuerlichen und linken Volkssektors hervor und nannten den Konflikt zwischen Evo Morales und Luis Arce als Hauptursache für den Sieg der Rechten. Andere wiesen jedoch nachdrücklich auf die brutale politische, juristische und mediale Strategie hin, durch die dem ersten indigenen Präsidenten Lateinamerikas und der Karibik die Kandidatur verwehrt wurde.

Eine ähnliche Strategie wurde in Ecuador mit dem Ausschluss von Correa oder der Verurteilung ohne Beweise der ehemaligen argentinischen Präsidentin Cristina Fernández angewandt. All diese Ereignisse weisen identische Merkmale zu den Manövern auf, die zur Inhaftierung von Lula führten und den medialen Parlamentsputsch gegen seine damalige Nachfolgerin Dilma Rousseff herbeiführten – nur wenige Jahre nach dem Putsch gegen Manuel Zelaya in Honduras und der Absetzung von Fernando Lugo in Paraguay.

Nichts davon ist überraschend, und dennoch setzen die Konservativen in Allianz mit dem Imperialismus ihren Vormarsch durch pseudodemokratische Mittel fort. Auch das überrascht nicht, da die konzentrierte oligarchische Macht schon immer versucht hat, ihre Illegitimität auf jede erdenkliche Weise zu vertuschen und aufrechtzuerhalten.

Überraschend ist jedoch die Unterstützung der Unterworfenen für ihre Henker. Diese Unterstützung ist nicht nur auf Medienpropaganda zurückzuführen, auch wenn diese eine große Rolle spielt.

Formen oder Inhalte?

In einer Welt der beschleunigten Digitalisierung und globalen Vernetzung, in der frühere Produktions-, Konsum- und soziale Beziehungsmodelle zunehmend verschwinden, sehen einige die Notwendigkeit, politische Strategien zu ändern. Was früher Kundgebungen, Versammlungen an Arbeitsplätzen, Stände und Hausbesuche oder mit Plakaten beklebte Wände waren, wird heute fast vollständig durch Guerilla-Taktiken in den sogenannten „sozialen Netzwerken“ ersetzt.

Die Zuschauer erliegen der Desinformation durch bezahlte Anzeigen auf den hegemonialen Plattformen, während „Influencer“ den Platz einnehmen, den einst die Botschafen sozialer Kämpfer besetzten.

Vor diesem Hintergrund drängen einige Akteure aus den Bereichen, die sich für eine gerechtere Welt einsetzen, vehement darauf, die Art und Weise der Nachrichtenübermittlung zu ändern, um vor allem eine neue Generation zu erreichen, die zwar native Internetnutzerin ist, deren innere Logik jedoch nicht kennt. Zweifellos haben sich in den letzten zwanzig Jahren die Produktion und die Kanäle des Informationskonsums vollständig verändert. Sie haben sich stark in den transnationalen Monopolen konzentriert, die von hegemonialen digitalen Plattformen gebildet werden.

Es ist eine Selbstverständlichkeit, dass diese Plattformen nicht nur als Träger konservativer Narrative durch verschiedene technologische Filter fungieren, sondern auch ein Ventil für den Finanzkapitalismus darstellen und einen neuen Faktor der Machtkonzentration bilden. Dieser Umstand wird von den Volksbewegungen jedoch nicht ausreichend berücksichtigt, da sie digitale Gerechtigkeit und ihre kommunikativen Ableitungen immer noch nicht in den Mittelpunkt ihrer Agenden stellen.

Es stellt sich jedoch auch die Frage, ob es nur eine Frage der Formen ist – die heute überwiegend audiovisuell, flüchtig und banal sind –, oder ob es etwas in den zu vermittelnden Botschaften gibt, das das Herz der in postindustriellen Landschaften geborenen jungen Menschen nicht erreicht.

Die Notwendigkeit neuer revolutionärer Paradigmen

Die marxistische Theorie, die in den Anfängen der industriellen Revolution entstand und den Klassenkampf als Motor der Geschichte bezeichnete, beeinflusste das revolutionäre Denken und Handeln des 20. Jahrhunderts stark. Kein Wunder. Angesichts der offensichtlichen Ausbeutung breiter Massen von Arbeitern und Bauern – letztere noch in halbfeudalen Systemen verankert – dienten die ökonomischen Erklärungen von Marx und ihre späteren Ableitungen als konzeptionelles Vehikel für gerechte Revolutionen. Diese bekräftigten einen positiven utopischen Horizont der Chancengleichheit und zeigten ihn sogar beispielhaft auf.

Die Kapitaleigner ihrerseits bekämpften diesen menschlichen Fortschritt mit allen Mitteln. In diesem langen historischen Zyklus besteht die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen (und der Frau durch den Mann, um diesen Leitsatz zu aktualisieren) leider immer noch in einem großen Teil der Welt. Es ist auch nicht leicht zu erkennen – zumindest scheint es nicht die Regel zu sein –, dass die ersehnten neuen Männer oder Frauen aus diesen revolutionären Realitäten hervorgegangen sind. Die Mehrheit der Menschheit lebt weiterhin unter schwierigen Bedingungen. Selbst diejenigen, die einen kleinen Schritt nach vorne machen, träumen weiterhin davon, sich mit materiellem Besitz vollzustopfen und sich somit dem unsensiblen Lebensmodell ihrer Ausbeuter anzuschließen.

Die heutigen jungen Generationen, die in ihrer Kindheit und frühen Jugend von der verführerischen falschen neoliberalen Propaganda der 80er und 90er Jahre betört wurden, bilden sich irrtümlicherweise ein, „Unternehmer“ zu sein, während sie sich mit ihren Motorrädern und Fahrzeugen durch den von einem digitalen „großen Bruder“ beherrschten Großstadtdschungel bewegen.

Außerdem stimmen die Erinnerungen und Erfahrungen dieser neuen Generation nicht mit denen früherer Generationen überein. An einem bestimmten Punkt entsteht so eine schwer zu überbrückende Kluft. Diese Kluft kann zusammen mit anderen Faktoren zu unterschiedlichen und möglicherweise widersprüchlichen ideologischen und politischen Präferenzen führen. Dies ist ein sehr wichtiger Punkt, der bei der akuten Auseinandersetzung mit dem Vormarsch der Rechten berücksichtigt werden muss.

Darüber hinaus führt die Werteskala dieses menschenfeindlichen Systems dazu, dass die tägliche Entbehrung vieler Menschen, die durch die Fiktion von Konsumgütern und Ferien in tropischen Paradiesen angelockt werden – eine Irrealität, die auf sehr realen Steuerparadiesen beruht –, zur Verschuldung führt und die Kassen wucherischer Banken und Investmentfonds füllt. Diese kanalisieren die Gewinne und eignen sich alles an. Das ist, ohne es im Detail beschreiben zu müssen, die tödliche Mechanik, die unsere humanistischen Träume auffrisst. Der Hunger träumt vom Satt sein und diejenigen, die ihren Hunger schon gestillt haben, kriegen nicht genug und sättigen sich weiter – auf Kosten anderer.

Möglicherweise öffnet diese scheinbare Sackgasse, wie an anderen Wendepunkten der Geschichte, heute die Türen zu neuen Fragen und Revolutionen, die neue Paradigmen fördern.

Die Frage, die sich stellt, ist, ob der Sinn des menschlichen Lebens auf den Konsum von Objekten beschränkt ist oder ob er kollektiven Bedürfnissen entsprechen muss, damit sich die Spezies frei anderen Lebensformen öffnen kann. Daher ist es notwendig, das materialistische Fundament des Systems infrage zu stellen, das keine Auswege bietet.

Die Überwindung des Systems

Auch wenn es angesichts der enormen Dringlichkeiten der heutigen Völker und der bedrohlichen politischen Konstellationen vielleicht nicht unmittelbar relevant erscheint, ist es angebracht, das heute noch gültige Menschenbild zu überdenken. Diese Auffassung, die die von dem Positivisten Auguste Comte begründete Soziologie stark beeinflusste, betrachtet das Soziale und das Individuum von außen, ohne die Impulse zu berücksichtigen, die sich aus der Intentionalität des menschlichen Bewusstseins ergeben. Werden die Möglichkeiten der Intentionalität nicht berücksichtigt oder auf ein Minimum reduziert, führt dies zu dem Widerspruch, dass die Möglichkeiten zur Umgestaltung der Welt eingeschränkt werden und alles den vermeintlich mechanischen Gesetzen überlassen wird.

Ebenso steht die Annahme einer festen, unbeweglichen und determinierten menschlichen Natur im Widerspruch zu den enormen Möglichkeiten tiefgreifender Veränderungen innerhalb der Spezies.

Daher bekräftigen wir einleitend die Notwendigkeit, von diesen Widersprüchen abzurücken und eine humanistische Revolution anzustreben. Eine Revolution, die die menschliche Fähigkeit zur Wahl integriert und die Bedingungen, die die gemeinsame Entwicklung behindern sowie Unbehagen und individuelles psychisches Leiden erzeugen, zunehmend verändert. Wie alle Revolutionen geht auch diese von einer Rebellion gegen das Bestehende aus und zielt auf eine Veränderung sowohl der sozialen Organisation als auch der zugrunde liegenden kulturellen und epochalen Überzeugungen.

In ihrer Kohärenz prangert diese integrale Revolution jede Form von Gewalt an, sei sie physischer, wirtschaftlicher, rassischer, geschlechtlicher, religiöser, psychologischer oder anderer Art, als Ausdruck der Nicht-Anerkennung der Intentionalität des anderen. Sie bekräftigt daher gewaltfreies Verhalten auf kollektiver und individueller Ebene im täglichen Leben als wesentliche Praxis, damit die Keime der neuen Welt dauerhaft Wurzeln schlagen können.

Ohne weiter auszuholen, werden vielleicht einige von denen, die bis hierher gelesen haben, vehement ihre Behauptungen über die Unmöglichkeit, Unangemessenheit oder Schwierigkeit, die die Frage mit sich bringt, äußern. Dem ist hinzuzufügen, dass bei jeder transzendenten menschlichen Errungenschaft stets ähnliche Argumente vorgebracht wurden, denen mit Entschiedenheit begegnet wurde.

Wie von vielen Meistern seit der Antike gelehrt wird, ist Erfolg eine flüchtige Substanz, die blendet und betäubt. Er ist das erstrebenswerte Herzstück einer antihumanistischen Kultur und verursacht das Leiden von Millionen von Menschen, die in seinen Bann geraten und frustriert sind, weil sie ihn nicht erreichen können.

Im Gegenteil, die Niederlage ist eine gute Lehrmeisterin und das Scheitern ein ausgezeichnetes Motiv für tiefes Nachdenken. In jedem Fall enthalten sowohl Triumphe als auch Niederlagen ein hohes Maß an Illusion. In Wirklichkeit geht es in der menschlichen Geschichte um Lernen, Veränderung und Entwicklung, und es ist gut, diese Aspekte in den Fokus zu stellen und sich auf sie zu konzentrieren.

Die Übersetzung aus dem Spanischen wurde von Kornelia Henrichmann vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam erstellt. Wir suchen Freiwillige!