Es geht nicht nur um einen Mann, der für das Verbrechen des guten Journalismus inhaftiert wird, sondern auch um die Idee, nach der jeder befugt sein sollte, die Kriminalität der mächtigsten und tyrannischsten Völker der Welt anzuprangern.

Während sich in diesem Monat die Gründung von WikiLeaks zum 17. Mal jährte, lohnt es sich wohl, sich einen Augenblick Zeit zu nehmen, um über Julian Assange nachzudenken und darüber, was seine Verfolgung für uns und unsere Gesellschaft bedeutet.

Denn im wahrsten Sinne des Wortes handelt es sich nicht nur um einen Mann, der wegen gutem Journalismus im Gefängnis von Belmarsh eingesperrt ist – es geht um den Journalismus selbst. Das ist die Idee, nach der jeder dazu berechtigt sein sollte, die Kriminalität der mächtigsten und tyrannischsten Völker der Welt anzuprangern. Das ist die Idee, nach der es der Öffentlichkeit erlaubt sein sollte, zu erfahren, welche Missbräuche das US-Imperium in der Welt begeht.

Julian Assange ist der größte Journalist der Welt. Während Assange mit der Gründung von WikiLeaks vor 17 Jahren den Quellenschutz im digitalen Zeitalter revolutionierte, und anschließend einige der größten Geschichten des 21. Jahrhunderts veröffentlichte, stellte er sich selbst um Längen über jeden anderen auf der Erde lebenden Journalisten. Und während er der Welt zeigt, dass sie den größten Journalisten der Welt für die Offenbarung unbequemer Wahrheiten ins Gefängnis bringen können, zeigen sie der Welt, dass sie jeden einsperren können.

Darum geht es seit jeher. Es geht dabei nicht darum, ob Assange eine willkürliche verfahrensrechtliche Grenze überschritten hat, als er mit Chelsea Manning zusammenarbeitete, um amerikanische Kriegsverbrechen aufzudecken. Es geht den USA nicht um den Schutz ihrer nationalen Sicherheit. Es geht nicht um sonstige von Leuten vorgebrachte Rechtfertigungen, um ihre offensichtliche Unterstützung für die Verfolgung eines Journalisten, weil er Journalismus betreibt, zu entschuldigen.

Es geht darum, einen rechtlichen Präzedenzfall zu schaffen, der es dem US-Imperium ermöglicht, überall auf der Welt jeden auszuliefern, der unbequeme Fakten preisgibt. Es geht darum, allen Journalisten auf der ganzen Welt zu zeigen, dass sie, wenn sie es mit dem Größten von ihnen machen können, es auch mit jedem machen können. Und wie bei so vielen Dingen in der heutigen Welt, handelt es sich um die Kontrolle von Narrativen.

Die Verfolgung von Julian Assange in Kauf zu nehmen, heißt, die Vorstellung zu akzeptieren, nach der alle Medien überall auf der Welt als Propagandaorgane der US-Regierung funktionieren müssen.

Man sollte es für selbstverständlich halten, dass jede medienschaffende Person irgendwo auf der Welt, die sich dazu entscheidet, echten Journalismus zu betreiben und im öffentlichen Interesse unbequeme Fakten über die Mächtigen aufzudecken, eingesperrt werden muss, bis sie für einen Schauprozess an die USA ausgeliefert werden kann, um danach in einem der drakonischsten Gefängnissysteme verrotten gelassen zu werden.

Man sollte es akzeptieren, dass wir niemals in einer Gesellschaft leben werden, die auf Wahrheit basiert und sich an Fakten und Informationen orientiert, und dass wir uns stets damit abfinden müssen, in einer Gesellschaft zu leben, die durch die Launen der Mächtigen beherrscht wird.

Eure Haltung zum Fall Assange ist somit eure Haltung zu der Art von Gesellschaft, in der wir hoffen sollten zu leben, und die Art von Zukunft, auf die wir hoffen sollten zu haben. Das ist in einer sehr realen Art und Weise eure Einstellung zur Menschheit selbst.

Sollte die Menschheit versuchen, eine bessere Welt zu schaffen, oder sollten wir weiterhin in Dystopien versinken, bis wir von Machthabern, die man nicht in Frage stellen darf, in einen Atomkrieg oder eine Umweltkatastrophe hineingezogen werden?

Wollen wir uns dem Licht oder der Dunkelheit zuwenden?

Eure Haltung zu Assange zeigt eure Antwort auf diese Fragen und verdeutlicht den Weg, den wir eurer Meinung nach gehen sollen.

Die Übersetzung aus dem Französischen wurde von Doris Fischer vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam erstellt. Wir suchen Freiwillige!