Ihr Name ist Isabella. Sie ist etwa zwanzig Jahre alt und wirklich schön. Glänzende schwarze Locken umrahmen ihr Gesicht und fallen sanft auf ihre Schultern. Sie sind so bezaubernd, dass sie selbst beim Anblick weich erscheinen. Ihre Augen sind groß, schwarz und lang wie die Augen der Prinzessinnen aus orientalischen Märchen. Wenn sie vom Rednerpult aus spricht, tut sie dies mit Leidenschaft und spricht jedes Wort deutlich aus, um sicherzugehen, dass sie es richtig ausspricht. Hin und wieder hält sie inne, schaut ins Publikum und lächelt, wodurch sie noch schöner wird. Heute jedoch, kann sie ihre Tränen kaum zurückhalten.
Isabella ist keine italienische Studentin, die ein Auslandsjahr in New York absolviert. Sie ist ein palästinensisches Mädchen aus der amerikanischen Diaspora. Wie so viele andere bejubelt sie nicht die vom UN-Sicherheitsrat verabschiedete Resolution zu Gaza. Diese Schande, herbeigeführt von dem Präsidenten mit orange gefärbtem Haar, mit der er sich den Friedensnobelpreis für das nächste Jahr sichern will, und die seine Handlanger im Fernsehen und in den großen Zeitungen als Frieden bezeichnen, obwohl wir alle wissen, dass es kein Frieden ist.
Jeden Montag liest Isabella eine Erklärung vor der Versammlung im People’s Forum vor, aber heute fällt ihr das besonders schwer. Ihre Stimme bricht, und ich sehe, wie sie die Augen weit aufreißt, als wolle sie mehr Platz für die Tränen schaffen. Sie will nicht, dass sie ihr Gesicht überströmen – nicht, weil sie befürchtet, ihr Make-up könnte ruiniert werden, das sie gar nicht trägt, sondern weil sie nicht weinen will. Sie ist stolz wie das Volk, dem sie angehört. Um sie herum sind viele Freunde. Wir ermutigen sie mit einem kleinen Applaus, aber sie weiß, dass sie sich als Palästinenserin niemals gehen lassen darf, sondern immer bereit sein muss, Widerstand zu leisten. Ich weiß nicht, ob es Instinkt ist oder eine durch das erlittene Leid hervorgerufene zweite Natur, aber ich bewundere sie zutiefst. Und statt zu weinen, schafft sie es zu lachen. Es ist kein unbeschwertes Lachen, wie das einer Zwanzigjährigen, aber sie hat es geschafft, die Tränen zu vertreiben. Sie hat gewonnen!
Ich wollte von Isabella erzählen, weil ich weiß, dass am drauffolgenden Tag in der gesamten italienischen Presse Journalisten und Schreiberlinge über Trumps Friedensplan schreiben und jeden einzelnen der zwanzig Punkte untersuchen werden. Sie werden in aller Eile Analysen verfassen und je nachdem, welchem Lager sie angehören, den Plan bejubeln oder kritisieren.
Wichtig ist, darüber zu sprechen – egal, wie oberflächlich –, und viel mehr können sie auch nicht tun, da aus den Räumen des Glaspalasts nur wenig durchgesickert ist. Ich möchte alle wissen lassen, dass in New York ein Mädchen leidet, weil ihrem Volk erneut das Recht auf Selbstbestimmung verweigert wurde. Aber sie ist nicht verzweifelt und gibt nicht auf.
Gestern stand Isabella mit ihrem Plakat vor der UNO in der Kälte und brachte ihre Ablehnung gegenüber den politischen Manövern zum Ausdruck, die von oben über ihr Volk verhängt werden. Die ursprüngliche Schuld ihres Volkes besteht darin, sein Land tief zu lieben und es nicht verlassen zu wollen. Es ist ein einfallsreiches und unabhängiges Volk, das niemals einen Herrn ertragen wird. Es findet immer neue Kräfte und Ideen, um zu reagieren, und wird am Ende seinen Kampf gewinnen.
Isabella ist weniger als halb so alt wie ich, doch sie übertrifft mich an Charakterstärke. Ich bin mir sicher, dass sie weiß, was ich über sie und ihr Volk geschrieben habe, und dass sie mich nicht braucht. Doch heute Abend wollte ich ihr Mut machen. Ich wollte ihr sagen, dass alles vorübergeht, dass sich die Dinge bereits heute ändern, dass diese Papiere keinen Pfifferling wert sind, dass die Gazawaner darüber hinwegkommen und dass alle sie vergessen werden. Und wenn Historiker sie in der Zukunft wiederentdecken, dann nur, um die koloniale Arroganz und Willkür zu dokumentieren.
Das muss Isabella nicht hören, vielleicht brauche ich es mehr. Sie ist schon darüber hinaus, sie ist Teil der Welt, die kommt.
Die Übersetzung aus dem Spanischen wurde von Kornelia Henrichmann vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam erstellt. Wir suchen Freiwillige!









