Lasst uns aus diesem Zeitgeist herauskommen, der uns alle erstickt, lasst uns aus dem kulturellen Fundamentalismus heraustreten!

Trotz der Krise und des menschlichen Leidens träume ich von dem Moment, in dem die Völker und Kulturen endlich versöhnt sein werden und ihre Vergangenheit und Geschichte studieren, um daraus das zu schöpfen, was für das Projekt der Humanisierung der Welt am nützlichsten ist!

Derzeit spielt sich weltweit diese Dialektik zwischen den vorübergehenden Sinnstiftungen, die von Geld und Angst dominiert sind, und dem Sinn des Lebens ab. Der Sinn des Lebens ist der Motor allen sozialen und persönlichen Fortschritts. Er ist die Bekräftigung des Lebens als höchstem Wert. Diese Bekräftigung führt unweigerlich zu einer Rebellion gegen Tod und Leid.

Es ist die Rebellion gegen die Entmenschlichung des Menschen und der Kultur. Eine Rebellion, die sich durch Krisen und Konflikte hindurch fortsetzt und die Geburt einer neuen universellen Zivilisation einleitet.

Angesichts der Entmenschlichung der Kulturen in dieser zunehmend globalisierten Welt dominiert die Bedeutung der Verteidigung der eigenen Sprache, Traditionen, Geschichte, Lebensweise und Religion den Diskurs und die Kämpfe vieler soziopolitischer Gruppen.

Zudem verteidigen schließlich bestimmte Gruppen alles, indem sie die negativen und gewalttätigen Aspekte einer Kultur in den Vordergrund stellen.

Im Laufe der Zeit entwickelt sich eine Form des kulturellen Fundamentalismus. Dieser kulturelle Fundamentalismus basiert auf bestimmten negativen und gewalttätigen sozialen Verhaltensweisen, die dadurch gesellschaftlich akzeptabel werden. Es handelt sich um Verhaltensweisen, die alles ablehnen, was von außen kommt, und die im Wesentlichen darauf abzielen, die Kultur durch die Ausgrenzung des Andersartigen zu schützen.

Für kulturelle Fundamentalist:innen werden bestimmte Elemente außerhalb der vorherrschenden Kultur als existenzielle Bedrohung wahrgenommen. In einem solchen sozialen Klima schlagen daher mehrere Politiker:innen zunehmend militarisierte Lösungen vor, um auf die vermeintliche Bedrohung durch die andere Kultur, die andere Religion oder auch die andere Wirtschaft zu reagieren.

Hinter diesem angeblichen Schutz verbirgt sich jedoch die eigentliche Absicht, nämlich die Idee, die sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Fortschritte einer anderen Kultur oder einer anderen Region der Welt kontrollieren zu können.

Tatsächlich hat sich der militarisierte kulturelle Fundamentalismus im Laufe der Jahre durch mehrere Kriege entwickelt, die verschiedene westliche Politiker:innen begonnen haben (Tony Blair – Krieg im Irak, Hillary Clinton – Krieg in Libyen, Obama – Krieg in Syrien und im Irak, usw.).

Die Tendenzen des kulturellen Fundamentalismus haben sich nach dem Terroranschlag auf das World Trade Center in New York am 11. September 2001, angesichts des Aufstiegs des Islamismus, der wirtschaftlichen Macht Chinas, der COVID-Pandemie, nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine und der Wahl von Präsident Trump stark verbreitet.

Dank der sozialen Netzwerke werden die Positionen der kulturellen Fundamentalisten massiv von den Teilnehmenden unterstützt, die die globalen Herausforderungen der Welt, in der wir leben, nicht mehr verstehen können, da diese immer komplexer geworden sind.

Andererseits wissen wir trotz der Komplexität der Welt dank der Erfahrungen der Generationen vor uns, dass soziales und persönliches Verhalten, das von Konfrontation, Provokation und Ausgrenzung geprägt ist, zu Diskriminierung, Konflikten, Gewalt, Kriegen und menschlichem Leid führt.

Wir wissen, dass es vor allem die Diskriminierung und Gewalt war, die der israelische Staat jahrzehntelang gegenüber den Palästinenser:innen ausgeübt hat, die diese kriegerische und mörderische Reaktion der paramilitärischen Gruppe Hamas ausgelöst hat.

Möglicherweise hat diese ganze Situation zu einem beispiellosen Konflikt geführt. Zwei Jahre später beobachten wir die totale Zerstörung der Stadt Gaza und Zehntausende von Todesopfern.

Dieser Konflikt ist Ausdruck der Entmenschlichung von Menschen und Kulturen. Tatsächlich haben sowohl die Aktionen des israelischen Staates als auch die Reaktionen der Hamas die Bevölkerung von Gaza zu einem Instrument gemacht, das den fundamentalistischen und menschenverachtenden Interessen der Protagonist:innen auf beiden Seiten des Konflikts dient.

Diese Entmenschlichung ist der Prozess, durch den die menschliche Freiheit der Palästinenser:innen vollständig eingeschränkt wurde. Es ist der Prozess, durch den die Intentionalität des Bewusstseins praktisch zunichte gemacht wurde.

Wenn wir also über das Thema einer neuen universellen Zivilisation nachdenken, dann müssen wir uns von diesem vorherrschenden kulturellen Fundamentalismus lösen, der weltweit so viel Gewalt und Leid verursacht.

Mit dem Thema einer neuen universellen Zivilisation sprechen wir nicht nur über die Anhäufung technologischer Fortschritte, Ideen, Traditionen, Religionen, Bräuche und Kunst, die uns frühere Generationen hinterlassen haben und die weiterhin die soziale, kulturelle und politische Landschaft prägen.

Es geht um den Fortschritt eines bewussten Projekts. Es ist das Projekt der Humanisierung der Sichtweise des Menschen. Ein Projekt, das mit einer tiefgreifenden Frage nach dem Sinn des menschlichen Lebens einhergeht.

Es ist eine Frage, die unser Schicksal betrifft

Wie lange werden wir weiterhin in Angst voreinander leben, weil andere anders sind, weil sie einen anderen Gott anbeten oder weil sie einen anderen Lebensstil gewählt haben?

Wie lange werden wir noch weiterleben und die Entmenschlichung der anderen akzeptieren: der Palästinenser:innen, der Kongoles:innen und all der Menschen, die auf den Straßen unserer Städte leben?

Wie lange werden wir noch diese Art menschlicher Beziehungen akzeptieren, die von Konfrontation, Provokation und Polarisierung zwischen Kulturen, Staaten, Politiker:innen, Religionen, Familienmitgliedern, Menschen mit denen wir arbeiten und Freund:innen geprägt sind?

Wie lange noch werden wir weiterhin unter der Versklavung des Geldes leben? Wie lange noch werden wir unser Leben nach den Träumereien ausrichten, die uns von denen aufgezwungen werden, die das Monopol auf das Geld haben?

Denn um einen sozialen Wandel herbeizuführen, ist es notwendig, das Monopol des Geldes in den Händen einiger weniger anzuprangern. Aber uns persönlich aus unserem Zustand der Versklavung durch das Geld zu befreien, bedeutet einen echten Fortschritt in unserer persönlichen und sozialen Transformation.

Wenn ich davon spreche, uns aus dem Zustand der Versklavung durch das Geld zu befreien, meine ich damit den Zustand, in dem Geld einen sakralen Charakter verliehen wird, indem man ihm eine Macht verleiht, die über das menschliche Leben, über Freundschaft und Liebe hinausgeht.

Aber was wollen wir eigentlich?

Glauben wir wirklich, dass der Aufbau eines neuen Militärkomplexes in Europa und Kanada uns von unseren persönlichen Ängsten befreien und unsere Kultur schützen kann?

Glauben wir wirklich, dass wir unsere Kultur und unsere Wirtschaft schützen können, indem wir andere Kulturen und andere Wirtschaftssysteme anprangern?

Nur wenn wir den anderen trotz seiner Unterschiede als Menschen mit Ängsten, Träumen, Sehnsüchten und Fragen nach dem Sinn des Lebens wahrnehmen, können wir uns selbst humanisieren und aus diesem historischen Moment herauskommen, der von Konfrontation, Provokation, Polarisierung und kulturellem Fundamentalismus geprägt ist.

Vielleicht ist es an der Zeit, dass die Völker der Welt sich auf ihre besten Errungenschaften und die besten Momente ihrer Geschichte besinnen. Die besten Errungenschaften der Kulturen entsprechen den Momenten, in denen Gewalt, Verfolgung und Ausgrenzung als die schlimmsten Feinde der Menschheit angesehen wurden. Es sind diese Momente der Versöhnung mit der anderen Kultur und dem anderen Volk. Diese Momente sind kostbar! Es sind diese Momente, die eine neue Sichtweise des Menschen auf den anderen ankündigen, eine neue Öffnung gegenüber der Welt.

Ich träume von der Humanisierung des Planeten, von dem Zeitpunkt, an dem die Völker gemeinsam und bewusst beschließen, in die Zukunft zu gehen. Sie werden gemeinsam gehen und die besten Elemente ihrer Geschichte herausarbeiten, damit jede Kultur einen großen Beitrag zur Entwicklung des menschlichen Bewusstseins und zur Entwicklung des Menschen leisten kann.

Die Übersetzung aus dem Französischen wurde von Christine Richter vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam erstellt. Wir suchen Freiwillige!