Pressenza veröffentlicht nochmals diesen Artikel von Silvia Swinden aus dem Jahr 2015. Einige Zusammenhänge haben sich nicht geändert, aber die Notwendigkeit zur Aktiven Gewaltfreiheit bahnt sich weiterhin ihren Weg.

Die Gewalt ist wie ein Bumerang, sie hat kein gleichwertiges Gegenüber. Sie kommt immer zu dem zurück, der sie ausübt; auf eine Aktion kommt eine Reaktion; sie hat immer unerwartete, unerwünschte und unabwendbare Konsequenzen.

Wer profitiert am meisten von der Gewalt, ausgelöst von den Fundamentalisten in Paris oder Nigeria? Sehr wahrscheinlich die Islamfeinde, der Front National [heute Rassemblement National, Anm.d.Red.] von Le Pen und ihre europäischen Klone und ohne zu vergessen, Israel bereitet sich auf die Wahlen vor. In dieser Lage profitiert Netanyahu als Hauptvertreter der Angstmacherei; in gleicher Weise wie er auf den Raketenhagel der Hamas aus Gaza geantwortet hatte, wie die Hamas es wünschte und hoffte: brutal, unüberlegt, erbarmungslos, für die Antisemiten wie eine Vitaminspritze. Doch jede Art von öffentlicher Gegenmeinung wurde durch die letzten Angriffe der Extremisten, die ebenso brutal, unsinnig und herzlos waren, neutralisiert. Er lädt die französischen Juden dazu ein, nach Israel umzuziehen um, „sicherer zu sein“ (!?)

Der Irakkrieg und seine Auswirkungen auf den Mittleren Osten (Drohnen inklusive) waren die beste Rekrutierungskampagne, die sich Al-Qaida und andere radikale Gruppen hätten vorstellen können. Das alles um „die Welt“ – nach den Attentaten auf das World Trade Center – „sicherer zu machen“.

Die Gewalt entmenschlicht sowohl das Opfer als auch den Angreifer. Die Gewalt verwandelt die sogenannten „Feinde in eine Art Bettgenossen, die sich gegenseitig nähren und anstacheln. Alle Konflikte haben eine vorangehende Phase der Gewalt, die zur Rechtfertigung der anschließenden Gewalt dient. Der Teufelskreis bringt alles zum Ausgangspunkt zurück, zu denen, die eine tatsächliche oder vermeintliche Beleidigung oder Kränkung rächen wollten. Wie kann man diesen Kurs ändern, diesen Kreislauf durchbrechen?

Die aktive Gewaltfreiheit ist der Schlüssel für eine andere Zukunft

Es sind wenige, die grauenhafte Gewalttaten verüben. In der Mehrheit sind die, die das nicht tun. Aber es handelt sich um eine schweigende und wenig aktive Mehrheit, die sich bei dramatischen Situationen mobilisiert und danach wieder schweigt. Die Fähigkeit von Aktiver Gewaltfreiheit, wichtige Änderungen zu erreichen, hängt von einem inspirierenden Moment ab, wenn das leuchtende Bild einer besseren Zukunft den gut organisierten und gut motivierten Netzwerken Schwung für Diskussionen, Aktionen und Hoffnung gibt.

Nur eine langfristige Arbeit in Richtung Gewaltfreiheit kann beginnen, die allgemeine Botschaft des Systems zu neutralisieren, die durch die Bilder im Fernsehen und in den Medien im Allgemeinen vermittelt wird und uns sagt, dass Gewalt das einzige Mittel ist, um Konflikten und Unterdrückung zu begegnen. Die Aktive Gewaltfreiheit wird ebenso von der Bewusstwerdung, dass eine tiefe spirituelle Einheit, die sich von den sektiererischen und gewalttätigen Interpretationen der Religion unterscheidet, bei jeder vergangenen positiven Entwicklung der Menschheit präsent war, und dass diese in der Lage ist, uns heute aus der schwierigen Situation zu befreien.

Es gibt keine militärische Lösung zur aktuellen Gewalt. Nur die Menschen, wenn sie sich untereinander organisieren, um eine freundschaftliche und solidarische Hand allen Völkern der Erde zu reichen, können beginnen, diese gefährliche Situation umzustoßen. Wenn wir uns von der Angst beherrschen lassen, unsere Fähigkeit zum Mitgefühl blockieren, setzen wir die Abwärtsspirale der Rache und Vergeltung fort.

Die Aktive Gewaltfreiheit führt zur Versöhnung und zu einem Leben mit Sinn. Viele werden außer Reichweite sein, aber Millionen von Menschen laufen Gefahr, von den gewalttätigsten und rachsüchtigsten Ideologien, die unter anderem von den Hollywood-Bildern genährt werden, inspiriert zu werden. Wenn wir passiv oder schweigsam bleiben, sind wir genauso selbstzerstörerisch wie die Gewalttätigen.

Womit sollen wir anfangen? Wenn wir die Anderen einladen, mit uns zu teilen und mit uns über die goldene Regel nachzudenken, die in verschiedenen Formen in jedem humanistischen Moment der Geschichte präsent ist: „Wenn du andere so behandelst, wie du behandelt werden möchtest, befreist du dich.“ (1)

Dann wird klar, was „zu tun ist“.

Übersetzung aus dem Englischen von Christine Richter vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam. Wir suchen Freiwillige!


(1) Die Erde menschlich machen, Die innere Landschaft, Kap. XIII. PDF-Version auf www.silo.net hier herunterladen