Der universalistische Humanismus oder „Neuer Humanismus“ ist eine Denkströmung, die von Mario Rodriguez Cobos, Silo, begründet wurde und deren wichtigster Vertreter er ist. Sie stützt sich auf bestimmte Säulen: die zentrale Stellung und den Wert jedes Menschen, die Ablehnung von Gewalt und aktive Gewaltfreiheit als Methode der Veränderung sowie eine antidiskriminierende Haltung und eine Tendenz zur Universalität.

In den letzten Jahrzehnten haben sich diese Grundsätze mit den Kämpfen der Arbeiterbewegung, des Feminismus, des Antirassismus und der Entkolonialisierung vermischt. Dennoch sollte uns derselbe ethische Kompass, der uns dazu bewegt, soziale Ungleichheiten und Hierarchien zwischen Menschen zu hinterfragen, auch dazu ermutigen, eine weitere tief verwurzelte Trennung zu überdenken: die zwischen dem Menschen und den übrigen Tieren.

In diesem Artikel möchte ich eine Perspektive vorstellen, die davon ausgeht, dass der Einsatz für Tierrechte heute eine logische Konsequenz der Prinzipien des universalistischen Humanismus ist. Die Humanistische Bewegung sollte auch die Anerkennung von Tieren als Rechtssubjekte als Teil ihres Einsatzes für eine humanere Welt begreifen.

Aktive Gewaltfreiheit und Tierausbeutung

Für den universalistischen Humanismus ist die aktive Gewaltfreiheit nicht nur eine Protesttaktik, sondern eine Lebensphilosophie, die jede Form der Unterwerfung ablehnt – die humanistische Bewegung lehnt Gewalt ab und tritt für Frieden zwischen den Völkern ein. Wenn ein Produktionssystem Tiere einsperrt, verstümmelt und tötet, um Konsumgewohnheiten zu befriedigen, reproduziert es strukturelle Gewalt. Angesichts dieser unausweichlichen Realität müssen wir uns fragen, ob unser tägliches Handeln – vom Kauf des Mittagessens bis zur Freizeitgestaltung – zur Befreiung oder zur Unterdrückung von Lebewesen beiträgt, die ebenfalls Freude, Angst und Schmerz empfinden.

Die Wahl pflanzlicher Alternativen, die Unterstützung tierversuchsfreier Forschung sowie der Genuss von Unterhaltung ohne Grausamkeiten sind nicht bloße Gesten moralischer Reinheit oder Überlegenheit, sondern praktische Ausdrucksformen jener Gewaltfreiheit, für die wir in unserem Handeln eintreten.

Antidiskriminierung: das Problem des Speziesismus

Der Humanismus hat unermüdlich für den Abbau von Vorurteilen gekämpft, die auf Herkunft, Klasse, Geschlecht oder Glauben basieren. Diese Vorurteile sind nichts anderes als Formen willkürlicher Diskriminierung, die an Bedeutung verlieren, wenn die goldene Regel angewendet wird: „Behandle andere so, wie du selbst behandelt werden möchtest.“ In diesem Kampf gegen Diskriminierung wurde allerdings eine Form lange ausgeklammert: der Speziesismus, also Diskriminierung aufgrund von Artenzugehörigkeit. Der Speziesismus folgt derselben Struktur wie andere bereits überwundene Diskriminierungsformen, das heißt, es gibt keine Rechtfertigung dafür, dass wir Menschen anders behandeln als nicht-menschliche Tiere. Die Rechtfertigungen des Speziesismus beruhten auf Argumenten, die sich im Laufe der Zeit als unbegründet herausgestellt haben, wenn es darum geht, eine klare Trennlinie zwischen Menschen und Tieren zu ziehen. Dazu gehören Behauptungen wie, dass Menschen als einzige besondere Eigenschaften besitzen, etwa Intellekt, Sprache oder Sozialverhalten; alles Aussagen, die die moderne Wissenschaft mittlerweile eindeutig widerlegt hat. Im Gegenteil, man könnte sogar sagen, dass Menschen manche dieser Eigenschaften nicht besitzen, ohne deshalb die Rechte von Menschen infrage zu stellen.

Aus diesen Gründen muss sich der universalistische Humanismus dem Speziesismus entgegenstellen, da es sich um eine willkürliche Form der Diskriminierung von Lebewesen handelt, die genau wie wir leiden, Interesse am Leben und an der Vermeidung von Leid haben.

Eine Verbindung mit dem sozialen Umweltschutz

Humanisten vertreten die Auffassung, dass Gerechtigkeit gegenüber der Erde und denjenigen, die sie bewohnen, untrennbar miteinander verbunden ist – das ist die Grundannahme des sozialen Ökologismus. Die Einbeziehung von Tierrechten stärkt diesen Ansatz, ohne seinen Kern zu verändern. Ein einziger Fakt genügt: Die industrielle Tierhaltung verursacht mehr Treibhausgasemissionen als der gesamte weltweite Verkehr und beansprucht den Großteil der für Nahrungsmittel genutzten Agrarflächen. Eine Verringerung der Nachfrage nach Fleisch- und Milchprodukten vermeidet nicht nur Leid, sondern setzt auch Wasser, Böden und Getreide frei, die direkt der Ernährung vulnerabler Gemeinschaften dienen können. So wird das Engagement für Tierrechte zu einem natürlichen Verbündeten der Klimagerechtigkeit, der Ernährungssicherheit und der öffentlichen Gesundheit – zentrale Anliegen des sozialen Ökologismus.

Programmatische Mindestanforderungen für eine humanistische Agenda, die Tierrechte ernst nimmt

Das zuvor Beschriebene macht deutlich, dass der universalistische Humanismus und seine politischen Handlungsansätze bestimmte programmatische Mindestziele aufnehmen sollten, die zum Schutz und die Anerkennung von Tierrechten beitragen – parallel zu anderen Zielen auf dem Weg zu einer gerechteren und menschlicheren Welt.

  • Förderung pflanzenbasierter Menüs in staatlichen Einrichtungen
  • Unterstützung des Proteinumstiegs durch Anreize für den Anbau von Hülsenfrüchten und Getreide im eigenen Land sowie für Forschung und Entwicklung in diesem Bereich.
  • Rechtliche Anerkennung von Tieren als fühlende Lebewesen.
  • Kennzeichnung von Leidens- und CO₂-Fußabdruck auf Produkten.
  • Bekämpfung jeglicher Form von „Unterhaltung“ und traditionellen Praktiken, bei denen Tiere ausgebeutet und misshandelt werden.
  • Einführung von Programmen zur Ablösung tierischer Zugkraft (z. B. durch Pferde oder Esel).
  • Bildung für eine Kultur des Friedens und des verantwortungsvollen Zusammenlebens zwischen Menschen und Tieren.

Maßnahmen dieser Art stehen nicht im Widerspruch zu menschlichen Anliegen, sondern stärken sie und sind mit dem Aufbau einer empathischeren und gewaltfreieren Gesellschaft vereinbar.

Epilog: Für einen universalistischen Humanismus, der Tierrechte einschließt

Sich für Tierrechte einzusetzen, bedeutet nicht, den Menschen aus dem Mittelpunkt zu rücken, sondern diesen Mittelpunkt zu erweitern – auf alle fühlenden Lebewesen. Die Vorstellung einer menschlicheren Welt, wie sie Silo beschrieben hat, wird erst dann Realität, wenn kein Leben mehr von Mitgefühl ausgeschlossen ist. In Zeiten der Klima- und sozialen Krise ist Glaubwürdigkeit eine der stärksten Formen politischer Wirkung. Wenn wir eine Zukunft wollen, die auf Gewaltfreiheit und Gerechtigkeit gründet, sollten wir den nächsten Schritt gehen: die moralische Grenze zwischen den Arten hinterfragen und einen universalistischen Humanismus leben, der Tierrechte miteinschließt.

Die Übersetzung aus dem Spanischen wurde von Sarah Brandmeier vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam erstellt. Wir suchen Freiwillige!


José Binfa Álvarez ist Regionalkoordinator der RM Humanistischen Aktion und Delegierter des Teams Aktion für die Tiere in Chile.