Die Staats- und Regierungschefs der NATO-Länder, die sich in einer Zeit eines beispiellosen nuklearen Risikos in Vilnius trafen, ergriffen keine Maßnahmen zur Verringerung der nuklearen Gefahren und gaben stattdessen ein Kommuniqué heraus, das den Einsatz von Atomwaffen weiterhin unterstützt.

Das Bündnis wies auf die Risiken hin, die von russischen Atomwaffen ausgehen, und lobte gleichzeitig seine eigenen nuklearen Abschreckungs- und Atomwaffenteilungsvereinbarungen. Es kritisierte auch den UN-Vertrag über das Verbot von Kernwaffen, den einzigen Bereich, in dem seit Jahrzehnten Fortschritte bei der nuklearen Abrüstung erzielt wurden, und zeigte seine Besorgnis über die Macht des Vertrags, Atomwaffen zu stigmatisieren und zu beseitigen.

Das Kommuniqué, das am Ende des ersten Tages des Gipfels veröffentlicht wurde, verurteilt Russlands Stationierung von Waffen in Weißrussland und Russlands „unverantwortliche nukleare Rhetorik und erzwungene nukleare Signale“ und bekräftigt gleichzeitig die Bereitschaft des Bündnisses, Atomwaffen selbst einzusetzen, und seine „Entschlossenheit, einem Gegner inakzeptable Kosten aufzuerlegen“.

Über die nukleare Teilhabe

Die NATO legte ihre Rechtfertigung für die Stationierung von Atomwaffen durch die USA in Europa vor, obwohl diese Praxis demokratisch und rechtlich angefochten wird. Sie kritisierte Russland auch für das gleiche Konzept: die Stationierung von Atomwaffen in Belarus. Das Kommuniqué ist in Bezug auf die nukleare Teilhabe expliziter als frühere Erklärungen und stellt fest, dass die nukleare Abschreckung der NATO auch von den in Europa stationierten US-Atomwaffen abhängt“. Aber es ignoriert Bedenken, die von Parlamentariern und Bürgern der NATO-Länder geäußert werden. Das Kommuniqué wiederholt die Position der NATO, dass „die nuklearen Lastenteilungsvereinbarungen der NATO immer vollständig mit dem Vertrag über die Nichtverbreitung von Kernwaffen (NVV) vereinbar waren“, obwohl diese Behauptung von anderen NVV-Mitgliedern wiederholt in Frage gestellt wurde.

Die nukleare Lastenteilung oder die Stationierung von Atomwaffen in einem anderen Land ist durch den Vertrag über das Verbot von Kernwaffen ausdrücklich verboten, dem alle Länder dringend beitreten sollten, um die weitere Stationierung von Atomwaffen in anderen Ländern zu verhindern.

Über den Atomwaffenverbotsvertrag (TPNW)

Das Kommuniqué widmete mehrere Sätze einer scharfen Kritik des Vertrags über das Verbot von Kernwaffen, dem einzigen Vertrag, der in mehr als einem Jahrzehnt einen Abrüstungsaktionsplan verabschiedet hat. Der Fokus der NATO auf diesen Vertrag zeigt die Angst des Bündnisses vor seiner Fähigkeit, den Besitz, die Androhung des Einsatzes und der Stationierung von Atomwaffen zu untergraben und die Praxis der nuklearen Abschreckung in Frage zu stellen, an der sich alle NATO-Mitglieder derzeit beteiligen. Die Realität ist, dass es keine Inkonsistenz zwischen den beiden Verträgen (NATO und TPNW) gibt, sondern nur zwischen der Praxis der nuklearen Abschreckung und der Einhaltung des Atomwaffenverbotsvertrages (TPNW).

In dem Kommuniqué heißt es, dass der Vertrag „im Widerspruch zur nuklearen Abschreckungspolitik des Bündnisses steht und mit dieser nicht vereinbar ist“. Im Laufe der Geschichte der NATO haben die Bandesmitglieder jedoch unterschiedliche Ansätze für Rüstungs- und Strategiefragen verfolgt, und – wie das Kommuniqué selbst feststellt – hat jede Nation das Recht, ihre eigenen Waffen und Strategien zu wählen: Jede Nation hat das Recht, ihre eigenen Sicherheitsvorkehrungen zu wählen. Es gibt kein rechtliches Hindernis für den Beitritt von NATO-Mitgliedern zum Atomwaffenverbotsvertrag. Tatsächlich beteiligen sich mehrere NATO-Länder an der konstruktiven Arbeit, die im TPNW geleistet wird, unter anderem durch die Teilnahme am ersten Treffen der Vertragsstaaten im Jahr 2022 als Beobachter, darunter Belgien, Deutschland, die Niederlande und Norwegen.

Der NATO-Gipfel in Vilnius hätte eine Gelegenheit für die Mitgliedstaaten sein können, ihr Engagement für die Stärkung von Frieden und Sicherheit durch die Verringerung des inakzeptabel hohen nuklearen Risikos unter Beweis zu stellen. Als nuklear bewaffnete Staaten, Staaten, die US-Atomwaffen beherbergen, und Staaten, die den Einsatz von Atomwaffen in ihrem Namen akzeptieren, haben sie die Möglichkeit, sich darauf zu einigen, diese gefährlichen Praktiken zu beenden. Stattdessen entschieden sie sich dafür, ein Kommuniqué mit heuchlerischer und unzutreffender Sprache über Atomwaffen herauszugeben. Glücklicherweise werden sich die Mitgliedstaaten des Vertrags über das Verbot von Kernwaffen Ende November treffen, um konkrete Schritte zur Bewältigung nuklearer Gefahren zu unternehmen und die Abrüstung voranzutreiben.

Übersetzung aus dem Englischen von Sezen Erdogan vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam erstellt. Wir suchen Freiwillige!

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