Es wird immer deutlicher, dass die militärischen Drohungen der USA gegen Venezuela eine umfassendere Agenda verfolgen. Der Plan lautet: Regimewechsel, aber das nicht nur in Venezuela. Dieses Ziel gilt – in einigen Fällen auf längere Sicht – für mehrere Länder im karibischen Raum, um die Region von Regierungen zu „säubern“, die Washington als unerwünscht einstuft.

Wie der Professor für Internationale Beziehungen der Universität Chicago, John Mearsheimer, in Erinnerung ruft, dulden die USA „keine linksgerichteten Regierungen … und sobald sie eine Regierung sehen, die als links von der Mitte stehend gilt, streben sie deren Absetzung an.“

In der Financial Times erklärte Ryan Berg, Leiter des Amerika-Programms beim Washingtoner Thinktank CSIS, der stark von Pentagon-Auftragnehmer:innen finanziert wird, dass Trumps Vision darin bestehe, die USA zur „unbestrittenen, dominierenden Macht in der westlichen Hemisphäre“ zu machen. Die New York Times bezeichnete Trumps Ambitionen als die „Donroe-Doktrin“.

Nach Venezuela steht Honduras aktuell in der Schusslinie der USA. In diesem zentralamerikanischen Land finden am 30. November Wahlen statt, die darüber entscheiden, ob die linksgerichtete Libre-Partei an der Macht bleibt oder ob das Land in den Neoliberalismus zurückfällt.

Die von der Trump-Regierung herbeigeführte Krise in der Karibik wird aktiv instrumentalisiert, um die Honduraner:innen bei ihrer Wahlentscheidung von innenpolitischen Themen abzulenken. Die Mainstream-Medien in Honduras weisen wiederholt darauf hin, dass Washington Honduras militärisch bedrohen könnte, wenn es am 30. November „falsch” wählt.

In einem Fernsehinterview wurde der Oppositionskandidat Salvador Nasralla gefragt, was passieren würde, wenn die Libre-Partei gewinnen würde. Er antwortete: „Die Schiffe, die in Kürze Venezuela einnehmen, werden kommen und Honduras ins Visier nehmen.“ Um die vermeintliche Bedrohung zu verstärken, haben Oppositionskandidat:innen Plakate auf den Straßen aufgestellt, auf denen sie sich selbst als „antikommunistisch“ bezeichnen – als ob der Kommunismus tatsächlich zur Wahl stünde.

In einem bizarren Artikel behauptet das Wall Street Journal, Venezuela wolle „Honduras verschlingen“. Der Artikel stellt die jüngsten alarmierenden Beweise für Wahlbetrug der Libre-Gegner:innen auf den Kopf und behauptet, Venezuela schule Libre darin, das honduranische Volk zu betrügen.

Dieses Argument wird auch im US-Kongress lautstark von María Elvira Salazar und anderen wiederholt. Am 12. November erklärte US-Vizeaußenminister Christopher Landau, die US-Regierung werde „rasch und entschlossen auf jeden Angriff auf die Integrität des Wahlprozesses in Honduras reagieren“. Tatsächlich arbeitet Washington mit der Opposition zusammen, um das Mandat des Volkes zu untergraben.

Die Ironie liegt auf der Hand: Washingtons Begründung für die militärische Aufrüstung ist angeblich die Bekämpfung des „Narkoterrorismus“ – doch eine Niederlage von Libre würde das Risiko mit sich bringen, dass Honduras wieder zu dem „Drogenstaat“ wird, der es in dem Jahrzehnt unter US-Schirmherrschaft vor der letzten Wahl 2021 gewesen war.

Auch Kuba steht – wenig überraschend – auf der Liste von Regimewechseln. Der britische Daily Telegraph, der normalerweise kaum Lateinamerika-Berichterstattung bietet, argumentiert, dass Kuba das „eigentliche Ziel“ von Trumps Kampagne gegen Venezuela sei.

Nachdem es nach mehr als sechs Jahrzehnten der Blockade nicht gelungen ist, die kubanische Revolution zu stürzen, ihre Bürger:innen in akute Not zu treiben und ein Zehntel von ihnen zur Auswanderung zu zwingen, sieht US-Außenminister Marco Rubio offenbar den „wahren Gewinn“ der militärischen Aufrüstung der USA darin, der Revolution den Todesstoß zu versetzen.

Die Installierung einer US-freundlichen Regierung in Caracas würde die Konterrevolution unterstützen, indem sie Lieferungen von Benzin und anderen Gütern an Kuba unterbinden würde. Oder diese Lieferungen könnten von der US-Marine selbst gestoppt werden, was den Druck auf Havanna weiter erhöhen würde. Zusätzlich wäre der Zusammenbruch der bolivarischen Revolution in Venezuela eine Ermutigung für die von den USA unterstützten Dissident:innen in Kuba, die sich von der Unzufriedenheit nähren, die durch die US-Sanktionen über ihr Land gebracht wurde.

Doch selbst der enthusiastische Telegraph zweifelt, dass Rubios Ziel erreicht wird, angesichts der bemerkenswerter Widerstandskraft Kubas.

Ein weiteres Land im Fadenkreuz Washingtons ist Nicaragua. Auch hier führt Rubio die Offensive an – unterstützt von zahlreichen Verbündeten auf beiden Seiten des US-Kongresses.

Obwohl Nicaragua (zumindest bislang) nicht direkt militärisch von den USA bedroht ist, hat Washington neue Sanktionen gegen nicaraguanische Unternehmen verhängt, droht mit Zöllen in Höhe von 100 Prozent auf die Exporte des Landes in die USA und könnte versuchen, es aus dem regionalen Handelsabkommen CAFTA auszuschließen.

Gleichzeitig identifiziert sich die nicaraguanische Opposition begeistert mit ihren Verbündeten in Venezuela, in der Hoffnung, dass ein Regimewechsel in Caracas Washington dazu ermutigen würde, die sandinistische Regierung in Nicaragua weiter anzugreifen.

Auch zwei weitere linksgerichtete Regierungen im Karibischen Becken – Kolumbien und Mexiko – waren Trumps Androhungen von Militärschlägen ausgesetzt. Der kolumbianische Präsident Gustavo Petro wurde von Washington als „feindlicher ausländischer Führer“ sanktioniert. Er reagierte darauf mit der Verurteilung der US-Angriffe auf Boote in der Karibik als „Mord“.

Trump wiederholte kürzlich frühere Drohungen, mexikanische Drogenkartelle anzugreifen, und erklärte, dass er „stolz“ darauf wäre, dies zu tun. Auf die Frage, ob er nur mit Zustimmung Mexikos militärisch eingreifen würde, weigerte er sich, diese Frage zu beantworten. Die mexikanische Präsidentin Claudia Sheinbaum hatte zuvor Trumps Drohung militärischer Maßnahmen gegen Drogenkartelle in ihrem Land zurückgewiesen und gegenüber Journalisten erklärt: „Das wird nicht passieren.“

Doch trotz Sheinbaums anhaltender Popularität kam es am 15. November zu sogenannten Gen-Z-Protesten in über 50 Städten. Laut The Grayzone waren diese Aktionen nicht das, was sie schienen: Sie wurden von einem internationalen rechtsextremen Netzwerk finanziert und koordiniert und durch Botnetze verstärkt. Ihr zeitlicher Zusammenhang mit dem militärischen Aufmarsch in der Karibik könnte beabsichtigt gewesen sein.

Im Kontext dieser Proteste sagte Trump: „Ich bin nicht zufrieden mit Mexiko. Würde ich Angriffe in Mexiko starten, um den Drogenhandel zu stoppen? Für mich ist das in Ordnung.“ Teile der MAGA-Bewegung drängen ihn zu einem noch weitergehenden Vorgehen – bis hin zu einer US-Militärintervention, um eine „Übergangsregierung“ zu erzwingen.

Washington mischte sich bereits erfolgreich in die jüngsten Wahlen in Argentinien ein. Die Unterstützung der USA für einen rechten Sieg in Ecuador im April war nach einer umstrittenen Wahl von entscheidender Bedeutung. Im nächsten Monat steht die zweite Runde der Präsidentschaftswahlen in Chile an. Trump hofft – mit ein wenig Unterstützung der Hegemonialmacht – auf einen Rechtsruck, ebenso in Kolumbien im nächsten Jahr und in Mexiko 2030.

Der frühere Bush- und Trump-Beamte Marshall Billingslea sagt, das eigentliche Ziel einer US-Regimewechsel-Offensive sei die gesamte lateinamerikanische Linke, „von Kuba über Brasilien bis Mexiko und Nicaragua“. Eine Militärintervention, die zum Sturz der Maduro-Regierung führe, würde – wie er ohne Beweise behauptet – den Geldfluss aus Caracas stoppen, der zur „sozialistischen Plage, die sich über Lateinamerika ausgebreitet hat“, geführt habe.

Der von den USA erzwungenen Regimewechsel in Venezuela, Kuba und Nicaragua – wo die „sozialistische Plage“ tief verwurzelt sei – ist ein überparteiliches Projekt. Bei anderen progressiven und linksgerichteten Staaten Lateinamerikas – Mexiko, Honduras, Kolumbien und sogar Chile – geht die Strategie der Pax Americana nicht bis zum offenen Regimewechsel: Infiltration, Einschüchterung und Kooptation sollen diese Länder gefügig halten.

Für Demokrat:innen wie Republikaner:innen ist die imperialistische Projektion der USA in der Region selbstverständlich. Trump und sein Waffengefährte Rubio führen diesen Angriff an. Doch die sogenannte US-Oppositionspartei bietet nur schwache Kontrollen.

Zu diesem Zweck wägt das US-Imperium unter Trumps nomineller Führung die Opportunitätskosten ab, die volle militärische Schlagkraft einzusetzen, die in der Karibik versammelt ist – ein Fünftel der globalen Feuerkraft seiner Marine. Doch Trumps neokonservative Berater:innen scheinen die Gunst der Stunde nutzen zu wollen und einen politischen Wandel in der gesamten Hemisphäre einleiten zu wollen, um die Trump’sche „Donroe-Doktrin“ zur Vollendung zu bringen.

Wird Vorsicht die Oberhand behalten? Oder werden die USA weiterhin Gesetzlosigkeit und Chaos verbreiten – wie in Haiti, Libyen, Syrien, Afghanistan und anderswo? Und das nicht nur in Venezuela, sondern womöglich auch in weiteren Ländern der Region?

Die Übersetzung aus dem Englischen wurde vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam erstellt. Wir suchen Freiwillige!


John Perry, Nicaragua-basiert, arbeitet mit der Nicaragua Solidarity Coalition und schreibt für The Grayzone, London Review of Books, FAIR und CovertAction. Roger D. Harris arbeitet mit der Task Force on the Americas, dem US Peace Council, und dem Venezuela Solidarity Network.