Am 28. Oktober 2025 führte die Operation „Contenção (Eindämmung)“ in den Favela-Komplexen Alemão und Penha in Rio de Janeiro zu 122 Todesopfern. Die Regierung erklärte, dass es sich bei den Toten um Verdächtige handelte, und stufte den Einsatz als „Erfolg“ ein.
Offiziell wurde die Operation als Maßnahme zur Vollstreckung von Haftbefehlen gerichtlicher Anordnungen dargestellt: 51 Haftbefehle, erlassen vom 42. Strafgericht der Hauptstadt, sowie weitere aus zwischenstaatlichen Ermittlungen, insgesamt rund 100 Haftbefehle, zusätzlich zu Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnungen. Die getöteten Personen waren jedoch nicht namentlich in den konkreten richterlichen Anordnungen aufgeführt, die angeblich die Grundlage für diese Operation bildeten, und nur ein Bruchteil dieser Mandate wurde tatsächlich vollstreckt. Es handelt sich somit um einen Polizeieinsatz ohne richterliche Anordnung und mit der höchsten Zahl von Todesopfern in der jüngeren Geschichte des Landes. Verfassung und Strafprozessordnung wurden missachtet. Wir sind der Auffassung, dass Gouverneur Cláudio Castro und seine Mitarbeiter:innen für die Todesfälle infolge dieser Illegalität zur Verantwortung gezogen werden müssen. Der Einsatz intensivierte die historische Gewalt gegen die Bewohner:innen der Favelas und hat den Staat näher an Praktiken herangeführt, die para-staatlichen Strukturen ähneln, in denen bewaffnete Gruppierungen außerhalb des Gesetzes agieren.
Die Regierung des Bundesstaates Rio de Janeiro verhinderte zudem die Durchführung unabhängiger forensischer Untersuchungen, wodurch die Beweisführung erschwert und das Recht auf Wahrheit und Gerechtigkeit beeinträchtigt wurde. Staatliche Gewalt, die auf der Willkür von Behörden beruht, die zugleich als Ankläger:innen, Richter:innen und Vollstrecker:innen (in diesem Fall von Todesurteilen) auftreten, ist kein ausschließlich brasilianisches Phänomen. Vergleichbare Praktiken finden sich in zahlreichen Regionen der Welt und sind stets gekennzeichnet durch die Suspendierung von Garantien, die Normalisierung der massenhaften Tötung von Zivilist:innen sowie durch ein Regierungshandeln, das sich über geltendes Recht stellt – in Verletzung sowohl des innerstaatlichen Rechts als auch von völkerrechtlich auferlegten Normen und Verpflichtungen.
Vor diesem Hintergrund verurteilt das Centro de Estudos Humanistas Pindorama – CEH (Zentrum für Humanistische Studien Pindorama) das Verhalten der Regierung von Rio de Janeiro und all jener, die ihre gewalttätigen und mörderischen Praktiken bejubeln – ebenso wie Gesetzesvorhaben, die eine Politik der Vernichtung ausweiten und die Durchführung unabhängiger Ermittlungen verhindern. Der universalistische Humanismus, der auf der Methodologie der Aktiven Gewaltfreiheit beruht, lehnt jede Form von Gewalt ab und solidarisiert sich mit den Familien der 122 Menschen, die infolge dieser Operation getötet wurden. Wir erkennen die Notwendigkeit von Maßnahmen zur öffentlichen Sicherheit an, doch die Zerschlagung der organisierten Kriminalität muss im Einklang mit geltenden Gesetzen stehen und den Einsatz von Intelligenz in der Ermittlungsarbeit priorisieren, um die Tötungsrate und Menschenrechtsverletzungen bei Polizeieinsätzen zu beenden.
Der Krieg gegen den Drogenhandel, der von Militärmächten als Vorwand für tödliche Interventionen genutzt wird – sei es in fremden Gewässern oder auf fremdem Territorium oder in Form von Polizeieinsätzen in urbanen Peripherien innerhalb der Staaten –, ignoriert jegliche grundlegende Vorstellung von Recht und Gerechtigkeit. Er verwandelt den Staat unbestreitbar in ein Instrument der Zerstörung in den Händen privater Milizen, die der Verteidigung lokaler oder multinationaler wirtschaftlicher Interessen dienen (Silo, 1993).
Die Einstufung der Todesfälle infolge von Mega-Polizeieinsätzen als bloße „Nebenwirkung“ stellt nicht nur ein entmenschlichendes rhetorisches Mittel dar, sondern eine diskursive Strategie zur Verwässerung rechtlicher und moralischer Verantwortung. Durch die unzulässige Übertragung eines ursprünglich medizinischen Begriffs in den Bereich der öffentlichen Sicherheit versuchen staatliche Autoritäten, die Auslöschung zivilen Lebens als unvermeidliches Nebenprodukt staatlichen Handelns zu naturalisieren und dabei den aktiven, vorhersehbaren und vermeidbaren Charakter dieser Tötungen zu verschleiern. Diese Formulierung verwandelt Opfer in statistische Abstraktionen, entleert die Pflicht zum Schutz des Lebens und fungiert als Mechanismus zur Vorab-Legitimierung tödlicher Gewalt – unvereinbar mit jeder Ordnung, die auf Garantien, Rechtskontrolle und Rechenschaftspflicht der öffentlichen Hand basiert.
Die Selektivität der Strafverfolgung zeigt sich deutlich in der Diskrepanz zwischen der Behandlung von Drogenkurier:innen – junge, schwarze und arme Menschen, die mit einem Gewehr in einem Vorort aufgegriffen werden – und der Behandlung von Akteure:innen des Finanzsystems mit hohem Einkommen, die laut öffentlicher Ermittlungen offensichtlich und wiederholt in großangelegte wirtschaftskriminelle Praktiken verwickelt sind. Während erstere häufig zum unmittelbaren Ziel von Polizeigewalt und Masseninhaftierung werden, profitieren letztere in der Regel von schnellen Gerichtsentscheidungen, die ihnen bereits in frühen Phasen der Strafverfolgung die Freiheit sichern – selbst bei belastbaren Indizien und einem unvergleichbar größeren Ausmaß an gesellschaftlichem Schaden. Diese Asymmetrie offenbart nicht nur eine Ungleichbehandlung, sondern auch die Fortdauer eines Repressionsmodells, das mit maximaler Härte gegen rassifizierte und vulnerable Körper vorgeht, während es gleichzeitig gegenüber Kriminalität in den oberen Etagen der Wirtschaftsstruktur Nachsicht walten lässt.
Der Einsatz tödlicher Gewalt gegen sich ergebende oder fliehende Personen ist illegal und stellt weder Notwehr noch einen Rechtfertigungsgrund für eine Straftat dar. Nationale und internationale Normen beschränken den Einsatz von Schusswaffen auf Situationen, in denen eine unmittelbare Lebensgefahr besteht. Der von Regierungsbehörden verwendete Begriff „Neutralisierung“ zur Bezeichnung der Praxis des Tötens fungiert als Euphemismus für standrechtliche Hinrichtungen, die durch die Verfassung und das Völkerrecht verboten sind. Die Operation „Contenção“ stellt eine illegale Praxis der Todesstrafe dar und charakterisiert somit eine schwere Menschenrechtsverletzung, die untersucht werden muss; ihre Auftraggeber:innen sind gemäß den Bestimmungen des demokratischen Rechtsstaats zur Verantwortung zu ziehen.
Centro de Estudos Humanistas Pindorama (Zentrum für Humanistische Studien Pindorama)
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Die Übersetzung aus dem Portugiesischen wurde vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam erstellt. Wir suchen Freiwillige!









