Dieser Tage träumte ich im Morgengrauen, im Grauen des Morgens, sah ein Bombengeschwader aus Nord bei Nordost. Ich sah die Flieger, viele. Dann aber überholte mich ein zweiter Traum: Sie flogen zu auf Stuttgart im Morgengrauen, doch! Ich kannte das Flugzeug von früher schon in den Wolken über der Stadt, hab` es öfters gesehen. In dieser Nacht aber konnt‘ ich den Abwurf der Bomben in schneller Folge sehen, sah vom Sonnenberg aus unten im Zentrum der Stadt die Wolke – die Wolke aus Feuer und Rauch. Schreien wollt‘ ich, doch alles schlief.
Heute weiß ich: Es sind meine Träume aus Dresden, 1945, 80 Jahre zu spät, die mich heimsuchen. In diesen Stunden kreisen sie über Gaza-Stadt, über Israel, kreisen über Kiew, Kupjansk, kreisen über Caracas. Seht ihr sie nicht? Schreien will ich, doch alles schläft ja doch. Es ist ein Sonntag im Himmel.
Über die Meere der Welt eilen unsere Parteien mutterseelenallein ihren Wählern voraus. Voller Angst entsorgen sie Menschenrechte jenseits der Alpen. Diesseits wird zum identitären Marsch fürs Leben gerufen. Alles, was Reichweite und Trump-Nähe hat, QAnon, Alt Right, MAGA und AfD, bläst zum Zapfenstreich und vorlauten Gebeten. Wir singen unterdes‘ das Wiegenlied für die Demokratie. Wir füllen die Bäuche der riesigen Containerschiffe wieder und wieder. Es wird vergeblich gewarnt vor dem giftigen Plastikmüll der gefräßigen Massen.
Schiff ahoi: Die sonderbar mageren Kinder auf den Müllkippen Malaysias warten auf Nachschub, betteln und basteln Mitbringsel für die Touristen aus Deutschland.
„Das Land ist heilig“, hört‘ ich aus den Wäldern Amazoniens: Es gehört den unzähligen Toten, den wenigen Lebenden und den Vielen, die noch geboren werden.
„Schaut nicht auf das, was euch trennt, schaut auf das, was euch verbindet. Seid Menschen“, sagt Margot Friedländer.
Es ist spät geworden. Viele haben uns verlassen, andere sind gekommen aus Murmansk, jene mit dem Judenstern aus Bethlehem, andere aus Butscha und Damaskus, wieder viele festgehalten im Namen Deutschlands in Kabul und Islamabad – in euren Namen. In den Lagern lernen sie das Grundgesetz auswendig: Sicher ist sicher, sagt ihr Kopf.
Ich weiss ja: Unser Marsch für das Leben muss in unserem Kopf beginnen.
Pessimismus ist Zeitverschwendung und das Problem ist nicht, was unsere Feinde tun, sondern was unsere Freunde nicht tun. Es sind keine Flieger über der Stadt.
Wenn Zeit bleibt, ruf ich zur Nachsicht mit den andere unter uns: Bleib ungeduldig, aber sei heiter und radikaler! Auch Menschen sollten artgerecht leben dürfen. Nutz‘ deine Stunde. Ich helfe dir. Dann steh auf und küss‘ die Nacht. Widersteh den Klagen.









