Ähnliche Briefe an den US-Präsidenten wurden von Mitgliedern des britischen und australischen Parlaments (einschließlich Mitgliedern der konservativen Regierungsparteien) verfasst.

In diesem Zusammenhang wandte sich ΜέΡΑ25 formell an die Parlamentsfraktionen der Neuen Demokratie, SYRIZA, Kinal und KKE und bat sie um ihre Unterschrift. Die Neue Demokratie und KINAL haben nicht geantwortet, während die KKE sich weigerte, den Brief zu unterschreiben – der schließlich von Abgeordneten der ΜέΡΑ25 und SYRIZA unterzeichnet wurde).

Präsident Joe Biden

Weißes Haus 1600 
Pennsylvania Avenue NW
Washington DC 20500 USA

2. Juli 2021

Sehr geehrter Herr Präsident,

wir wenden uns an Sie als Mitglieder des griechischen Parlaments, um Ihnen zu Ihren jüngsten Äußerungen zur Verteidigung der Medienfreiheit zu gratulieren.

Als Vizepräsident von Präsident Obama spielten Sie eine wichtige Rolle bei der Entscheidung, Julian Assange wegen Veröffentlichungen über den Afghanistan- und Irak-Krieg und die Bedingungen in Guantanamo Bay nicht strafrechtlich zu verfolgen. Sie müssen ebenso wie wir enttäuscht gewesen sein, als Ihr Vorgänger eine Strafverfolgung mit einer 175-jährigen Haftstrafe gegen einen weltweit bekannten Verleger und Aktivisten für die Pressefreiheit einleitete, wegen seiner preisgekrönten Veröffentlichungen im Vereinigten Königreich aus dem Jahr 2010.

Bürgerrechtsorganisationen und führende Nachrichtenredaktionen sehen die Strafverfolgung der Regierung gegen diesen Verleger gleichermaßen mit großer Sorge. Der Chefredakteur der Washington Post schreibt, die Anklageschrift kriminalisiere gängige Praktiken im Journalismus, die schon lange dem öffentlichen Interesse dienen“. Die Redaktion der New York Times ist der Ansicht, dass sie „direkt auf das Kernelement des Ersten Verfassungszusatzes zielt“, und für Amnesty International „hätte die Anklage gegen ihn gar nicht erst erhoben werden dürfen“, weil sie „die Medienfreiheit und das Recht auf freie Meinungsäußerung auf die Anklagebank stellt“.

Zu Beginn dieses Jahres lehnte das Westminster Magistrates Court in Großbritannien den Antrag der USA auf Auslieferung von Julian Assange an die USA ab. Die Redaktion des Guardian stellte fest, dass Ihre zukünftige Regierung „Herrn Assange auf freien Fuss setzen kann und sollte“. Wir hatten gehofft, dass dies die Gelegenheit sein könnte, einen Schlussstrich unter diese Strafverfolgung zu ziehen. Leider verfolgt das US-Justizministerium diesen Fall immer noch, so dass Julian Assange ein drittes Jahr Haft im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh bevorsteht.

Herr Assange, ein australischer Pressevertreter, der 2010 von The Guardian in dieses Land eingeladen worden war, um in Übereinstimmung mit den Traditionen der freien Presse in Großbritannien an diesen Veröffentlichungen zu arbeiten, ist Gegenstand eines US-Strafverfahrens. Die Entscheidung Ihres Vorgängers, ein Strafverfahren gegen ein in unserem Land arbeitendes Mitglied der Presse einzuleiten, hat zur Folge, dass der Wirkungsbereich der zulässigen Presseaktivitäten überall auf der Welt eingeschränkt und ein Präzedenzfall geschaffen wird, den andere zweifellos ausnutzen werden.

Das Verfahren gegen Herrn Assange schwächt das Recht, wichtige Informationen zu veröffentlichen, die für eine Regierung unangenehm sind. Dieser Wert ist in der Tat von zentraler Bedeutung für eine freie und offene Gesellschaft.

Der Prozess gegen Herrn Assange schadet darüber hinaus dem öffentlichen Vertrauen in unsere Rechtssysteme. Unsere Länder sehen sich des Weiteren zunehmend mit dem Widerspruch konfrontiert, im Ausland für Pressefreiheit einzutreten und gleichzeitig Herrn Assange auf Wunsch der US-Regierung jahrelang im berüchtigtsten Gefängnis Großbritanniens festzuhalten.

Wir appellieren an Sie, diese Strafverfolgung fallen zu lassen. Ein Akt, der ein klarer Aufruf für die Freiheit wäre und der rund um den Globus widerhallen würde.

Mit freundlichen Grüßen,

Die Mitglieder der Fraktionen von MeRA25 und SYRIZA im griechischen Parlament

Die Übersetzung aus dem Englischen wurde von Alena Krupp vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam erstellt. Wir suchen Freiwillige!