Einen Tag nach den USA hat auch Russland den INF-Abrüstungsvertrag ausgesetzt und kündigt die Entwicklung neuer Raketen an.

Die Kündigung des INF-Vertrages durch Donald Trump bricht mit der bewährten Rüstungskontrolle. Damit setzen die USA die Welt und insbesondere Europa einem unverantwortlichen Risiko aus, kritisieren die ICAN-Partnerorganisation ICAN Deutschland und IPPNW heute in Reaktion auf die Erklärung von US-Außenminister Mike Pompeo in Washington.

Sechsmonatige Frist läuft

Nach der Aufkündigung des INF-Vertrages beginnt eine sechsmonatige Kündigungsfrist. Ohne eine überraschende Wendung im kommenden halben Jahr, endet der Vertrag am 2. August 2019. Die USA und Russland können dann völlig ungehindert neue Nuklearraketen mit einer Reichweite von 500 bis 5.500 km entwickeln und auch stationieren – ohne jegliche Maßnahmen der Transparenz und Kontrolle.

„Die heutige US-Kündigung des INF-Vertrages ist der Auftakt eines neuen, unkontrollierten Wettrüstens. Die USA und Russland werden ungehindert neue Mittelstreckenraketen für Europa bauen. Denn die Pläne dazu liegen bereits in der Schublade,“ sagt Xanthe Hall, Vorstandsmitglied von ICAN Deutschland und Abrüstungsreferentin der Ärzteorganisation IPPNW. „Europa muss nun verhindern, in einen neuen Kalten Krieg hingezogen zu werden. Ein eindeutiges Nein der europäischen Staaten zur erneuten Stationierung von Mittelstreckenraketen ist jetzt notwendig. Deutschland muss mit gutem Beispiel voran gehen, um ein neues atomares Wettrüsten auf Kosten der Europäer zu verhindern.“

„Wir sehen die Kündigung als eine Missachtung künftiger Generationen,“ erklärt Inga Blum, Vorstandsmitglied IPPNW und ICAN Deutschland. „Unsere Eltern gingen aus Angst vor einem Atomkrieg zu Tausenden auf die Straße, um die Stationierung von Mittelstreckenraketen in Europa zu verhindern. Für sie ging es auch um eine Zukunft ohne Angst für ihre Kinder und Enkelkinder. Jetzt ist die Angst für mich und meine Kinder wieder da.“

Straßentheater-Aktion in Berlin

Noch gestern haben Aktivist*innen der Friedensorganisationen ICAN, IPPNW, DFG-VK sowie der Kampagne „Büchel ist überall! atomwaffenfrei jetzt“ vor den Botschaften von Russland und den USA protestiert.

Darsteller zeigen bei einer Straßentheaterszene, was passieren muss: Trump und Putin müssen miteinander reden und die Atomwaffen endlich abschaffen. Auch die US-Atombomben, die derzeit noch in Deutschland gelagert werden, gehören zerstört.

Bei der Aktion werden Aktivist*innen mit Masken von Trump und Putin an Tischen mit roten Telefonen sitzen, eine Darstellerin von Bundeskanzlerin Angela Merkel versucht zu vermitteln. Anschließend werden Atombomben aus Pappe zersägt und ein überdimensionierter Atomwaffenverbotsvertrag unterzeichnet. Andere Aktivisten werden in gelben Strahlenschutzanzügen ein Transparent halten.

Mainz setzt starkes Zeichen für atomare Abrüstung

Am Tag nach Donald Trumps Kündigung des INF-Vertrags setzt die Stadt Mainz ein deutliches Zeichen für atomare Abrüstung. Oberbürgermeister Michael Ebling hat heute als erster deutscher Oberbürgermeister den ICAN-Städteappell für ein Atomwaffenverbot unterzeichnet.

Damit ist Mainz als Landeshauptstadt von Rheinland-Pfalz, dem Bundesland in dem US-Atomwaffen gelagert sind, die erste deutsche Stadt, die sich dem internationalen Appell anschließt. Dieser wurde bereits von Großstädten in Australien (Sydney), Großbritannien (Manchester) und den USA (Los Angeles) unterschrieben.

Oberbürgermeister Ebling unterstützt die Forderung der mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichneten Organisationen ICAN und IPPNW an die Bundesregierung, den UN-Atomwaffenverbotsvertrag zu unterzeichnen. In dem Städte-Appell heißt es: „Wir sind fest überzeugt, dass unsere Einwohner und Einwohnerinnen das Recht auf ein Leben frei von dieser Bedrohung haben. Jeder Einsatz von Atomwaffen, ob vorsätzlich oder versehentlich, würde katastrophale, weitreichende und lang anhaltende Folgen für Mensch und Umwelt nach sich ziehen.“

Martin Hinrichs, Vorstandsmitglied von ICAN Deutschland, erklärte bei der Unterzeichnung des Appells:

„Vor dem Hintergrund des gestrigen Austritts der USA aus dem INF-Vertrag zieht die Stadt Mainz die richtige Konsequenz, während sich die Bundesregierung weiter vor einem Bekenntnis zu dem Atomwaffenverbotsvertrag drückt.“

Fotos von Maga Navarrete für Pressenza: