Nur internationaler Druck kann Israel aufhalten, so wie er einst die Apartheid in Südafrika beendete.
Aber wenn die Regierungen mitschuldig sind, wer übt Druck auf sie aus? Ich und du, wir, das Volk, angefangen bei den jungen Leuten wie Ella und Iddo von Mesarvot, wie Daniel vom Kollektiv Tikkun – Jüdische dekoloniale Diaspora –, wie unsere Söhne und Töchter, die sich weigern, den Sicherheitslogiken Folge zu leisten, und sich der Militarisierung der Schul- und Zivilgesellschaft, der Verfälschung der Geschichte in den Schulbüchern, der Zensur, der Manipulation, den Lügen entgegenstellen – Lügen, die von einer politischen Klasse prahlerisch verbreitet werden, während sie ihren blutbefleckten Handschlag zur Schau stellt.
In Israel ebenso wie hier, wo auch immer dieses „hier“ sei.
Ich habe Ella, Iddo und Daniel gestern Abend im abgelegensten Norditalien getroffen, im Veltlin, in einem von Menschen aller Altersstufen überfüllten Saal. Vorgestellt wurden sie von Antonio Scordia, dem Leiter des Schwerpunkts Nordafrika und Naher Osten von Amnesty International; die Veranstaltung war von Amnesty zusammen mit AssopacePalestina und GIT Bancaetica organisiert worden.
Ella und Iddo sind Kriegsdienstverweigerer, anti-kolonialistische Aktivist:innen und Kommunist:innen: Iddo ist Parteisekretär und Ella ist Beiratsmitglied. Sie sind 18 und 19 Jahre alt.
Wie alt Daniel ist, weiß ich nicht, wahrscheinlich gerade zwanzig, er hat einen klaren Blick und präzise Vorstellungen. In seinem Beitrag stellt er das Gasparri-Gesetz (ein dem italienischen Senat jüngst vorgelegter Gesetzentwurf, nach dem Antizionismus mit Antisemitismus gleichgesetzt werden soll) der Jerusalemer Erklärung zum Antisemitismus gegenüber, die in Paragraf C Punkt 2 lautet: „Es ist nicht per se antisemitisch, Regelungen zu unterstützen, die allen Bewohner:innen ‚zwischen dem Fluss und dem Meer‘ volle Gleichberechtigung zugestehen.“ Und in Punkt 4: „Boykott, Desinvestition und Sanktionen sind gängige, gewaltfreie Formen des politischen Protests gegen Staaten. Im Falle Israels sind sie nicht per se antisemitisch.”
Daniel erinnert an den Wert der Erinnerung an alle Genozide und den universellen Wert des Rufs „Nie wieder“, den wir jedes Jahr wiederholen.
„Israel ist eher eine Armee mit einem Staat als ein Staat mit einer Armee“, erklärt Ella.
Die Erklärung beeindruckt, denn an so explizite Ehrlichkeit sind wir nicht mehr gewöhnt.
Schon seit seiner Gründung stützt Israel einen Großteil seiner Import- und Exportgeschäfte auf den Handel mit Waffen und Ausrüstung für die militärische Intelligence. Und wie es scheint, strebt auch die EU danach, denn bisher lässt sich mit dem Tod mehr Geld machen als mit dem Leben.
Iddo erzählt, wie die schulische Erziehung in Israel aussieht, verstanden als kognitive Manipulation, die Verletzlichkeit und Unsicherheit auslöst. Es erinnert an den Film Innocence. Die Entmenschlichung des Anderen wird zu einer kollektiven Notwendigkeit, ebenso wie Bewaffnung und Angriff in der dystopischen Halluzination zu einer Verteidigungsstrategie werden. Also strukturiert sich die gesamte Gesellschaft um die militärische Karriere, die als reizvolle Chance präsentiert wird, als Ermutigung für die Verwirklichung von Talenten und Hoffnungen in allen Bereichen, ausgehend von der Rockband der Israelischen Verteidigungsstreitkräfte (IDF), die dich zum Popstar macht, oder dem Leitartikel, mit dem du zu einem Journalisten wie in der Talkshow wirst.
Wie bizarr die israelische Gesellschaft ist … so wie unsere, wo auch immer wir wohnen. In Italien zum Beispiel, nehmen wir ein beliebiges Gymnasium: September, Treffen mit Polizeikräften; Oktober, Einladung zur Teilnahme an einem außerschulischen Fortbildungsprogramm unter Leitung der Firma Leonardo, die vom internationalen Strafgerichtshof wegen Beihilfe zum Genozid verurteilt wurde; November, Gespräch mit Carabinieri, um die Kriminologie zu entdecken; Dezember, Angebot eines militärischen Sommercamps mit dem Kurs „Audacia 2026“.
Ella, Iddo und Daniel sagen es offen: Die Eskalation der Gewalt, der Repression, die Verbreitung der Strukturen der Manipulation, Kontrolle und Militarisierung werden weder in Palästina noch anderswo Halt machen, solange sie internationale Straffreiheit genießen und solange wir uns verkriechen und tatenlos zuschauen, wie in Echtzeit der Rechtsstaat zerbricht.
Und nun? Ella sagt abschließend: Wir fordern die Befreiung von Marwan Barghouthi, dem einzigen palästinensischen Leader, der in der Lage ist, Frieden zwischen Israel und Palästina zu vertreten und konstruktiv mit der internationalen Gemeinschaft zu kommunizieren. Lasst uns boykottieren, anklagen, demonstrieren mit allem, was wir haben.
Ja, machen wir es wie Ella, Iddo und Daniel – machen wir es wie unsere Kinder, die sich der Welt öffnen, sich nicht mit dem abfinden, was sie vorfinden, sondern Fragen stellen, sich informieren und sich zusammenschließen.
Ella und Iddo in Israel, wir und unsere Kinder in den verbündeten, mitschuldigen Staaten.
Übersetzung aus dem Italienischen von Annette Seimer vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam. Wir suchen Freiwillige!









