Ist es möglich, den Kapitalismus zu überwinden und Fortschritte in Richtung soziale Gerechtigkeit und gleichen Rechten und Chancen zu gelangen, ohne die Kommunikation zu demokratisieren?
Die Antwort ist eindeutig: Nein, das ist nicht möglich. Die Konzentration der Medien führt zur Konzentration des Reichtums. Es gibt mehr als genug Beweise dafür.
Die Medien, die im Besitz des Kapitals sind und dessen Interessen dienen, steuern und vereinheitlichen ihre Diskurse – sowohl in traditionellen als auch in digitalen Formaten –, um den Prozess der menschlichen Emanzipation von der kapitalistischen Vereinnahmung zu behindern.
Das Phänomen ist seltsam und paradox: Das Versagen des Kapitalismus, der Weltbevölkerung einen gleichberechtigten Wohlstand zu garantieren, wird dem gesunden Menschenverstand als erfolgreiches und einzigartiges Modell präsentiert und vermittelt der Öffentlichkeit eine verzerrte und interessengeleitete Sicht der Tatsachen.
Eine Vision, die sich immer wiederholt und den subjektiven Horizont trübt, wenn die organisierten gesellschaftlichen Kräfte die Möglichkeiten des Wandels anführen und fördern. Je tiefer und realer der vorgeschlagene Wandel ist, desto brutaler ist der Angriff.
Anders gesagt, das Kapital greift die Rechte der Menschen nicht nur an, um den Gewinn zu maximieren, sondern versucht, sich die individuelle und kollektive Subjektivität anzueignen, um jegliche Veränderung zu verhindern.
Wie es im Humanistischen Dokument heißt:
„Das Großkapital beherrscht dank der Kontrolle über die Produktionsmittel nicht nur unsere Objektivität, sondern dank der Kontrolle über die Kommunikations- und Informationsmedien auch unsere Subjektivität. Unter diesen Umständen kann es über die materiellen und gesellschaftlichen Ressourcen weitgehend ohne Einschränkung verfügen, wobei die Natur unwiederbringlich zerstört und die Menschen nach und nach beiseitegelassen werden.“
Die Notwendigkeit, den von einer Minderheit angeeigneten gesunden Menschenverstand zurückzuerobern, ist daher gleichbedeutend mit dem sozialen und politischen Kampf für bessere Lebensbedingungen für alle. Umverteilung, Demokratisierung und Befreiung der Kommunikation aus der monopolistischen Falle des Kapitals sind Voraussetzungen für eine humanistische Revolution.
Die humanistische Alternative für die Kommunikation
Welches Leitbild, welches humanistische Modell schlagen wir vor? Und: Gibt es überhaupt schon eine Alternative?
Zu einer Gesellschaft mit verteilter Macht gehört eine dezentrale Kommunikation. Wenn eines der Hauptziele einer humanistischen Revolution darin besteht, den Völkern die entrissene Souveränität zurückzugeben, gilt dasselbe für die Kommunikation, die in den Händen der Organisationen liegen muss, die aus ihr hervorgehen.
Genau dies war einer der Hauptgründe für die populäre, gemeinschaftliche, alternative, bürgerschaftliche, kooperative oder sektorale Kommunikation: die Verteidigung und Förderung der vom Volk errungenen Rechte. Diese Art der Kommunikation, die vielfältig und bürgernah ist, ist die einzige, die das Recht auf Information und freie Meinungsäußerung garantiert. Daher ist dies das Medienmodell, das unterstützt, gestärkt und gefördert werden muss.
Gleichzeitig wird die Notwendigkeit deutlich, Vielfalt zu artikulieren, um die Kommunikationsarbeit in solidarischen Netzwerken der Produktion und Verbreitung von Inhalten zu stärken und das derzeitige ungerechte Kräfteverhältnis bei der Konstruktion von Narrativen zu verändern.
Hier stoßen wir auf Schwierigkeiten. Eine der größten besteht darin, wie wir die Artikulation in einer Welt zunehmender Fragmentierung wirksam gestalten können. Dies steht im Widerspruch zur Notwendigkeit der Konvergenz in gemeinsamen politischen und kommunikativen Projekten, die als Rahmen für die Überwindung der wirtschaftlichen und sozialen Gewalt gegen die Mehrheit und für die Erweiterung der Rechte und Möglichkeiten aller Menschen dienen.
Die Kommunikation darf also nicht nur ein Sprachrohr für Anklage, Forderungen und ständige kritische Reflexion sein, sondern muss auch ein Bindeglied sein und das soziale Gefüge wieder aufbauen.
Neben der Stärkung der Artikulation von Räumen der Massenkommunikation, indem Allianzen mit sozialen Akteuren, die vom vorherrschenden Diskurs ausgeblendet werden, ausgebaut werden, erscheint es von grundlegender Bedeutung, die Notwendigkeit zu betonen, eine öffentlich-gemeinschaftliche Allianz anstelle der verhängnisvollen öffentlich-privaten Partnerschaft, die für den Neoliberalismus charakteristisch ist, zu schaffen.
Diese öffentlich-gemeinschaftliche Allianz ist ein Weg für die Staaten, um effektiv an der Dezentralisierung der Kommunikation und der Stärkung der transformativen Kommunikation mitzuwirken, ohne deren Kontrolle anstreben zu wollen. Dies wird zweifellos zu einer größeren echten Demokratie beitragen, die heute vor allem von den jungen Generationen gefordert wird, die die Manipulation und den Verrat der formalen Demokratie satt haben.
Es ist daher besonders wichtig, dass fortschrittliche politische Bewegungen und Führungspersönlichkeiten sich für eine Zukunft mit einer verteilten kommunikativen Volksmacht einsetzen, die die einzige Garantie für eine soziale Ermächtigung ist, die mit tiefgreifenden und dauerhaften Transformationsprojekten vereinbar ist.
Ebenso erfordert die fortschreitende Digitalisierung entschlossene kritische Maßnahmen unserer Bewegungen und Medien gegen die kommerziellen Logiken, die die Unternehmensmonopole charakterisieren, um einerseits ihre Macht effektiv zu begrenzen, aber auch um die Entwicklung und Nutzung jener freien Werkzeuge zu unterstützen, die in ihrem Design übereinstimmen und geeignet sind, die organisatorische Basis der Gemeinschaften und ihre Mobilisierung zu stärken.
Das Fediverse, ein föderiertes Universum freier digitaler Plattformen
Im klaren Gegensatz zu den fälschlicherweise als soziale Netzwerke bezeichneten Plattformen, die lediglich technologische Instrumente von Unternehmen zur Überwachung, sozialen Kontrolle, Datenextraktion und Kommerzialisierung der Aufmerksamkeit sind, gibt es heute bereits sehr interessante Alternativen, die täglich zahlreicher werden.
Es handelt sich um freie digitale Plattformen mit einem dezentralen und vernetzten Aufbau, die das „Fediverse“ bilden. Im Gegensatz zu den „digitalen Großgrundbesitzen“ stellen die freien Plattformen eine Art „digitale Gemeinschaftsgärten“ dar, die es zu pflegen gilt.
Diese Netzwerke basieren auf der kollaborativen Logik und einer gemeinsamen Basis, die für die Kultur der freien Software charakteristisch sind, und sorgen für Transparenz, den Schutz der Privatsphäre sowie Autonomie und Dezentralisierung in ihrer Verwaltung.
Schließlich fördern diese Räume eine technopolitische Konzeption, die sich nicht auf einen einfachen technologischen Fetischismus oder eine Änderung der Gewohnheiten im individuellen Bereich beschränkt, sondern die Nutzung nicht-korporativer Werkzeuge als Teil einer Ethik der Kohärenz und Nicht-Zusammenarbeit mit dem System einschließt, während sie versuchen, eine andere Art von gleichberechtigter Beziehung als wesentliches Element des Handelns im digitalen Bereich zu fördern.
Gewaltfreie Kommunikation
Ebenso erfordert die humanistische Revolution eine Stärkung und Weiterentwicklung der Prinzipien der gewaltfreien Kommunikation, da die gezielte Verbreitung von Gewalt ein integraler Bestandteil des Systems ist und eine Darstellung des menschlichen Daseins fördert, die es verhindert, über die unterdrückerischen Konditionierungen hinauszugehen.
Diese Form der gewaltfreien Kommunikation, die heute in den Absichten vieler Kommunikator:innen und Medien angestrebt wird, nimmt in der täglichen Arbeit und in den Bildungsmaterialien, die von der internationalen Nachrichtenagentur Pressenza entwickelt werden, immer systematischere Formen an.
Diese Form der Kommunikation ist vor allem eine ethische Verpflichtung gegenüber dem Menschen und der Gesellschaft als Ganzes. Ihr wichtigstes Element ist eine aktive Haltung der Verurteilung und Nicht-Kollaboration mit jeglicher gewalttätigen Praxis sowie die Berufung, alles zu kommunizieren, was eine konstruktive und solidarische Richtung unter den Menschen fördert.
Die direkte Kommunikation, von Herz zu Herz
Aber die wichtigste Kommunikation für den Humanismus wird immer die direkte Kommunikation sein, die wir zwischen uns und unserer Umwelt herstellen, indem wir die Unterschiede überwinden, die wir uns nicht ausgesucht haben.
Um die Barrieren zu überwinden, die die direkte Kommunikation erschweren, ist es notwendig, den Dialog mit unserem eigenen Inneren zu vertiefen und die Wurzel unserer persönlichen Überzeugungen zu verstehen, die stark von den Bildungslandschaften der Epoche, den Ereignissen unserer Biografie und kulturellen Parametern beeinflusst werden, die nicht immer leicht zu beobachten sind und die kreative Verbindung mit anderen erschweren.
Mit den Worten von Silo: „Wenn du tiefer in dich gehst und ich tiefer in mich gehe, werden wir uns dort treffen“.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Entwicklung humanistischer Kommunikationsmodelle auf allen Ebenen, die zu einer zunehmenden Konvergenz der besten Bestrebungen des Menschen beitragen, von grundlegender Bedeutung ist, um die menschliche Vorgeschichte hinter uns zu lassen.
Vollständiger Text des Beitrags von Javier Tolcachier, Forscher am Centro Mundial de Estudios Humanistas und Korrespondent der Agentur Pressenza, anlässlich des 4. Gesprächs der Humanistischen Internationale, 01.03.2025
Die Übersetzung aus dem Englischen wurde von Angela Becker vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam erstellt. Wir suchen Freiwillige!