Mehrere bestätigte Coronafälle in drei Schlacht-Großbetrieben in Oberösterreich: Nur der Anfang? Trotz insgesamt mindestens 10 infizierten ArbeiterInnen in drei Schlacht- und Fleischverarbeitungsbetrieben in Ried, Wels-Land und Braunau läuft die Produktion weiter. Auch Ansteckungen im Umfeld der ArbeiterInnen wurden nun bestätigt – insgesamt sollen so schon 23 Personen angesteckt worden sein.

Nur eine Frage der Zeit

Nach den verheerenden Ausbrüchen in Großschlachthöfen in den USA – mehr als 5000 Infizierte und 180 betroffene Betriebe bereits Ende April – und schließlich auch in diversen europäischen Staaten wie zuletzt prominent in Deutschland war es nur eine Frage der Zeit, bis es auch in Österreich ähnliche Fälle geben würde. Schutzmaßnahmen und Testungen wurden vielerorts vernachlässigt. Doch die eigentlichen Probleme liegen noch viel tiefer. Corona zeigt uns Probleme in der Schlachtindustrie auf, die schon seit langem bestehen und kritisiert werden. Schlachthöfe sind Orte der Gewalt und des Leids – vor allem für die Tiere. Aber auch die Arbeiter und Arbeiterinnen zahlen ihren Preis, berichtet VGT-Aktivistin Lena Remich.

Leidende Tiere – kranke ArbeiterInnen

Viele der Probleme aus Tierschutzsicht schlagen sich auch auf Belastungen für die MitarbeiterInnen in den Betrieben nieder. Akkordarbeit und hohes Arbeitstempo führen zu Gewalt gegenüber den verängstigten Tieren – mit Treibstöcken und Elektroschockern werden sie ihrem Tod zugetrieben. Fehlbetäubungen aufgrund des Zeitdrucks sind an der Tagesordnung. Der Stress und die systembedingte Gewalt begünstigt Burn-Outs und Belastungsstörungen bei den ArbeiterInnen. Hunderte oder sogar tausende Tiere in einer Schicht umzubringen, geht nicht spurlos an einem Menschen vorbei – weder psychisch noch körperlich, so Remich weiter.

Reaktionen gefordert

Der VGT mahnt zu raschen und umfassenden Reaktionen: Ein Abwarten und Weiterarbeiten in Betrieben mit bestätigten Infektionen kann nicht gut gehen – mehrere Hundert Tote hat das in den USA gefordert, als Schlachthöfe dort trotz Infektionen offen blieben. Das Schlachtsystem muss umfassend hinterfragt werden: Was wir den Tieren und letztlich auch den Menschen, die sich keine andere Arbeit „leisten“ können, antun, nur damit weiterhin Fleisch konsumiert werden kann, ist einfach abscheulich, so Remich empört.

„Es ist falsch, zu glauben, dass ein Prozess, der ein lebendes Tier in ein Stück Fleisch „verwandelt“, ohne Gewalt und Leid funktioniert“ Lena Remich, VGT

Millionenfaches Leid

Etwa 100 Millionen Tiere werden jedes Jahr in Österreich getötet: Rund 680.000 Rinder, 185.000 Schafe und Ziegen, 5 Millionen Schweine und 90 Millionen Hühner (exklusive Puten, Fischen und anderen Tieren). In tausenden kleinen und großen Schlachtbetrieben im ganzen Land werden diese Tiere angeliefert, von den Lastern und durch Gänge und Buchten getrieben, mit Gas-Erstickung, Bolzenschuss oder Elektroschocks betäubt, mit durchtrennten Halsschlagadern ausgeblutet und schließlich zu Fleischwaren verarbeitet. Es ist falsch, zu glauben, dass ein Prozess, der ein lebendes Tier in ein Stück Fleisch „verwandelt“, ohne Gewalt und Leid funktioniert, erklärt Remich.

Keine Gelder für kranke Systeme

Der VGT fordert, dass keine öffentlichen Gelder für diese Schlachtsysteme verwendet werden. Statt krampfhaft den Status Quo zu erhalten, sollten wir lieber neue Wege gehen, so Remich abschließend. Fördermittel gehören umverteilt und die Rahmenbedingungen der Fleischindustrie hinsichtlich des Tierschutzes und des ArbeiterInnenschutzes dringend hinterfragt und verbessert. Der ungebremste Fleischhunger zerstört unsere Welt.“

 

Original-Pressemitteilung des VGT vom 06.07.2020

Webseite des VGT Verein Gegen Tierfabriken

 

Pressenza-Artikel zum Thema:

Joaquin Phoenix über den Zusammenhang von Fleischindustrie, Gewalt an Menschen und dem Klimawandel