Landwirt aus Merklingen muss wegen Tierquälerei ins Gefängnis

Von europaticker

Am Freitag den 15.03.2019 verurteilte das Amtsgericht Ulm einen Massentierhalter aus Merklingen Baden-Württemberg zu einer Haftstrafe von drei Jahren ohne Bewährung wegen hunderter Fälle von Tierquälerei, besonderer Grausamkeit und Misshandlung der Tiere aus Profitgier. Das Urteil ist das erste seiner Art in der bundesdeutschen Justizgeschichte.

Der Stall war 2016 von SOKO Tierschutz aufgedeckt worden und offenbarte ein Bild des Schreckens. Die von SOKO-Chef Mülln bei Nacht und mit versteckter Kamera geheim aufgenommenen Videos zeigen sterbende, verwahrloste Tiere, Haufen mit schlimm zugerichteten toten Tieren, hunderte, schwer verletzte Schweine und das brutale Töten der Tiere mit einem Vorschlaghammer. Ermittlungen der Polizei belegten zudem, dass der Stall massiv und über Jahre überbelegt war und dadurch massiver Kannibalismus und Todesraten von über 20 % ausgelöst wurden.

„In dem Stall herrschte das pure Grauen, selbst in 26 Jahren als Tierschutzermittler, habe ich weltweit nichts Vergleichbares gesehen“, berichtete SOKO-Ermittler Friedrich Mülln dem Gericht. Der Stall, dessen Fleisch EU weit im Handel war, schmückte sich mit diversen Fleischsiegeln wie Qualität aus Baden-Württemberg, QS und der Initiative Tierwohl.

Massives Versagen der Behörden

Der Fall legte auch das massive Versagen der Behörden offen. Diese gaben vor Gericht an, eine 50 m lange Halle mit hunderten, verletzten Schweinen direkt neben dem Hauptstall über Jahre „übersehen“ zu haben und wollten von der Tierquälerei und den bis zu dreimal zu hohen Tierbeständen nichts mitbekommen haben. Die Zeugen von SOKO Tierschutz und Polizei gaben hingegen an, „dass selbst ein Blinder diesen Stall hätte finden müssen“.

Die Vernehmung der Amtsveterinäre zeichnete auch darüber hinaus ein erschreckendes Bild einer Behörde, die den Verdacht auf Unfähigkeit und sogar Korruption nährt. Einerseits arbeitete der Tierquäler neben der Haltung tausender Schweine selbst wenige Büros weiter im Landratsamt, anderseits verfügte die Behörde nicht einmal über Geräte zur Überprüfung der Stallluft, die selbst bei den Tierschützern zur Standard-Ausrüstung gehören und innerhalb von Sekunden beweisen konnten, dass die Luft in dem Stall toxisch und für die Tiere gefährlich war.

Urteil von Ulm als Chance auf Zeitenwende

In der Urteilsbegründung übte der Richter massive Kritik an der Verquickung der Behörden mit der Massentierhaltungsindustrie, dem institutionalisierten Rechtsbruch in der Branche und sprach von einem rechtsfreien Raum, der von juristischer Verantwortung beraubt, Tierquälerei aus Profitstreben verursacht. SOKO Tierschutz begrüßt das Urteil ausdrücklich und sieht darin die Chance auf eine Zeitenwende, um den rechtsfreien Raum in den Ställen endlich zu beenden:

„Bisher wurde jedes Verfahren gegen Tierquälerei in der Massentierhaltung eingestellt oder mit Mini-Bußgeldern ad acta gelegt. Das Urteil von Ulm ist ein Zeichen, das die Branche erschüttern wird, denn es berührt Rechtsbrüche wie die massive Überbelegung der Ställe, den Kannibalismus und Verwahrlosung schwacher Tiere, die in tausenden Ställen Alltag sind. Es bleibt zu hoffen, dass mehr Richter den nötigen Mut aufbringen, das deutsche Tierschutzgesetz endlich anzuwenden und damit dem Wildwuchs in der Tierhaltung ein für alle mal klar zu stellen, dass die Schonzeit vorbei ist und Tiere in Deutschland Rechte haben.“

Der Originalartikel kann hier besucht werden