Auch wenn damit nicht die Welt gerettet worden wäre – die Lebens- und Arbeitsumstände vieler Menschen hätten ein wenig verbessert werden können: mit einem starken Lieferkettengesetz in Europa. Es hätte ein Sandkorn ins Getriebe verantwortungsloser Megakonzerne geworfen. Doch anstatt eines Sandkorns ist es ein weiterer Tropfen Öl fürs geschmeidige Weiterausbeuten von Mensch und Natur: Die EU entschied sich am 13. November 2025 für die Verwässerung der EU-Lieferkettenrichtlinie CSDDD (Corporate Sustainability Due Diligence Directive). Friedrich Merz und Parteikolleginnen als verlässliche Partnerinnen des Großkapitals und der Unternehmer*innenverbände spielen einmal mehr das Mantra der Wachstumsideologie aus, mit dem Versprechen, die deutsche Wirtschaft zum Laufen zu bringen. Diesem Ziel stehe das Lieferkettengesetz im Weg – vordergründig wegen des von Unternehmen beklagten hohen Bürokratieaufwands. Ohne die im Gesetz festgeschriebenen Berichtspflichten lässt sich jedoch nun schwieriger kontrollieren, ob Unternehmen ihren Sorgfaltspflichten bei Umweltschutz und Menschenrechten nachkommen.

Die beschlossene Aufweichung des Lieferkettengesetzes im EU-Parlament legt offen, wo die Interessen und das Abstimmungsverhalten von Konservativen und Rechten deckungsgleich sind: bei der Wirtschafts-, Migrations- und Sicherheitspolitik und dem Rückbau von Sozialstandards. Sie stellt auch klar: Konservative stellen Unternehmensinteressen über die Abgrenzung zu Faschist*innen. Was uns das jedoch vor allem vor Augen halten sollte, ist: Wenn Ultrarechte und Konservative in Europa miteinander kooperieren, hat das konkrete negative globale Auswirkungen.

Alles, worauf sich die Fraktionen in neokolonialer Manier geeinigt haben, steckt in deutschen Importen: Zwangsarbeit, Kinderarbeit und fehlende Sicherheitsstandards am Arbeitsplatz, gesundheitsgefährdende, in der EU verbotene Pestizide und ungebremster Raubbau an der Natur – wo einst Primärwald stand und Menschen lebten, sind heute ganze Landstriche zu Wüsten oder Abauflächen für Monokulturen geworden. Es braucht nicht viel Fantasie, um sich vorzustellen, wie sich die mörderischen Arbeitsbedingungen auf das Leben von Arbeiter*innen auswirken. Tragödien, wie der Einsturz der Textilfabrik Rana Plaza in Bangladesch im Jahr 2013, belegen das eindrücklich. Eine weitere katastrophale Realität ist die Vertreibung bäuerlicher und Indigener Gemeinschaften und die Vernichtung ihrer Ernährungsautonomie durch Landraub im großen Stil.

Das (noch) geltende Lieferkettengesetz trägt den Stempel unermüdlicher Arbeit von Akteurinnen der Zivilgesellschaft mit ihren Forderungen an die politisch Verantwortlichen, endlich wirksam gegen die zahllosen Menschenrechtsverletzungen in den globalen Lieferketten vorzugehen. So würden Betroffene in ihren zahlreichen Kämpfen, die sie gegen Konzerne und zur Verteidigung ihrer Lebensgrundlagen immer wieder führen, gestärkt werden. Die Wirksamkeit der Überbleibsel des Gesetzes ist nun mehr als fraglich. Nach all den gescheiterten Debatten um gerechte Lieferketten in der EU, bleibt die Frage: Was jetzt? Während Machthaberinnen wie Friedrich Merz durch die Welt reisen und sich danach freuen, „in das schönste Land der Welt“ zurückzukehren, kümmern sich einige Regierungen des Globalen Südens selbst um die Bekämpfung des Klimawandels, die Verbesserung der Arbeitsbedingungen und zeigen zum Beispiel in Brasilien wie Faschisten inhaftiert und die Demokratie verteidigt werden. Lasst uns also nicht länger auf leere Versprechen warten, sondern anerkennen, dass viele Antworten schon von progressiven Regierungen im Globalen Süden entwickelt und umgesetzt werden.

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