Endlich ein Sachbuch ohne hohle Wirtschaftssprache, vielmehr aus dem Wunsch geboren, gemeinsam etwas anders zu machen. Das „Praxishandbuch Selbstverwaltung“ von Elisabeth Voss spricht diejenigen an, die denken, „wir könnten ja auch anders arbeiten/wohnen“. Kollektivbetrieb, Hausprojekt – schon in der Überschrift steckt dieser Ansatz. Und das Buch nimmt sich vor, nicht Ideologie zu liefern, sondern vielmehr Werkzeug zu sein: Welche Rechtsform passt? Wie komme ich an Geld? Wie organisiere ich Gemeinschaft? Es lässt sich als Brücke zwischen Idee und Umsetzung verstehen.
Elisabeth Voss verfügt als Betriebswirtin über vielfältige Erfahrungen; sie hat einen kollektiven Handwerksbetrieb betriebswirtschaftlich geleitet, die Finanz- und Projektverantwortung in gemeinnützigen Beschäftigungsunternehmen getragen und war an der Geschäftsführung / Vorstandstätigkeit in Genossenschaften sowie Genossenschaftsentwicklung beteiligt. Ihr Buch ist deshalb kein Resultat theoretischer Annahmen, sondern das Ergebnis reicher Erfahrungen aus einer rund 40-jährigen intensiven Beschäftigung mit anderen Lebens- und Arbeitsformen und vielerlei Themen rings um alternative, solidarische, genossenschaftliche Wirtschaftsweisen.
Voss beginnt mit Anregungen zur Zusammenarbeit: Wer kommt in unsere Gruppe, wie sprechen wir miteinander, welche Erwartungen haben wir? Dann geht’s weiter zur Konzeption: „Ein Konzept erstellen“ heißt der dritte Schritt. Danach: Einstieg in die „Welt des Rechts und der Wirtschaft“, dann Rechtsformen, Genossenschaft, Gemeinnützigkeit, Buchhaltung, Steuern, Versicherungen. Zuletzt: Vertiefung Kollektivbetriebe, Vertiefung Hausprojekte und „Die Rechtsform-Entscheidung“.
Der Stil ist praxisnah, nicht akademisch hochtrabend. Und genau das macht’s: Man merkt, dass Voss nicht bloß „über“ Selbstverwaltung schreibt, sondern für Menschen, die anfangen wollen, und zwar nicht als die 08/15-Lösung für alle – jede Gründung braucht eine eigene Form. Das nimmt Druck raus, gibt Freiheit und zeigt: Rechtsformen und Finanzen sind nicht „nur“ trockene Verwaltung, sondern Elemente, die dem sozialen Miteinander dienen sollen.
Wegen der vielen konkreten Beispiele (Hausprojekte, Kollektivbetriebe etc.) können auch Laien etwas damit anfangen. Trotzdem: Einige Kapitel – zum Beispiel zu Buchhaltung oder Versicherungen – könnten für absolute Laien etwas dicht sein. Dennoch: Elisabeth Voss hat sich große Mühe gegeben, die Grundbegriffe so zu erklären, dass auch, wer sie nicht kennt, damit arbeiten kann.
Dieses Buch kann als Leitfaden dienen – wie ein Kompass für die Selbstorganisation. Ein Taschenbüchlein ist das nicht, mit seinen 480 Seiten schon eher ein Paket, und ein sehr nützlicher Begleiter für alle, die es ernst meinen mit Selbstverwaltung. Zum schnell mal Reinlesen ist das freilich nichts. Am besten sieht man sich die 48-seitige Leseprobe (mit Inhaltsverzeichnis) an, dann weiß man grob, woran man ist: https://www.thalia.de/shop/home/artikeldetails/A1075410691
Elisabeth Voss
Praxishandbuch Selbstverwaltung. Rechtsformen und Finanzierung für die Gründung von Kollektivbetrieben und Hausprojekten
Transcript Verlag, ISBN 978-3-8376-7580-1
480 S., 39 Euro









