Vergiss nicht die Zahnbürste, wenn Du nach Auschwitz fährst. Vergiss den Vater nicht und vergiss nicht, ganz nebenbei, Breslau-Dürrgoy, wo er gedient hat.
Vergiss die Brille nicht und schreib Deinen Namen auf den Koffer: Deutlich und deutsch. Schreib mit klarer Schrift, lesbar wie Hölderlin und Hegel und Hannah Arendt und Speidel, Globke, Kiesinger und Hanke.
Vergiss nicht die Leute aus Kreisau, nicht die in Sobibor, Bergen-Belsen, in Mauthausen und Majdanek, nicht die in Katyn, in Tuol-Sleng und Trawniki, nicht die im Kibbuz Beeri, in Gaza und Israel, nicht die im Gulag.
Vergiss nicht Rosa Luxemburg und Georg Elser und nicht die aus dem Warschauer Ghetto und nicht die vom Powstanie Warszawskie.
Vergiss nicht die, die im Mittelmeer bleiben morgen, nicht die Uiguren und nicht Guantanamo, nicht Stare Kiejkuty, nicht Grafeneck, die Ghettos in Griechenland und die Folterkammern weit weg von Dir heute.
Vergiss nicht die, die im Stacheldraht sterben und nicht die, die nicht reden können. Rede für sie. Und vergiss nicht, die Blumen zu gießen und Dein Land gut in Schuss zu halten.
Vergiss nicht, Deinen Schwestern und Brüdern Bescheid zu geben, damit sie rechtzeitig aufstehen und nicht zu spät kommen.
Sag allen, die heute um Ruhe bitten, dass sie laut sein müssen.
Und leg‘ eine Blume auf die Schienen nach Birkenau. Dann öffne die Fenster, lass frische Luft in die Zimmer.
Peter, vergiss mir nicht Auschwitz, nicht das Ghetto von Łódź, Sag Wutsch. Das ist der Ort, an dem Dein Vater beschäftigt war. Als Wächter.
Sag Bescheid, wenn du soweit bist.
Doch jetzt steh‘ auf und gehe.
Peter Grohmann’s „Wettern der Woche“
Peter Grohmann ist Kabarettist und Koordinator des Bürgerprojekts Die AnStifter.