Ein zwanzigjähriger Kampf der NATO unter Führung der USA endet mit einer Niederlage des mächtigen Militärbündnisses.

Die Gesamtzahl der Toten aus den Militärbereichen und aus der Zivilbevölkerung auf beiden Seiten liegt noch im Dunklen. 2 Billionen USD hat die NATO ohne humanen Sinn für beide Seiten verbrannt; Deutschland ist mit 12 Milliarden Euro dabei (Berliner Zeitung vom 3./4.6.2021). Die Gesamtkosten des Krieges auf afghanischer Seite sind noch nicht beziffert. Nutzen konnten nur die Rüstungsindustrie der Welt, die Banken u.ä. verbuchen. Es sind auch weitere Takte der Totenmesse des Kapitalismus hinzugekommen. Aber zu welchem Preis?

Lang aufgebaute menschliche Werte und Rechte wurden in Afghanistan geschunden, meinte Michael von der Schulenburg, Assistent im Bereich Konfliktregionen im Generalsekretariats der UNO. Die Zahl der Flüchtlinge ins Ausland schnellte nach oben.

Die Niederlage der NATO, die sich bei ihrer Gründung anders definierte, gibt zu denken, wenn die militärischen Ungleichgewichte betrachtet werden. Die Afghanen (Paschtunen), Tadschiken, Usbeken, sowie weitere Volksgruppen Afghanistans bilden ein stolzes Volk, dass sich schon in 2 Unabhängigkeitskriegen 1839/42 und 1879/81 gegen die englische Kolonialherrschaft gewehrt hat. Der Abzug des russischen Militärs ab Mitte der 1990-ziger Jahre erfolgte auch nicht ganz auf freiwilliger Basis.

Die Wurzeln des Konflikts gehen auf die Kolonialzeit des 19. Jahrhunderts zurück, als sich England große Gebiete einverleibt hatte. Das Empire teilte die Länder der Region nach eigener Interessenslage auf, ohne Rücksicht auf historische Grenzziehungen. Indien, Pakistan, Kaschmir, Afghanistan u.a. waren die Leidtragenden.

Seitdem herrschten in der Region über lange Zeiten Unruhen, verursacht durch ein Gemisch kolonialer Ausbeutung, religiöser Machtinteressen mit Verbindungen zum Ausland. Leidtragende war stets die Zivilbevölkerung. Die Kinder Afghanistans haben heute eine dunkle Zukunft. Die Taliban sind nur ein Teil der Probleme bei den aktuellen Auseinandersetzungen. Neben religiösen Interessen sorgt das kapitalistische System für Zündstoff. Die beiden großen Weltlager mischen im Hintergrund mit. Die Region ist geopolitisches Spielfeld durch ihre Lage an den Grenzen Russlands und Chinas.

Der Rückzug der Kampfeinheiten der USA und der NATO-Verbündeten ohne Friedensvertragliche Regelungen gibt dem Bürgerkrieg zwischen der Regierung und den Taliban freien Raum. Leid und Chaos gehen weiter. Die bürgerliche Gesellschaftsordnung stiehlt sich aus seiner Verantwortung!

Nachdem der Kapitalismus die Macht vom Feudalismus übernommen hat, musste er in seiner etwa 700-jährigen Entwicklung mehrmals tiefgehende Veränderungen hinnehmen. Sein Kolonialismus hat die Werte in den Menschengemeinschaften weltweit beschädigt und Leid verursacht. Seine faschistische Phase im 20. Jahrhundert zeigte die schreckliche Seite seines Systems mit Kriegen und Toten.

Gegenwärtig erlebt die Menschheit eine neoliberale Variante der Kapitalgesellschaft. Sie spaltete die Länder jeweils in Ober- und Unterschichten und stand 2008 erneut kurz vor einem Kollaps. Deutsche Banken und Investoren steckten mittendrin. Die deutsche Regierung spannte mit Steuergelder Rettungsschirme für die Spekulanten auf. Die neoliberalen Denker glauben, den Staat aus der Wirtschaft herausdrängen zu müssen, seine Steuerhoheit aber für eigene egoistische Zwecke nutzen zu können. Ein von Juristen und Demokraten geduldetes Lobbysystem beeinflusst die gesetzgebenden Abgeordneten und richtet die Besteuerungssätze, die Vergabe von Fördermitteln und Subventionsgelder nach den Bedürfnissen der multinationalen Konzerne, Großbanken und Fondsgesellschaften aus. Missachtet werden Verfassungsnormen, die das Eigentum verpflichtet und sein Gebrauch dem Wohl der Allgemeinheit dienen soll (Art. 14, Abs. 2). Das Lobbysystem weicht das Entscheidungsprimat der Politik auf.

Die Vorstände der großen Wirtschaftsunternehmen und der Geldinstitute organisieren in den Zeiten des Neoliberalismus die Kreisläufe ihres Rechnungswesens in Richtung Mehrung des Kapitals (Akt. G §§ 86 87), sowie auf hohe Gehälter und Boni. Die Kontrollmechanismen der Aufsichtsräte verlaufen sich in einem Dschungel juristischer Regelungen. Entscheidungsrechte in welche Richtung die Entwicklungen gehen soll, haben nur die Vorstände, sowie der Kapitalmehrheitseigner (Akt. G § 117). Läuft etwas schief, reicht immer der Verweis auf den nicht durchschaubaren Markt.

Neben subjektiven Faktoren (Politische Wunschvorstellungen, Unmoral wie Steuerflucht, Dieselskandal, Missachtung der Verfassung, Einsatz von Insekten- und Pflanzengiften, Dieselskandal, Korruption u.ä.) ist die Endphase des kapitalistischen Systems vor allem aus objektiven Gründen erreicht:

  • Der durchschnittliche Zinsertrag des vorgeschossenen Kredit-Kapitals befindet sich seit der letzten Strukturkrise auf einem sehr niedrigen Niveau.
  • Krisenursachen wirken weiterhin und sind nicht in das juristische Regelwerk des Rechtstaates eingearbeitet, wie die Ausgliederung der Investmentbereiche aus dem normalen Bankgeschäft, Kontrolle des grauen Kapitalmarktes durch die Staatsverwaltung, Sperrung der Steuerfluchtwege.
  • Das Rechtssystem in den führenden Industrieländern wird unvermindert via Lobby mit den Bedürfnissen der großen Kapitaleigner kompatibel gemacht. Eine Fachberatung der Abgeordneten ist indes objektiv erforderlich. Die Gesetzgebung benötigt Sachkompetenz.
  • Der spekulative Marktpreis bläht unvermindert das Börsengeschäft und den Wertpapierhandel auf, getrieben von der egoistischen Gewinnsucht. Kalkulationspreise existieren in der Marktwirtschaft als Ausnahme.
  • Die real notwendigen Proportionen des Verbrauchs bleiben durch Werbung aller Art und mit ständigen Wiederholungen unbeachtet. Das Wachstum wird aufgebläht, dass real nicht notwendig ist. Folgen führen zu einem umweltschädlichen Ressourcen- und Energieverbrauch. Die steigenden Abfallberge werden zu Problemen für die Kommunen und führen zur Verschmutzung der Flüsse und Weltmeere.
  • Konzentration der Wirtschaftswissenschaft auf Gewinnwirtschaftsprozesse und Vernachlässigung sozialer, klimatologischer Gesetzmäßigkeiten (s. Themen der Nobelpreise).

Was kann Afghanistan empfohlen werden? Welch Lehren sind zu ziehen?

Frieden und Verhandlungen, wie die gegenseitigen Interessen ohne Waffengewalt berücksichtigt werden können. Entwicklung von menschenwürdigen Lebensbedingungen für die Bevölkerung. Das ist ohnehin die Mission des Homo Sapiens, die mit Toleranz, Wissenschaft und Geduld erfüllbar ist.

Afghanistan braucht die Hilfe und die Solidarität aller Länder der Einen Welt. Die Finanzmittel der Militäretats bekämen einen humanen Sinn.

Die UNO mit ihrem Sicherheitsrat wäre zu fördern und mit verbindlicheren Befugnissen bei Verringerung der Bürokratie auszustatten. Ohne Frieden enden alle menschlichen Anstrengungen in Sackgassen.

Frieden auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen, verkünden die großen Religionen der Welt.