„Das Leid der Schutzsuchenden auf Lesbos ist seit Jahren Kalkül. Knapp eine Woche nach dem Brand in Moria werden die weiterhin überwiegend obdachlosen Schutzsuchenden durch massive Polizeipräsenz, Tränengas und das Vorenthalten von Wasser und Nahrung massiv unter Druck gesetzt, damit sie in das neu entstehende Zeltlager ziehen. Das ist eine Zermürbungsstrategie, um die Erschöpften dann in dem Lager besser kontrollieren zu können.
Es ist nachvollziehbar, dass einige Schutzsuchende misstrauisch sind und sich weigern, erneut in ein Lager zu gehen. Sie wollen nicht wieder eingesperrt werden. Es braucht eine grundsätzliche Neuausrichtung der EU-Flüchtlingspolitik, ein zweites Moria darf es nicht geben“, kommentiert Ulla Jelpke, innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE im Bundestag, die aktuellen Entwicklungen auf Lesbos.
Jelpke weiter: „Dass Bundesinnenminister Horst Seehofer die Aufnahme von 100 bis 150 unbegleiteten Kindern ein ‚Beispiel praktizierter Nächstenliebe‘ nennt, ist einfach nur lächerlich. Unter Verweis auf eine angeblich notwendige europäische Lösung werden die Menschenrechte von Schutzsuchenden an den EU-Außengrenzen seit Jahren mit Füßen getreten. Die Bundesregierung muss ihre Blockade endlich aufgeben und aufnahmebereiten Bundesländern und Kommunen erlauben, Schutzsuchende von den griechischen Inseln aufzunehmen. Das Feuer von Moria als eine Taktik der Lagerbewohner zu bezeichnen, die nicht durch das Gewähren von Menschenrechten belohnt werden dürfe, ist an Menschenverachtung kaum zu überbieten. Selbst wenn es einige der ehemaligen Bewohner waren, die das Feuer gelegt haben – das Aufbegehren gegen menschenverachtende Umstände ist absolut verständlich und legitim. Und das Gerede von der ausschließlichen Aufnahme unbegleiteter minderjähriger Schutzsuchender hängt mir zum Halse raus. Haben Minderjährige mit ihren Eltern oder Erwachsene, Männer wie Frauen, etwa kein Recht auf Menschenwürde?“
Pressemitteilung von Ulla Jelpke, innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE im Bundestag