Abensberg, Bayern – Am Neujahrstag hat sich ein 22-jähriger Flüchtling aus Afghanistan in der Unterkunft für Asylbewerber in Abendsberg im Landkreis Kelheim umgebracht. Er stürzte sich aus dem zweiten Stock, um seiner bevorstehenden Abschiebung nach Afghanistan zu entkommen.

Lediglich dank eines Facebook-Posts wurde der Vorfall überhaupt weiter bekannt. Vermutlich kommt dieser von einem anderen Asylbewerber, der das Geschehene aus der Nähe miterlebt hat. Der ursprüngliche Post ist in gebrochenem Englisch (und Persisch) und erklärt kurz, was geschehen war: die Polizei habe gefordert, Taher solle nach Afghanistan abgeschoben werden, woraufhin er Selbstmord beging. Nach Angaben von Augenzeugen habe er sich aus dem zweiten Stock gestürzt:

„German police demanded that Taher Rezai be returned to Afghanistan, but Taher Rezai suicided at around 12:00 last night and according to people Taher Rezai shoot him self from the second floor down to the bottom“

Bis jetzt wurde in den Medien darüber nur regional und äußerst spärlich berichtet: Idowa (Isar – Donau – Wald) schreibt kurz über die in Kelheim abgehaltene Mahnwache für den verstorbenen Taher Rezai, die unter dem Motto „Abschiebestop nach Afghanistan – gleiche Rechte für alle Flüchtlinge“ stand, ohne jedoch auf das Motiv und die drohende Abschiebung einzugehen.

Im Artikel des Wochenblatts für Kelheim wurde die drohende Abschiebung auch nicht erwähnt. Hier wird sogar zugegeben, dass Polizei und Medien „eigentlich über solche Fälle nicht berichten“ und die Abhaltung der Mahnwache für den jungen Afghanen als „merkwürdig“ bezeichnet. Immerhin wird auf die hitzige Diskussion im Internet über den Fall eingegangen, die anscheinend auch Hasskommentare wie „für Deutsche hält ja auch keiner Mahnwachen ab“ beinhaltete, und diese verurteilt.

Dass Afghanistan, entgegen der Aussagen von deutschen Politikern, kein sicheres Land ist, kann man unschwer der Reisewarnung des Auswärtigen Amtes entnehmen. Um deutsche Touristen macht man sich also Sorgen, um geflüchtete Afghanen nicht.

In einem Land, das von Parteien regiert wird, die die Wörter „christlich“ und „sozial“ in ihren Namen führen, werden junge, traumatisierte, mittellose und schutzbedürftige Menschen, die hierherkommen, weil sie überleben wollen, rücksichtslos wieder abgeschoben. Und wenn sich einer vorher umbringt, dann ist das höchst unangenehm und wird unter den Teppich gekehrt.

Es stellt sich die Frage, wie viele andere Fälle es bereits gab, über die nichts bekannt ist. Laut einer Meldung der Zeit ist die Anzahl der versuchten Selbstmorde von Asylbewerbern in Deutschland signifikant gestiegen. Wie jedoch am Beispiel Niedersachsen beschrieben wird, existieren keine gesicherten Zahlen, da nur 13 der 47 befragten Kommunen Angaben gemacht hätten.

Wenn also Medien, Politik und Gemeinden alle samt schweigen, dann ist zumindest eines sicher: Dieses Land hat ein Problem mit Menschenrechten. 

Die nächste Abschiebetermine für 2018 sind bereits geplant. Am 23. Januar soll erneut eine Sammelabschiebung nach Afghanistan stattfinden.