Das Tierärztliche Forum für verantwortbare Landwirtschaft reagiert auf die aktuelle „Milchpreiskrise“ und erklärt in einer Pressemitteilung ihre Unterstützung der Maßnahmen des Minister für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Niedersachsen Christian Meyer (Bündnis 90 / die Grünen).

Die Krise, in der sich die europäische Milchwirtschaft seit längerem befindet, spitzt sich seit der Abschaffung der Milchquote zum 1. April im Zuge der EU-Agrarreform zu. Neben Protesten von Milchbauern in Frankreich, Belgien und Dänemark demonstrieren nun auch deutsche Milchbauern mit Mahnfeuern in Ostfriesland und Trecker-Fahrten in Baden-Württemberg und Bayern. Am 01. September soll es dazu eine große Protestkundgebung in München geben.

Die Pressemitteilung des Tierärztlichen Forums geht jedoch über das aktuelle Problem des Milchpreisverfalls und die einhergehende Existenzbedrohung für europäische Milchbauern hinaus und spricht den Kern des Problems an, das nicht nur in einer verfehlten gemeinsamen Agrarpolitik der Europäischen Union (GAP) zu finden ist, sondern in einer bereits komplett globalisierten Agrarindustrie, die mit einer irrsinnigen Gier nach Profiten jegliche Kriterien wie Tierschutz, Umweltschutz und Gesundheit nicht nur von Verbrauchern, sondern allen Menschen auf dieser Erde komplett ignoriert.

Bis zu 180.000 ungeborene Kälber qualvoll im Mutterleib erstickt pro Jahr allein in Deutschland, lebensbedrohliche Antibiotika-resistente Keime aus der Massentierhaltung (siehe Bericht WHO 2014), Nitrat-Verseuchung von Grundwasser und Fischsterben in Flüssen, erhöhte Treibhausgasemissionen, Bienensterben, Rückstände des mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit krebserregenden Herbizids Glyphosat in Urin von europäischen Großstädtern und Fehlgeburten und erhöhte Krebsraten bei Kindern in Lateinamerika, wo das Herbizid massenweise auf abgeholzten und mit genmanipuliertem Soja bebauten Flächen als Futtermittel für die europäische Massentierhaltung versprüht wird, sind nur einige der vielen umwelt- und gesundheitsschädlichen Folgen dieser verfehlten und aus dem Ruder gelaufenen Politik, die inzwischen nicht mehr von gewählten Volksvertretern beschlossen, sondern mittels Lobbyismus von den Multinationalen wie Monsanto & Co. gelenkt wird.

Im speziellen richtet sich die Pressemitteilung auch an die Landwirtschaftsverbände, die weiterhin auf „Deregulierung des Marktes und Abbau von angeblich bestehenden Handelshemmnissen“, ganz in Sinne des TTIP, pochen. Dies kann nicht der richtige Weg sein und der Vorschlag von Bundeslandwirtschaftsminister Schmidt, der Milchpreiskrise mit Exporten nach Iran zu begegnen, scheint angesichts des Ernstes der Situation geradezu aberwitzig.

Laut Tierärztliches Forum für verantwortbare Landwirtschaft, dem inzwischen über 140 mutige Veterinäre & Veterinärinnen angehören, kann „nur eine regionale, für den tatsächlichen Bedarf und nicht darüber hinaus produzierende Landwirtschaft Umwelt schonend und nachhaltig sein„.

Das Forum arbeitet auch eng mit der Initiative „Ärzte gegen Massentierhaltung“ zusammen, die bereits letztes Jahr eine Protestaktion gegen den maßlosen Missbrauch von Antibiotika in der Tierhaltung und deren schwere Folgen für die Gesundheit aller Menschen gestartet hatte (laut WHO steht die Menschheit vor einem neuen post-antibiotischem Zeitalter). Unterstützt wird diese Sichtweise auch vom Wissenschaftlichen Beirat für Agrarpolitik, der in seinem Bericht „Wege zu einer gesellschaftlich akzeptierten Nutztierhaltung“ im März 2015 die Regierung in seiner Funktion als Beratungsorgan vor dem Problem warnte und die aktuelle Nutztierhaltung als „nicht zukunftsfähig“ erklärte. Bislang wurde diese Empfehlung jedoch von der Politik zumindest auf Bundesebene ignoriert.

ZDF Doku: „Tierfabrik Deutschland“

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