Die von Premierminister Viktor Orbán angeführte rechtsgerichtete Regierung Fidesz hat letzte Woche ein Gesetz zur Errichtung einer 4 Meter hohen und 155 Kilometer langen Mauer entlang der Grenze mit Ungarns südlichem Nachbarn Serbien verabschiedet, trotz Widerspruch seitens der Opposition, der Zivilbevölkerung und der Serbischen Regierung.

Orbán ist der Ansicht, die Mauer werde den Strom von Migranten eindämmen, der seit Beginn des Jahres kontinuierlich ansteigt und nun bei 1.000 Personen pro Tag angelangt ist: Flüchtlinge, die aus Afghanistan, Syrien, Irak und Eritrea kommen.

Die Summe von 32 Millionen Euro, die dafür bereit gestellt wird, beläuft sich auf das 11-fache dessen, was das Land momentan jährlich für die Bearbeitung von Asylanträgen ausgibt.

Die heutigen Proteste, an denen gut 1.500 Menschen teilnahmen, wurden von Migszol (Solidaritätsgruppe für Migranten in Ungarn) organisiert, in Zusammenarbeit mit Organisationen wie Amnesty International, dem Europäischen Netzwerk gegen Rassismus, dem Hungarian Helsinki Committee sowie anderen, darunter eine serbische Hilfsorganisation für Flüchtlinge.

Die Sprecher prangerten die Mauer an, riefen zur Solidarität mit Migranten auf und forderten von der Regierung, das Geld stattdessen für öffentliche Dienstleistungen zur Verfügung zu stellen.

„Die ungarische Regierung hat ein Talent zum Mauerbau, sie errichtet immer mehr Mauern zwischen den sozialen Schichten, sie kämpft und feuert blind aus ihrem Graben heraus. Sie zerstört die Brücken zwischen Gesellschaft und Politik, Bildung und Fortschritt. Nach all diesen symbolischen Mauern will sie nun, auf dem Gipfel ihres Zynismus (oder zumindest hoffen wir, das dies der Gipfel ist), eine echte Mauer errichten. Viktor Orbán und seine ganze Brigade, bezahlte und freiwillige Berater – wir lassen eine solche Schande nicht zu, nicht in diesem Land! Wir haben genug von Mauern, lasst uns Krankenhäuser und Schulen bauen, Wohnungen für Ungarn und Migranten zugleich!“

Die Proteste begannen auf dem Platz der St.-Stephans-Basilika in Budapest und bewegten sich dann zum Parlament, wo eine vorübergehende Mauer darauf wartete, symbolisch durchbrochen zu werden und wo die Teilnehmer die verschiedenen Reden und Musik hören konnten.

Die ungarische Regierung scheint ihre eigene Geschichte vergessen zu haben. Nicht nur, dass das Land eine lange Tradition der Aufnahme von Flüchtlingen hat, die verfolgt werden und eine bessere Zukunft suchen, man denke nur ins Jahr 1989 zurück an die Flut von Ostdeutschen, die den Fall der Mauer auslöste, sondern auch davor, als Tausende von Ungarn 1957 selber den Fängen des Kommunismus entflohen und in den Vereinigten Staaten und anderswo Zuflucht suchten.

Fotos von Anita Szeicz

Übersetzung aus dem Englischen von Evelyn Rottengatter