Das belgische Verteidigungsministerium hat eine Kampagne für 17-jährige Jugendliche gestartet, um sie zu einem einjährigen freiwilligen Militärdienst einzuladen. In dem Schreiben wird ihnen ein dynamisches und abenteuerliches Arbeitsumfeld versprochen, der Erwerb von Fähigkeiten und Erfahrungen, die ihnen ihr ganzes Leben lang nützlich sein würden, sowie ein monatliches Nettoeinkommen von 2.000 €. Ziel ist die Rekrutierung von 500 jungen Menschen im Jahr 2026, 1.000 im Jahr 2027, 2.000 im Jahr 2028. Das weitere Vorgehen ist noch nicht bekannt.
Am Samstag, dem 6. Dezember fanden im Militärkrankenhaus von Neder-over-Hembeek Informationsveranstaltungen für die Kandidaten aus der Region Brüssel statt.
Jugendliche der Plattform «Service For Peace» haben beschlossen, sich etwas Zeit zu nehmen, um mit den Bewerbern zu sprechen, ihre Motivationen kennenzulernen und ihnen andere mögliche Zukünfte zu erklären. Einige Aktivisten der Humanistischen Partei und des NATO-Überwachungskomitees sind gekommen, um sie dabei zu unterstützen.
Hier ein Auszug aus der Mitteilung von Service for Peace:
Die Plattform ist der Ansicht, dass wir die groß angelegte Werbekampagne der belgischen Armee zur Förderung des Militärdienstes und seiner angebotenen attraktiven Bedingungen (ein Nettolohn von 2.000 Euro/Monat, Übernahme medizinischer Kosten, kostenloser Transport) in Frage stellen müssen. Es ist eine Schande, dass das Einzige, was die Regierung jungen Menschen heute zu bieten hat, ein Platz in der Armee ist. Warum haben wir nicht den gleichen Ehrgeiz bei der Finanzierung von Bildung, der Förderung von Mangelberufen, dem Gesundheitssektor oder dem Sozialwesen? Wenn sich die Regierung um die Zukunft sorgt, warum investiert sie dann nicht genauso viel in das Klima? Warum ist Theo Francken (Anm. d. Red.: Verteidigungsminister in Belgien) so darauf bedacht, den Jugendlichen eine „neue Sicherheitskultur“ beizubringen?
Angesichts dieser Militarisierung der öffentlichen Meinung unterstreicht die Plattform Service for Peace die Dringlichkeit, den Frieden und die Diplomatie zu verteidigen: Menschliche Sicherheit wird vor allem durch soziale Gerechtigkeit, Bildung, Zusammenarbeit und Frieden aufgebaut. Parallel zu dieser Aktion entwickelt die Plattform mit den Jugendlichen Mittel, um den Widerstand gegen diesen „freiwilligen Militärdienst“ auszuweiten, insbesondere durch die Organisation von Phasen des Austauschs und der Debatte. Die Plattform bietet auch Mobilisierungs- und Kommunikationsmöglichkeiten sowie Möglichkeiten zur Sensibilisierung z.B. ein von jungen Menschen geschriebenes Protestschreiben, das jeder unterzeichnen kann, um der Regierung zu zeigen, dass er oder sie nicht daran teilnehmen möchte. (https://serviceforpeace.be/fr )
Aus diesen Gesprächen haben wir die Beweggründe der Bewerber für das Militär notiert:
- Wegen des Gehalts (2.000 Euro netto pro Monat)
- Zur Bewältigung von Schwierigkeiten und Schulabbrüchen
- Weil es der Gesellschaft nicht gut geht
- Um eine stabile Situation zu finden
- Für Disziplin und Ordnung in meinem Leben
- Um die Familie stolz zu machen
- Als Ehrerweisung an einen Großvater, der früher in der belgischen Armee war
- Um einen anständigen Beruf zu haben
- Um Bilanz zu ziehen, und nach einem Jahr werde ich sehen, ob ich weitermache oder wieder zur Schule gehe. Das ist die einzige Möglichkeit, dem Land zu helfen. Vorbeugen ist besser als heilen. Deshalb sollten wir in die Verteidigung und nicht in die Bildung investieren. Denn Putin wird nicht diskutieren, es ist möglich, dass er angreift. Wir sollten besser vorbereitet sein.
Auf die Frage „Würdest du lieber in einer Welt im Frieden oder in einer Welt im Krieg leben?“ war die Antwort dagegen oft dieselbe: in einer Welt im Frieden.
Das Engagement fürs Militär scheint als Ausweg aus dem Mangel an Perspektiven, der Arbeitslosigkeit und der Desinvestition in die Bildung.
Wir sind weit davon entfernt, die Motive dieser Jugendlichen zu beurteilen, aber offensichtlich verfügten sie über sehr wenig Informationen zur geopolitischen Lage und zur Geschichte. Es wurden keine ideologischen Motive genannt, sondern hauptsächlich persönliche Gründe. Die einseitige Manipulation der Informationen und die Angstbotschaft haben gewirkt.
Das Zitat «Wenn du Frieden willst, bereite den Frieden vor» hat in den Medien und im Geiste der Entscheidungsträger keinen großen Erfolg gehabt.
Silo, der Gründer des Neuen Universalistischen Humanisten, sagte in seiner Rede am 11. November 2009 in Berlin:
„Es muss dringend ein Bewusstsein für Frieden und Abrüstung geschaffen werden. Aber es ist auch notwendig, ein Bewusstsein für die Aktive Gewaltfreiheit zu wecken, um nicht nur die körperliche Gewalt, sondern jede Form von wirtschaftlicher, rassistischer, psychologischer, religiöser und geschlechtsspezifischer Gewalt abzulehnen. Natürlich streben wir danach, dass diese neue Sensibilität zu einem festen Bestandteil der gesellschaftlichen Strukturen wird und sie bewegt, um den Weg für die zukünftige Universelle Menschliche Nation zu bahnen.“
Wir waren nur wenige Demonstrierende, aber es gab auch nicht sehr viele Bewerber. Das Militär und die Polizei haben Fotos von Demonstrierenden gemacht, um ihren Vorgesetzten Bericht zu erstatten. Die Aktion verlief in Ruhe, eine Stunde lang. Alles war symbolisch, aber zutiefst notwendig.
Die Übersetzung aus dem Französischen wurde von Christine Richter vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam erstellt. Wir suchen Freiwillige!









