Das Jahr 2025 geht dem Ende entgegen und es ist Zeit, Bilanz zu ziehen, auch für die Kampagne zur Kriegsverweigerung. Unser Bericht bezieht sich sowohl auf die „italienische Front“ mit der Spendensammlung und Übergabe der Verweigerungserklärungen als auch auf die „Kriegsfronten“ mit dem aktuellen Stand von unseren Partnern in Israel und Palästina (Mesarvot, New Profile, CPT-Palestine), in der Ukraine (Ukrainische Pazifistische Bewegung), in Belarus/Litauen (Our House), in Russland (Russische Bewegung für Kriegsdienstverweigerung); dazu kommt die Netzwerkarbeit mit War Resisters’ International und dem Europäischen Büro für Kriegsdienstverweigerung (Ebco-Beoc).
Verweigerungserklärungen
Der Wind des Krieges bläst leider stark. Die europäischen Regierungen wollen, dass die Völker sich vorbereiten, und führen dazu die Wehrpflicht für junge Menschen wieder ein. Das bisher letzte Land, das diese Entscheidung traf, war Kroatien, vorangegangen waren Norwegen und Schweden. Frankreich drängt darauf, die Rekrutierung für den freiwilligen Militärdienst zu erweitern, ebenso die Niederlande. Deutschland hat ein Gesetz verabschiedet, das die – zunächst freiwillige – Rekrutierung für die Bundeswehr und die verpflichtende Einberufung, wenn die Freiwilligen nicht ausreichen sollten, vereinfacht.
Und in Italien? Die Diskussion ist offen und es ist schon davon die Rede, eine Reservetruppe zu aktivieren, um ein Modell für die selbständige militärische Verteidigung Europas zu erreichen, das die generelle Möglichkeit eines Wehrdienstes für Frauen und Männer mit dem Ziel einer zahlenmäßigen Aufstockung der Streitkräfte in Erwägung zieht. Diese Perspektive ist äußerst bedenklich. Unsere Antwort ist die Kriegsdienstverweigerung aus Gewissensgründen. Die Ablehnung, auch präventiv, an jeglicher Form der Vorbereitung auf einen bevorstehenden Krieg teilzunehmen. Ablehnung des Militärdienstes, Ablehnung der Militarisierung in den Medien, in der Kultur, in Schulen und Universitäten, Ablehnung von Rüstungsausgaben, Ablehnung der allgemeinen „Waffenpflicht”.
All dies können wir tun, und es beginnt mit der Unterzeichnung der Verweigerungserklärung.
Vom 1. März 2022 bis 15. Dezember 2023 haben wir 2.165 Erklärungen gesammelt (947 in Papierform, 1.218 über das Online-Formular), die wir dem Ministerpräsidentenamt im Palazzo Chigi übergeben haben.
Vom 1. Januar 2024 bis 18. Mai 2025 haben wir weitere 5.306 Erklärungen gesammelt (2.866 in Papierform und 2.440 über das Online-Formular), die wir am 20. Mai 2025 beim Präsidenten der Republik eingereicht haben; gleichzeitig haben wir einen Termin beantragt, um die verfassungsrechtlichen Aspekte unserer Kampagne darzulegen. Am 7. November wurde uns vom Quirinale, dem Dienstsitz des Staatspräsidenten, mitgeteilt: – dass der Präsident über unsere Initiative informiert wurde; – dass die entsprechenden Stellen unsere Sendung zur Kenntnis genommen haben; – dass die Unterschriften eingegangen sind und protokolliert wurden. Der Termin allerdings wurde nicht gewährt. Wir nehmen dies zur Kenntnis – mit Bedauern über die versäumte Chance von der höchsten Institution der Republik.
Bis heute haben wir den Institutionen insgesamt 7.471 Verweigerungserklärungen vorgelegt. Die Sammlung geht weiter; unser nächstes Ziel ist es, neue Erklärungen direkt dem Verteidigungsministerium zu übergeben. Dabei wird die Forderung nach der Einrichtung eines Registers unterstrichen, in dem alle Männer und Frauen aufgeführt sind, die den Krieg und seine Vorbereitung ablehnen und nicht zum Militär- und Waffendienst eingezogen werden können.
Von den Kriegsfronten
Israel/Palästina
Die Zerstörung Gazas hat zu einer beispiellosen Zunahme an Kriegsdienstverweigerung in Israel sowie zu einem tiefgreifenden Wandel der politischen Identität vieler Verweigerer:innen geführt. Vor dem Krieg waren Kriegsdienstverweigerer:innen eine kleine Gruppe, die von der herrschenden öffentlichen Meinung als „Verräter“ abgestempelt wurde.
Heute ist die Verweigerung kein Randphänomen mehr. Viele junge Leute wenden sich auf der Suche nach Unterstützung an das Netzwerk Mesarvot, um eine Mittäterschaft an Kriegsverbrechen zu vermeiden, und immer mehr aktive Soldaten und Soldatinnen, auch in Kampfeinheiten, bitten um Hilfe, um die Entsendung nach Gaza abzulehnen. Die Krise ist auch innerhalb der Armee sichtbar, wo die Zahl der Desertierenden, Reservist:innen und neuen haredischen (ultraorthodoxen) Wehrdienstverweigerer zunimmt, die lieber ins Gefängnis gehen, als sich an den Massakern zu beteiligen.
Das Netzwerk Mesarvot unterstützt sowohl Totalverweigerer (derzeit etwa 200) als auch selektive Verweigerer, die ausschließlich Kriegsverbrechen oder die Besetzung Gazas ablehnen – zum Beispiel Personen, die bisher Dienst geleistet haben, deren Gewissen ihnen jedoch eine sofortige Beendigung vorschreibt, und auch die ultraorthodoxen Haredim, die sich aus religiösen Gründen weigern, am Krieg teilzunehmen.
Die rechtliche, politische und emotive Unterstützung, die Mesarvot leistet, ist wesentlich für das Überleben der Bewegung der Kriegsdienstverweigernden in Israel, im Westjordanland und Gaza.
Ukraine, Russland und Belarus
In der Ukraine steigt die Zahl der verfolgten Kriegsdienstverweigerer, vor allem unter den gewaltsam rekrutierten Männern. Ein exemplarischer Fall ist Andrii Skliar, Mitglied der Siebenten-Tags-Adventisten und Kriegsdienstverweigerer, der von den Militärrekrutierern gefoltert und im November 2024 zwangsrekrutiert wurde. Sie brachen ihm die Nase, verdrehten ihm einen Finger, würgten ihn bis zur Bewusstlosigkeit. Derzeit ist er in Gefangenschaft im militärischen Übungszentrum in Desna, trotz der wiederholten Anträge auf Freilassung durch die Konferenz der Adventistenkirche in Kiew. Trotz des Drucks und der ständigen Gewaltausübung weigert sich Andrii weiter, Waffen zu tragen, den Soldateneid zu schwören, die Uniform anzuziehen. Und wie ihm geht es vielen anderen, die von der Ukrainischen Pazifistischen Bewegung und insbesondere von ihrem Sekretär Yurii Sheliazenko, der ebenfalls vor Gericht steht, weiterhin sowohl mit öffentlichen Erklärungen als auch auf rechtlicher Ebene verteidigt werden.
In Russland weigern sich Tausende junger Leute, Wehrdienst zu leisten und an die ukrainische Front zu gehen, wofür sie Verfolgung, Haft oder Exil in Kauf nehmen. Die Bewegung für Kriegsdienstverweigerung in Russland (StopArmy) leistet ihnen Rechtsbeistand. Die Unterstützung für Verweigernde aus Gewissensgründen in Russland fordert den Militarismus heraus. Die Bewegung bittet uns um Hilfe, um die Arbeit im Exil fortsetzen zu können und die Kapazitäten für Kommunikation und Advocacy mit den nationalen und europäischen Institutionen zu verstärken.
In Litauen setzen Our House und Olga Karach ihre Arbeit für belarussische Kriegsdienstverweigerer Tag für Tag fort. Seit unserer Mission im Sommer nach Vilnius unterstützen wir die Verbreitung der Geschichten und die Verteidigung in einigen kritischen Fällen, darunter dem von Hleb Smirnou, Kriegsdienstverweigerer und Programmierer. Nachdem er an den Protesten in Belarus 2020 teilgenommen und die Repression dokumentiert hatte, floh er nach Litauen, das ihn als „Bedrohung für die nationale Sicherheit“ einstufte. Drei Jahre lang quälte ihn das System: Er verlor seine Blue Card und damit das Recht zu arbeiten. Ihm droht die Abschiebung – was angesichts seiner Beteiligung an den Protesten lebensgefährlich für ihn wäre. Diese Jahre verbrachte er ohne Dokumente, ohne Wohnung, ohne medizinische Unterstützung und versuchte, mit illegalen Gelegenheitsjobs zu überleben. Von einer privilegierten beruflichen Position wurde er an den extremen Rand der Gesellschaft gedrängt. Die Entscheidung über seinen Asylantrag wird sehr bald erwartet. Wir befürchten, dass die Erfolgschancen fast bei null liegen. Wir haben weitere 101 ähnliche Fälle untersucht und müssen auf Litauen Druck ausüben, damit ihnen ein rechtlicher Status oder mindestens Asyl gewährt wird, das es ihnen ermöglicht, normal zu leben und dann, wenn möglich, in andere EU-Länder zu gehen.
Spendensammlung und -verwendung in Italien
Bis heute hat die Kampagne 106.563 € von Einzelpersonen und Gruppen gesammelt; die Spenden gingen auf eigene Initiative per Überweisung ein oder wurden bei Veranstaltungen oder an den Tischen für die Unterschriftensammlung geleistet.
Ein Teil dieser Spenden wurde wie folgt verwendet:
5.023 € in der Ukraine zur Unterstützung für den Rechtsbeistand der Kriegsdienstverweigernden und für humanitäre Hilfe;
4.000 € zur Unterstützung der russischen Kriegsdienstverweigerer;
7.840 € für Our House in Litauen zur Unterstützung der Rechtskosten für belarussische Kriegsdienstverweigerer;
3.070 € für Mesarvot und CPT-Palestine;
5.000 € für die Anwaltskosten der israelischen Kriegsdienstverweigerer:innen, die derzeit überwiesen werden;
25.213 € wurden eingesetzt für die beiden Friedensmissionen in der Ukraine 2022 (Friedenskarawane und rechtliche Mission von RA Canestrini), für die beiden Touren in Italien 2023 (3 Vertreterinnen der Kriegsdienstverweigerer in Russland, Ukraine und Belarus) und 2024 (mit 4 Vertretern der israelischen Kriegsdienstverweigerer und palästinensischen Widerstand Leistenden), für die Friedensmission in Litauen (Treffen mit Our House und belarussischen Kriegsdienstverweigerern) und für die Organisation von Informationsinitiativen zur aktuellen Situation der Verweigernden in den verschiedenen Ländern mit Berichten von Betroffenen.
5.725 € wurden für die Kommunikation und Verbreitung der Kampagne selbst verwendet, und 6.000 € wurden in diesen drei Jahren für die Koordinationsarbeit, Sekretariat, Organisation verwendet.
Im Solidaritätsfonds der Kampagne bleiben 47.328 €, die nicht ausreichen, um die Projekte 2026 zu decken. Diese belaufen sich auf 100.000 €, um die uns unsere Partner der Gewaltfreiheit in Israel/Palästina sowie in Ukraine/Belarus/Russland gebeten haben, auch um ihre Organisationen zu unterstützen (Druck, Fahrten, Miete der Büros, Geräte und Kommunikation usw.), da sie häufig unter extremen Bedingungen arbeiten.
Gewaltfreiheit hat ihren Preis – doch er ist unermesslich geringer als der des Krieges
Auch du kannst etwas beitragen: mit einer Überweisung auf das Konto IBAN IT35 U 07601 117000000 18745455, Movimento Nonviolento, Zahlungsgrund „Campagna Obiezione alla guerra“ (Kampagne Kriegsdienstverweigerung). Danke!
Wir müssen also weitere 50.000 € sammeln, um die Bewegungen für Gewaltfreiheit in Russland, Belarus, Ukraine, Israel und Palästina in ihrer Arbeit zu unterstützen, um Kriegsdienstverweigernden und Desertierenden der betreffenden Länder Rechtsbeistand zu garantieren, um Friedens- und Solidaritätsmissionen mit den Kriegsopfern zu organisieren, um Aktivistinnen und Aktivisten der Gewaltfreiheit, die vom Konflikt betroffen sind, in Italien aufzunehmen, sowie die Arbeit der Berichterstattung und Information fortzusetzen.
Übersetzung aus dem Italienischen von Annette Seimer vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam. Wir suchen Freiwillige!









