Niemand braucht in unserem Land Angst zu haben. Egal woher er kommt, egal was sie glaubt, wie gesund er ist, wie er aussieht, wen sie liebt, sagen die Propheten. Schön wär’s. „Is aber Illusion“, sagt meine Omi Glimbzsch aus Zittau, und: Höchste Zeit, von den schönen Träumen Abschied zu nehmen.
Komm ins offene, Freund.
Richtig, in Dresden sind es 35.000, alles Menschen, die vier Stunden aushalten, zuhören, laut sind mit Kind und Kegel und mit MigrantInnen durch die Stadt laufen – sei a Mensch. Das wär‘ jeder Stadt zu wünschen, selbst dem heimgebildeten Stuttgart.
Die andere Seite der Medaille könnt‘ sein, dass die Löschfahrzeuge nicht durchkämen, wenn’s mal brennen sollte. Klar, von Zeit zu Zeit brennt ’s jetzt schon mal – da ein Asylentenheim, dort eine Wohnung türkischer Nachbarn. Hin und wieder fällt auch ein Brandsatz in eine Kneipe, einen Laden, mal werden die Schrauben der Antifa-Autos gelockert, mal die Schaufester des designierten SPD-Kandidaten eingeschmissen – und immer öfter gibt’s auch paar in die Fresse. Anzeige Fehlanzeige, bringt nichts weiter im Alltag, Polizei guckt links.
Und ja, es gibt auch Dutzende Tote, hunderte, wenn man in Jahren rechnet. Häufig schnell mit Schleife beiseite gelegt in die großen Gräber des Gedenkens mit einem Kranz von Maaßen. Nebenbei mausern sich rechte Medien meisterlich unbeachtet und kippen fuhrenweise rechtsradikalen Müll unter die Massen. Wer’s glaubt, wird selig. Viele.
In der großen Sachsenfrage sagen 42 % ungefragt die Wahrheit – sie finden, dass die AfD in die nächste heimische Regierung rein muss. Weiteren 25% ist das piepegal. Nu gut, werden Sie sagen, 67 %. Was willste da machen?
S‘ brennt, Briderli, s‘ brennt! Anders als bei den Klimaklebern seligen Angedenkens könnten’s die Brummis der Bauern sein, die die freie Fahrt für freie Bürger behindern. Oder aber neue rechtsradikale Rechte, die erfolgversprechend die Auslieferung des Spiegel-Magazins behindern: Heute Spiegel, morgen Stern. Und übermorgen wird die TAZ gestürmt. Ne, nicht übertrieben.
Ich hab‘ Euch doch schon vor 20, vor 30 Jahren gewarnt, Leute! Und das hat jetzt echt nix mit Pessimismus zu tun, sondern mit einem gesunden Sinn für Realitäten. Auf die Realitäten, sagt der Feuermelder, muss man sich einstellen. Ich würd‘ mir auf die Schenkel klatschen vor Freude bis es rot wird, wenn ich endlich mal wieder richtig Unrecht hätte.
Demokratie ist kein Wohlfühlprogramm, bei dem man eben mal zu einem andren Sender zappt. Im demokratischen Frühling müssen wir dringend unsere Gedanken an die frische Luft lassen und zum Weiterdenken einladen:
Widerrede jetzt! Flagge zeigen, zur Revolte ermuntern, nachdenken (vorher), musizieren, demonstrieren. Lokale Nachbarschaften pflegen. Politik selber machen und Löschwasser bereitstellen. Für die Demokratie ist nichts so gefährlich wie Gleichgültigkeit. Augen auf.
Peter Grohmann’s „Wettern der Woche“
Peter Grohmann ist Kabarettist und Koordinator des Bürgerprojekts Die AnStifter.