Am Sonntag, 29. Oktober sind alle in Riace, alle in dem Dorf des Friedens, alle in dem Dorf, in dem die Utopie dank eines Mannes, eines Bürgermeisters, einer Vision, eines Projekts Wirklichkeit wurde. Utopie, ein wunderschönes Wort, das Thomas Morus 1516 als Titel seines Buches prägte („Utopia“ eben). Aber woher kommt dieses Wort? Was ist sein Ursprung? Der Begriff soll von «eu», was auf Griechisch gut bedeutet, und «topia» von «topos», was auf Griechisch Ort bedeutet; also „guter Ort“, wenn wir diese Version akzeptieren.

Ja, Riace ist der «gute Ort», ist der Ort, an dem die Menschheit einen Traum verwirklicht hat, den Traum aller Menschen guten Willens, der Friedensstifter, derer, die glauben, dass es keinen Frieden ohne Gerechtigkeit gibt, aber auch, dass es keine Gerechtigkeit ohne Frieden gibt (wie uns die Ereignisse rund um den jüngsten Krieg zwischen Israel und Palästina zeigen).

Eine große Gruppe von Hunderten von Menschen sind aus ganz Kalabrien und noch weiter her gekommen: einfache Leute, aber auch bekannte Persönlichkeiten wie Luigi De Magistris (ehemaliger Bürgermeister von Neapel), Pater Alex Zanotelli, Marta Bonafoni (vom nationalen Sekretariat der PD) und Mario Oliverio (ehemaliger Gouverneur von Kalabrien). Alle mit der einzigen Absicht, sich um den ungehorsamen Mimmo Lucano, den Bürgermeister des Unmöglichen, zu scharen und ihm nahe zu sein, um mit ihm zu feiern – so wie wir uns zur Zeit der schändlichsten Anschuldigungen (kriminelle Verschwörung) und der gegen ihn in erster Instanz verhängten Strafe (13 Jahre und zwei Monate) um ihn scharten, denn die Freunde, die echten, sind bei dir „in Freude und Schmerz“, „in guten und in schlechten Zeiten“.

Um 15 Uhr beginnt auf dem kleinen Platz des globalen Dorfes eine Debatte über den Berufungsentscheid, der Mimmo zu nur 18 Monaten wegen Amtsmissbrauchs verurteilte; alle Anwesenden, auch der Angeklagte, hätten lieber einen vollständigen Freispruch gehabt, aber so ist es auch in Ordnung. Mimmo Lucano wiederholt mit Kraft und Mut: „Ich bereue es nicht, ich würde alles wieder tun“ und fügt dann einen Schmerzensschrei hinzu: „Ich möchte diesen Tag dem palästinensischen Volk widmen und all dem, was aus Gaza kommt, all dieser Gewalt. Die Botschaft des Friedens ist, dass sie das beenden müssen, denn da sind unschuldige Opfer und Kinder, die sterben“.

Palästinensische Flaggen beginnen zu wehen, darunter die von Omar Sileiman von der palästinensischen Gemeinde in Neapel, und der Schrei des Schmerzes wird zur Hoffnung, dass der Frieden in Palästina, in der Ukraine, in Bergkarabach, im Jemen und überall wieder siegen wird. Mimmo Lucano will an seinem Appell vom 16. Oktober festhalten: „Wir sind bereit, in den Häusern des globalen Dorfes Riace Kinder, Frauen, Männer, unschuldige Opfer des Krieges im Nahen Osten und aller Kriege der Welt aufzunehmen.“

Rundherum ist so viel Fröhlichkeit fühlbar; so viele Frauen, so viele Männer, so viele Kinder, so viele junge Menschen, die schreien, spielen, reden, diskutieren, aber vor allem hoffen, dass Riace eines nicht allzu fernen Tages wieder „das Dorf des Willkommens, das Dorf des Ankommens und des Aufbruchs, aber vor allem der Ort, an dem wir als Geschwister zusammen sein können“, sein wird. Jesus sagt im Matthäus-Evangelium (25,31-46): „Wahrlich, ich sage euch: Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan“. Wir wissen nicht, ob Mimmo Lucano gläubig ist oder nicht, und ehrlich gesagt spielt das auch keine Rolle, aber wir alle wissen, dass er einer der besten Interpreten der christlichen Botschaft gewesen ist, dessen Erbe wir eifersüchtig hüten und an die kommenden Generationen weitergeben müssen.

Übersetzung aus dem Italienischen von Domenica Ott vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam erstellt. Wir suchen Freiwillige!