Friedensinitiativen nehmen zu, und das ist eine gute Nachricht. Es ist offenkundig, dass die Notwendigkeit, die Richtung zu ändern, in die sich die Ereignisse entwickelt haben, immer spürbarer wird, aber jede neue und wichtige Initiative muss von einer tiefgründigen Überlegung ausgehen, die klar definiert, welche Ziele und Instrumente man braucht, um sie zu erreichen.

Der Auszug aus Silos Rede in Berlin im Jahr 2009 beim Gipfel der Friedensnobelpreisträger bietet wichtige und maßgebliche Anregungen für diese Überlegungen.

„Wir wissen genau, dass die gegenwärtige Situation in allen Breitengraden äußerst kritisch ist und durch die Armut weiter Regionen, die Konfrontation zwischen den Kulturen sowie durch Gewalt und Diskriminierung geprägt ist, die das tägliche Leben großer Teile der Bevölkerung vergiftet. Heutzutage gibt es an zahlreichen Orten bewaffnete Konflikte, und gleichzeitig befindet sich das internationale Finanzsystem in einer tiefgreifenden Krise. Zu all dem kommt die wachsende nukleare Bedrohung hinzu, die letztlich die höchste Dringlichkeit der Gegenwart darstellt. Das ist eine äußerst komplexe Situation. Zu den unverantwortlichen Interessen der Atommächte und dem Wahnsinn gewalttätiger Gruppen mit möglichem Zugang zu nuklearem Material kleinerer Größenordnung müssen wir das Risiko eines möglichen Unfalls hinzuzählen, der einen verheerenden Konflikt auslösen könnte.

Hierbei handelt es sich nicht um die Summe einzelner Krisen sondern um ein Gesamtbild, das vom globalen Scheitern eines Systems zeugt, dessen Handlungsweise Gewalt und dessen zentraler Wert das Geld ist.

Um eine atomare Katastrophe zu verhindern, die unsere mehr oder weniger unmittelbare Zukunft zu bedrohen scheint, müssen wir eben heute an der Überwindung der gesellschaftlichen und persönlichen Gewalt arbeiten und gleichzeitig folgendes fordern: 

  1. weltweite nukleare Abrüstung.
  2. den sofortigen Rückzug der Invasionstruppen aus den besetzten Gebieten.
  3. die schrittweise und proportionale Abrüstung der Massenvernichtungswaffen.
  4. die Unterzeichnung von Nichtangriffsabkommen zwischen den Staaten.
  5. die Verzichtleistung der Regierungen auf den Einsatz von Kriegen als Mittel der Konfliktlösung.

Es ist vordringlich, ein Bewusstsein für Frieden und Abrüstung zu schaffen, aber es ist auch notwendig, ein Bewusstsein für aktive Gewaltfreiheit zu wecken, das uns erlaubt nicht nur physische Gewalt abzulehnen, sondern auch jegliche Formen von wirtschaftlicher, rassischer, psychologischer, religiöser und geschlechtsspezifischer Gewalt. Natürlich streben wir danach, dass diese neue Sensibilität zu einem festen Bestandteil der gesellschaftlichen Strukturen wird und sie bewegt, um den Weg für die zukünftige Universelle Menschliche Nation zu bahnen.

Jede tatsächliche und mögliche Veränderung beginnt mit dem Verständnis, dass der Krieg nicht nur ein Vorfall ist, sondern Ausdruck eines „Systems, dessen Handlungsweise Gewalt und dessen zentraler Wert Geld ist.“ Frieden ist deshalb nicht möglich, ohne den Neoliberalismus zu hinterfragen, der auf der Kontrolle des Gemeinwohls durch einige wenige und auf der Denkweise der Herrschaft über andere beruht.

Eine echte, nicht nur „kosmetische“ Veränderung wird nur möglich sein, indem das menschliche Leben zum zentralen Wert wird und nicht Geld, Gott, das Land, der Staat oder irgendein anderes Wesen. Es ist von grundlegender Bedeutung, dass jede neue Bewegung, die nach Frieden strebt, die aktive Gewaltfreiheit als Handlungsweise wählt und die Grenze zwischen dem Bereich des Humanismus und dem des Antihumanismus klar definiert.

Nicht über einem Menschen und kein Mensch unter einem anderen!

Die Übersetzung aus dem Französischen wurde von Doris Fischer vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam erstellt. Wir suchen Freiwillige!