Im Zuge der westlichen Sanktionen hat die Schweizer Regierung bis heute mehrere Milliarden Franken von russischen Staatsbürgern eingefroren. Dies hatte nicht nur einen Vertrauensverlust der anderen Anleger zur Folge, sondern auch Kritik aus den USA, die der Schweiz vorwerfen, eine zu lasche Sanktionspolitik in Bezug auf Russland zu verfolgen. Die Schweizer machen inzwischen jedoch deutlich, dass sie keine zusätzlichen russischen Vermögenswerte blockieren wollen.

Von Alexander Männer

Die Schweiz gilt wegen ihrer Neutralität und ihrem lukrativen Geschäftsmodell im Bankensektor bei den Anlegern aus aller Welt eigentlich als eine sichere Unterkunft für ihr Geld. Doch angesichts Ukraine-Krieges und im Zuge westlichen Sanktionspolitik rückte die politische Führung der Schweiz den neutralen Status ihres Landes in den Hintergrund und hat sich den antirussischen Wirtschaftsbeschränkungen angeschlossen.

Die Regierung in Bern hat so russische Vermögenswerte in einem Umfang von 7,5 Milliarden Franken (etwa acht Milliarden US-Dollar) blockiert. Außerdem soll die Schweizer Bank Credit Suisse mehr als ein Drittel der in der Schweiz registrierten russischen Guthaben – 17,6 Milliarden Franken beziehungsweise knapp 19 Milliarden Dollar – gesperrt oder eingefroren haben.

Infolgedessen ist die Schweiz jedoch in eine sehr komplizierte Lage geraten: Zum einen haben zahlreiche chinesische Anleger aufgrund der Schweizer Sanktionen nun Bedenken, mit den Schweizer Banken zu kooperieren. Zum anderen werfen die USA der Schweizer Regierung vor, eine angeblich noch zu lasche Sanktionspolitik gegenüber Russland zu verfolgen und drängen sie zur weiteren Eskalation in dieser Angelegenheit.

Die Rede ist von dem US-amerikanische Botschafter in Bern, Scott Miller, der von den Schweizern ein härteres Vorgehen im Hinblick auf Russland fordert und das Staatssekretariat für Wirtschaft, die SECO, (ein Kompetenzzentrum des Bundes für alle Kernfragen der Wirtschaftspolitik – Anm. d. Verf.) diesbezüglich inzwischen deutlicher kritisiert. Diese Behörde tue nicht genug und ohnehin seien Sanktionen „nur so stark wie der politische Wille dahinter“, erklärte Miller im vergangenen Monat in einem Interview mit der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ).

Ihm zufolge hat die Schweiz nicht genügend russische Vermögenswerte blockiert und sie könnte, zusätzlich zu den bereits eingefrorenen 7,5 Milliarden Franken, „50 bis 100 Milliarden“ blockieren. Dazu betonte Miller auch, dass Länder, die sich bei der Konfiszierung russischer Gelder nicht engagierten, mit Druck rechnen müssten.

SECO will keine zusätzlichen Vermögenswerte blockieren

Die Regierung in Bern sieht das offenbar anders und lehnt die  Forderung des US-Botschafters, zusätzliche Guthaben von Russen zu blockieren, ab. Wie die Direktorin der SECO, Helene Budliger Artieda, am Dienstag gegenüer der NZZ erklärte, fehle der Nachweis, dass die besagten zusätzlichen Vermögenswerte unter die Sanktionen fallen. „Die Zahl von 50 bis 100 Milliarden Franken wurde zunächst als mögliche Schätzung der russischen Gelder unter Verwaltung verbreitet, aber es handelte sich nicht um eine Schweizer Schätzung. Nicht alle Russen sind von den Sanktionen betroffen, sondern nur eine kleine Minderheit“, so Budliger Artieda.

Die Beamtin geht definitiv nicht davon aus, dass die Schweizer Regierung Druck auf die Finanzinstitute des Landes ausüben wird, damit diese keine russischen Kunden mehr bedienen. Sie betonte: „Wir schreiben keiner Bank oder Firma vor, mit wem sie Kundenbeziehungen unterhalten darf“.

Auf die Frage, ob die eingefrorenen Vermögenswerte beschlagnahmt werden könnten, um den Wiederaufbau der Ukraine zu finanzieren, wies Budliger Artieda auf frühere Erklärungen der Schweizer Behörden und erläuterte, warum ein solcher Schritt gegen die Eigentumsrechte in der Schweiz verstößt: „Die Beschlagnahmung von privaten Vermögenswerten ist in der Schweiz nicht zulässig, wenn die Vermögen rechtmäßiger Herkunft sind und keinen nachgewiesenen kriminellen Hintergrund haben. Ihre Beschlagnahmung würde der Bundesverfassung und der geltenden Rechtsordnung widersprechen und die internationalen Verpflichtungen der Schweiz verletzen.“

Angesichts des politischen Drucks aus Washington bleibt die Situation für die Schweiz auch im Hinblick auf die Probleme im Bankensektor weiter sehr schwierig. Dort sind die Schweizer Großbanken UBS und die von ihr aufgekaufte Credit Suisse wegen möglicher Verstöße gegen Sanktionen vor wenigen Wochen in den Fokus von US-Ermittlungen geraten. Die Mitarbeiter dieser Kreditinstitute werden verdächtigt, „russischen Oligarchen“ bei der Umgehung von Sanktionen geholfen zu haben, weshalb die Verantwortlichen dieser Banken nun vor dem US-Justizministerium diesbezüglich aussagen sollen, berichtete die Handelszeitung.

Mit seinen Ermittlungen versuche die US-Behörde herauszufinden, so die Handelszeitung, welche Bankangestellten mit sanktionierten Kunden zu tun hatten und wie diese Kunden in der Vergangenheit überprüft worden sind. Diese Bankangestellten und Berater könnten dann Gegenstand weiterer Ermittlungen sein, um mögliche Gesetzesverstöße festzustellen, heißt es.

Der Originalartikel kann hier besucht werden