Hunderte Menschen folgten am Samstag der Einladung der „Plattform für eine menschliche Asylpolitik“ zur musikalischen Kundgebung gegen rechts am Wiener Karlsplatz. Die Redner*innen sparten nicht mit Kritik an FPÖ und ÖVP und forderten ein breites Bündnis der Zivilbevölkerung.

Von Moritz Ettlinger

Läuft alles nach Plan, sind es noch etwa eineinhalb Jahre, bis die nächste Nationalratswahl 2024 in Österreich stattfindet. Würde allerdings schon in den kommenden Wochen gewählt, hätte die rechtsradikale FPÖ wohl gute Chancen auf den ersten Platz. Alle bundesweiten Umfragen der letzten Wochen und Monate weisen die Freiheitlichen auf Platz 1 aus, die aktuellste von Unique Research im Auftrag des „profil“ sieht die Partei von Herbert Kickl gar bei über 30 Prozent – mit Respektabstand auf SPÖ und ÖVP auf den Rängen 2 und 3.

Dass der Zuspruch für die FPÖ nicht nur in Umfragen, sondern auch bei tatsächlichen Wahlen ansteigt, zeigt nicht zuletzt das Ergebnis der Landtagswahl in Niederösterreich Ende Jänner, als die Freiheitlichen unter Udo Landbauer fast zehn Prozentpunkte dazugewannen und sich mit 24 Prozent der Stimmen auf Platz 2 schoben. Arbeitsübereinkommen mit der Volkspartei inklusive, wie am Freitag bekannt wurde.

„Love Music. Fight Fascism“

Um dem etwas entgegenzusetzen, lud die „Plattform für eine menschliche Asylpolitik“ am Samstag zur musikalischen Kundgebung auf den Wiener Karlsplatz. Unter dem Motto „Love Music. Fight Fascism“ protestierten hunderte Teilnehmer*innen gegen die Regierungsbeteiligung der FPÖ in Niederösterreich, die rechte Politik der ÖVP und den drohenden Aufstieg der Freiheitlichen im Bund. Laut Veranstalter*innen waren über tausend Menschen vor Ort, die Polizei sprach von rund 500 Teilnehmer*innen.

Zahlreiche Musiker*innen, Menschenrechtsaktivist*innen und Politiker*innen folgten dem Aufruf zur Kundgebung, die um kurz vor 15 Uhr mit den Trommeln von „Samba Attac“ eröffnet wurde. Nach der Begrüßung durch Erich Fenninger, Sprecher der” Plattform für eine menschliche Asylpolitik”, folgten verschiedenste Redebeiträge und Kurz-Konzerte. “Wir lieben Musik – wenn sie nicht aus Naziliederbüchern stammt“, gab Tanja Wehsely, Geschäftsführerin der Volkshilfe Wien, das Motto für den Nachmittag aus.

„System der sozialen Ungerechtigkeit bekämpfen“

Die Schuld für die Erfolge der rechten Parteien wurde dabei nicht in erster Linie bei den Wähler*innen selbst gesucht. „Wer Rassismus bekämpfen will, muss das System der sozialen Ungerechtigkeit genauso bekämpfen“, sagte etwa Erich Fenninger. Die Lebensbedingungen der Menschen müssten verbessert werden, um zu verhindern, dass Menschen aus Verzweiflung oder Protest die FPÖ wählten, so der Tenor vieler Wortmeldungen.

Erich Fenninger bei der Begrüßungsrede. Foto: Moritz Ettlinger

Ganz aus der Verantwortung entlassen wollte man die Bevölkerung aber nicht. Jede*r müsse sich fragen, „ob sein Leidensdruck wirklich hoch genug ist, um dafür die Demokratie zu gefährden“, meinte beispielsweise der Schauspieler Cornelius Obonya. „Er oder sie muss sich fragen, ob er oder sie es wirklich nötig hat, eine Partei und deren Funktionäre zu wählen, die nichts, aber auch gar nichts zur Lösung der Probleme beitragen werden.”

„Wir müssen bei den nächsten Wahlen eine Stimme setzen gegen den Rassismus der FPÖ und der ÖVP“, forderte weiters Laura Topütt von der Dokustelle Islamfeindlichkeit & antimuslimischer Rassismus, die insbesondere die vonseiten der rechten Parteien betriebene Sündenbockpolitik mit Muslim*innen als Feindbilder anprangerte.

Breites Bündnis gefordert

Die Quintessenz der Veranstaltung: Die Zivilgesellschaft kann den Rechtsruck in Österreich stoppen, die Erfolge der FPÖ sind kein Naturgesetz. „Wir kämpfen darum, dass ganz Österreich lebenswert, weltoffen, menschlich und solidarisch bleibt“, sagte Petar Rosandic alias Kid Pex von der NGO „SOS Balkanroute“.

Rosandic plädierte, ähnlich wie andere Redner*innen auch, für ein breites Bündnis der Zivilgesellschaft, das von den Kirchen und Ordensschwestern über Muslim*inne und LGBTQ-Personen über die “Klimakleber*innen” bis hin zur den „Nachbarn links und rechts von uns“ reichen müsse.

Es brauche ein breites Bündnis der Zivilgesellschaft, meinte Petar Rosandic. Foto: Moritz Ettlinger

Rege Teilnahme

Zu Wort kamen außerdem Mercan Falter (Arbeiterkammer), die Schriftstellerin Ishraga Mustafa Hamid, der Gewerkschafter und Sozialdemokrat Axel Magnus, Susanne Scholl von den „Omas gegen Rechts“ sowie die Politiker Niki Kunrath (Grüne Wien), Jürgen Czernohorszky (SPÖ-Stadtrat in Wien) und Dominik Wlazny alias Marco Pogo (Bierpartei).

Für musikalische Unterhaltung und gute Stimmung zwischen den Redebeiträgen sorgten Schwester Ebra, Gina Disobey und der Harri Stojka Express, der die Kundgebung mit seiner Musik schließlich am frühen Abend beendete.

Der Originalartikel kann hier besucht werden