Stellen Sie sich zwischen dem 16. und 17. Jahrhundert, inmitten der Sklaverei, eine westliche Familie vor, die Afrikaner*innen und indigene Amerikaner*innen zu besten Freunden hat. Ein Afrikaner ist das Staatsoberhaupt und teilt dasselbe Schicksal, dieselben Ideale und Werte der Freiheit, Toleranz und Gleichheit. Sie träumen nicht: Dies ist nicht Nelson Mandelas Südafrika, sondern der Quilombo von Palmares, Brasilien, die erste freie demokratische Republik.

In Brasilien begann der Sklavenhandel mit Menschen aus Afrika in der Mitte des sechzehnten Jahrhunderts und dauerte bis ins neunzehnte Jahrhundert. Über einen Zeitraum von drei Jahrhunderten brachten portugiesische Schiffe 5 Millionen Afrikaner in die neue Überseekolonie und versklavten sie.

Viele von ihnen sind jedoch von den Plantagen im Norden, in der Region Pernambuco, geflohen. Unter ihnen befand sich ein Mann namens Nganga Zumba, der einen Widerstand organisierte. Dieser äußerte sich in Sabotage, Waffendiebstahl und Plänen zur Befreiung der Sklaven. So entstanden an schwer zugänglichen Orten sogenannte Quilombo-Gemeinschaften, in denen nicht nur geflohene Sklaven aufgenommen wurden, sondern auch Einheimische, Muslim*innen und Europäer*innen, die vor der portugiesischen und niederländischen Herrschaft flohen. Der Begriff hat im Kontext unterschiedlicher afrikanischer Sprachen verschiedene Bedeutungen: Gesang, Vereinigung und Zufluchtslager.

Die größte Siedlung war der Quilombo von Palmares, die 1597 in der Serra da Barriga (dem heutigen Bundesstaat Alagoas) gegründet wurde, einem gebirgigen, mit Palmen bewachsenen Gebiet, das fast so groß ist wie Portugal, wo Afrikaner und Eingeborene ihr Wissen über Pflanzen austauschten und mit einem großen Gemeinschaftssinn zusammenlebten. Das Land war kollektives Eigentum und die Erträge wurden zu gleichen Teilen geteilt. Die Siedlung hatte 30.000 Einwohner, die sich auf 11 Dörfer verteilten, eine Hauptstadt, Macombos, eigene Gesetze und Verordnungen und erlebte eine große Entwicklung in der Landwirtschaft: Riesige Felder entstanden, Waren wurden konserviert, Handwerk und Handel blühten auf.

Der Quilombo entwickelte auch ein Rechtssystem, das die traditionelle afrikanische Justiz mit der Freiheit der Religionsausübung und dem Ideal der Gleichheit verband. In Kikongo bedeutet Nganga „Eingeweihter“; als Staatsoberhaupt diskutierte Nganga Zumba verschiedene Vorschläge zu Herausforderungen mit einem senatsähnlichen Rat der Weisen. Frauen bekleideten wichtige Positionen, gleichberechtigt mit Männern.

Im Jahr 1650 wurde ein weiterer portugiesischer Versuch, die Quilombos unter der Führung von Antonio Lopez zu vernichten, dank effektiver Guerillatechniken, die auf afrikanischen Kampfkünsten basierten und aus denen später der Capoeira hervorging, vereitelt. Bei einer dieser Operationen im Jahr 1662 wurden jedoch viele Einwohner getötet und andere gefangen genommen. Unter ihnen war ein sechsjähriger Junge namens Nzumbi, Enkel von Nganga Zumba, den der Jesuitenpater Antonio Melo in den Stadtteil Porto Calvo mitnahm, ihn auf den Namen Francisco taufte und ihm Lesen und Schreiben in Portugiesisch und Latein beibrachte.

1670 floh Nzumbi und kehrte in den Quilombo zurück, wo er als freier Mann geboren worden war. Er wurde ein geschickter und geachteter Militärstratege. Nach vielen Kämpfen war sein Onkel bereit, einen vom Gouverneur von Pernambuco angebotenen Friedensvertrag zu unterzeichnen und einige Sklaven an ihre früheren Herren zurückzuschicken. Nzumbi aber lehnte ab, da dies die Fortsetzung der Sklaverei gefördert hätte, und die Konflikte gingen weiter. Nach dem Tod von Nzumba, der möglicherweise vergiftet wurde, spielte eine Frau eine sehr wichtige Rolle in der Geschichte des Quilombo von Palmares: Sie hieß Dandara, war die Frau von Nzumbi und wie dieser eine mutige und angesehene Führungspersönlichkeit.

Am 6. Februar 1694 wurde die Hauptstadt der Quilombos zerstört. Dem verwundeten Nzumbi gelang die Flucht in den Wald, wo er mehr als ein Jahr lang Widerstand leistete. Er fiel am 20. November 1695 im Kampf, wurde gevierteilt und sein Kopf bis zur vollständigen Verwesung auf dem öffentlichen Platz von Recife ausgestellt, um die Sklaven zu erschrecken und die Legende von seiner Unsterblichkeit zu widerlegen.

Seit 2003 wird sein Todestag in Brasilien als Tag des schwarzen Gewissens begangen, um an die Geschichte der Freiheit und Gleichheit des Quilombo von Palmares zu erinnern, jenes multiethnischen Volkes, das sich ein Jahrhundert lang gegen den Sklavenkolonialismus wehren konnte.

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Übersetzung aus dem Italienischen Chiara Pohl vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam. Wir suchen Freiwillige!