Wir sind viele Gruppen und Organisationen in Österreich, die sich für Klimagerechtigkeit einsetzen.
Wir sprechen uns klar und deutlich gegen alle weltweiten Kriege und aktuell gegen den Krieg in der
Ukraine aus.
Verschiedene Krisen dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden: Zusammen mit Bewegungen
auf der ganzen Welt – und besonders auch in Russland und der Ukraine – treten wir für Frieden und
Abrüstung ein, für ein Ende der Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen, für offene Grenzen und für
eine Agrar- und Ernährungswende.

1. Aufrüstung stoppen: Klimapolitik ist Friedenspolitik

Der Krieg befeuert die Klimakrise. Aktuelle Aufrüstungspläne, wie die geplante Aufstockung des
Heeresbudgets in Österreich, führen nicht zu einem Ende von Krieg und Gewalt. Sie erzeugen eine
Eskalationsspirale, die Lebensgrundlagen in Krisen zerstören, zur Beschleunigung des Klimawandels
durch den massiven Treibhausgas-Ausstoß beitragen, weltweite Naturzerstörung anheizen und dem
dringend nötigen Umbau der Mobilitäts- und Energiesysteme finanzielle Mittel entziehen. Denn
allein die Waffenindustrie ist für etwa zwei Prozent der globalen Treibhausgase verantwortlich.
Österreichs Neutralität darf nicht zur Diskussion stehen, sie muss gestärkt und gefestigt werden. Im
Fokus der Friedensbemühungen Österreichs und der EU müssen diplomatische Lösungen stehen.
Anstatt jetzt in Aufrüstung hierzulande und auf EU-Ebene zu investieren, muss das Geld für
humanitäre Hilfe und für die Energie- und Mobilitätswende verwendet werden.
Wir brauchen starke Bündnisse mit den weltweiten Friedensbewegungen, keine Militärbündnisse.
Wir zeigen uns solidarisch mit den Menschen in der Ukraine und Russland, die sich für Frieden stark
machen.

2. Aus für Gas- und Ölimporte: Energie- und Mobilitätswende jetzt!

Die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern ist nicht nur ein tiefgreifendes klimapolitisches, sondern
auch ein soziales und geopolitisches Problem: In etwa ein Drittel des russischen Staatshaushaltes
wird über Einnahmen aus Exporten fossiler Brennstoffe finanziert.
Die Abhängigkeit Österreichs von Gas und Öl aus anderen Ländern wie Russland wird von fossilen
Konzernen wie der OMV, Oligarchen und Interessengruppen wie der WKO aktiv vorangetrieben. Sie
haben sich gegen verbindliche Gesetze und Initiativen gestellt, die für den Ausstieg aus Öl und Gas
notwendig sind. Die fossilen Lobbyisten zerstören damit das Klima und befeuern weltweit
stattfindende Kriege. Statt nun Flüssiggas von woanders zu importieren, sollten rasche Schritte für
die bessere Dämmung von Gebäuden, die Umstellung der Gas- und Ölheizungen und den sozial
ökologischen Umbau der Industrie gesetzt werden. Auch die Fernwärme wird zu mehr als einem
Drittel mit Gas erzeugt und soll auf klimafreundliche Energien umgestellt werden. Um die
Abhängigkeit von Öl zu verringern, müssen wir unter anderem die Verkehrswende beschleunigen.
Jede Investition in fossile Infrastrukturen muss jetzt gestoppt werden.

Klima und Soziales dürfen dabei nicht gegeneinander ausgespielt werden. Die derzeitigen
Maßnahmen der österreichischen Regierung fördern teilweise weiterhin die Abhängigkeit vom
Verbrennungsmotor und entlasten vor allem hohe Einkommen; Anreize zum Energiesparen fehlen
dabei völlig. Nur rund ein Viertel der Summe des Maßnahmenpakets zielt auf den Ausbau
klimafreundlicher Mobilitätsformen und Erneuerbarer Energien ab – viel zu wenig!
Damit Kriege langfristig verhindert werden können, müssen wir für ein Ende der
Wachstumswirtschaft sorgen und uns an Kreislaufwirtschaft und Suffizienz orientieren. Denn ein
System, das auf Wachstum und Ausbeutung von fossilen Ressourcen beruht, stößt nicht nur an
planetare Grenzen, sondern verursacht auch immer wieder geopolitische Konflikte.

3. Asyl für Alle: Keine rassistische Diskriminierung von Geflüchteten

Wir begrüßen die Ankündigung der Regierung, aus der Ukraine flüchtenden Menschen rasch und
unbürokratisch zu helfen und ukrainischen Staatsangehörigen einen schnellen Zugang zum
Arbeitsmarkt, Gesundheitssystem und zur Bildung zu ermöglichen. Diesen Umgang mit
Schutzsuchenden fordern NGOs und Initiativen in Österreich seit Jahren von staatlichen Stellen ein.
Wir heißen alle Geflüchteten willkommen und danken den Menschen aus der Zivilgesellschaft, die –
wie im Jahr 2015 – seit Wochen völlig selbstverständlich bei der Aufnahme, Versorgung und
Unterbringung helfen.

Wir verurteilen zugleich die rassistische Diskriminierung von Menschen ohne ukrainischen Pass und
die Etablierung eines Zwei-Klassen-Asylsystems. Drittstaatsangehörige aus afrikanischen Ländern,
dem Nahen Osten oder Indien wurden auf der Flucht aus der Ukraine diffamiert und misshandelt.
Auch in Österreich genießen sie nicht die gleichen Rechte wie Ukrainer*innen – im Gegenteil, es
häufen sich die Berichte von Schikanen durch die Behörden. Von der EU-Massenzustromrichtlinie in
Österreich sind sie ausgeschlossen und durch Abschiebung in ihre „Heimatländer“ bedroht.
Wir lehnen die Trennung in „gute“ und „schlechte“ Geflüchtete ab. Bomben unterscheiden nicht
zwischen Hautfarbe, Religion oder Staatszugehörigkeit. Alle Menschen haben das gleiche Recht auf
Schutz vor Verfolgung – egal ob vor dem Krieg in der Ukraine, in Syrien oder in Afghanistan. Seit
Jahren führen imperialistische Mächte blutige Kämpfe um die Kontrolle fossiler Energien und treiben
Millionen Menschen in die Flucht. Nachhaltige Klimapolitik verhindert die Zerstörung der
Lebensgrundlagen, ermöglicht selbstbestimmte wirtschaftliche Entwicklung und vermindert damit
Fluchtursachen.

4. Agrar- und Ernährungswende jetzt!

Die Auswirkungen des Kriegs offenbaren die wunden Punkte eines von fossilen Brennstoffen und
globalisierten Lieferketten abhängigen, verschwenderischen und zutiefst ungerechten
Ernährungssystems – ein System, das es nie geschafft hat, alle Menschen zu ernähren. Schon vor
dem Ukraine-Krieg waren 800 Millionen Menschen von Hunger betroffen und zwei Milliarden
Menschen mangelernährt. Ursachen dafür sind die ungerechte Verteilung von landwirtschaftlichen
Erzeugnissen und Ressourcen für Nahrungs- und Futtermittel, ihre Verschwendung und
überproportionale Verwendung als Tierfutter, Agrartreibstoffe, Spekulationsmasse und Rohstoffe für
die Industrie- und Bioökonomie.

Statt einem Fokus auf die verwundbarsten Menschen bewirkte die Globalisierung des
Ernährungssystems eine Ausrichtung auf gewinnbringende Exporte, weg von einer leistbaren und
nachhaltigen Versorgung mit Lebensmitteln. Zugleich ist diese ressourcenintensive Landwirtschaft in
existenzgefährdender Weise von synthetischen Düngemitteln und Pestiziden, aber auch von Diesel
abhängig.

Die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs drohen die ohnehin am stärksten von Hunger und
Mangelernährung betroffenen Menschen zuerst und am schärfsten zu treffen. Mindestens 50 Länder
sind bei der Versorgung mit Weizen zu 30 % oder mehr von Russland und der Ukraine abhängig. Viele
Länder des globalen Südens in Nordafrika, Asien und dem Nahen Osten sind am meisten darauf
angewiesen. Zudem ist Russland nicht nur einer der wichtigsten Gasproduzenten, sondern auch der
weltweit größte Exporteur von synthetischen Düngemitteln.

Jetzt geht es darum, Soforthilfen für die Betroffenen mit Schritten gegen die strukturellen Ursachen
des Hungers und der Klimakrise zu verbinden. Die Klima-, Biodiversitäts-, Hunger- und Agrarkrise
müssen zusammen mit den Auswirkungen von Kriegen betrachtet und überwunden werden. Dabei
dürfen verschiedene Krisen nicht gegeneinander ausgespielt werden: Unter dem Vorwand einer
Nahrungsmittelknappheit vorzubeugen, erwägen die EU-Agrarminister*innen aktuell, wichtige
Green-Deal-Ziele wie die Pestizidreduktion oder der Biodiversitätsflächen aufzuschieben oder gar
zurückzunehmen. Solch kurzfristige Reaktionen auf einen drohenden Engpass bei Getreide dürfen
sich nicht negativ auf langfristige Lösungen für unser Ernährungssystem, die Wiederherstellung der
biologischen Vielfalt und den Klimaschutz auswirken.

Wir lehnen diese Rückschritte strikt ab. Stattdessen braucht es eine umfassende Agrar- und
Ernährungswende – in Österreich, Europa und weltweit. Das bedeutet eine Landwirtschaft, die auf
Unabhängigkeit von fossilen Brennstoffen, auf standortgerechte Tierhaltung und eine Reduktion der
Massentierhaltung, auf Agrarökologie und Vielfalt sowie auf kleinbäuerlichen und krisenresilienten
Agrar- und Ernährungssystemen basiert. Gute Ernährung für alle in einer Welt ohne Hunger muss
oberster Grundsatz sein.

Pressemitteilung Parents for Future Österreich