Vor einigen Wochen verstarb der ehemalige Präsident von Sambia Kenneth Kaunda. Obwohl er außerhalb der englischsprachigen Welt kaum bekannt ist, verdient er mehr als einen kurzen Absatz in den Geschichtsbüchern.

Kaunda war zunächst der Anführer der Bewegung gewesen, die der damaligen britischen Kolonie Nordrhodesien 1964 die Unabhängigkeit unter dem Namen Sambia brachte. Er wurde der erste Präsident und blieb es bis 1991.

Pressenza blickt auf den Werdegang dieser großen Persönlichkeit der Unabhängigkeitsgeneration zurück, die sich als Humanist bezeichnete und deren Erfahrung, mit ihren Licht- und Schattenseiten, Anerkennung verdient. Wir haben den Historiker und panafrikanischen Aktivisten Amzat Boukari-Yabara interviewt, der uns die wichtigsten Momente dieser Lebensgeschichte schildert.

Heute werfen wir einen Blick auf das politische Werk des ersten sambischen Präsidenten.

Die Entwicklung des Bildungssystems wurde seinem Regime zugeschrieben. Welches waren die großen Meilensteine und die bedeutsamsten Fortschritte von Kaundas Regierung für sein Land?

Wenn Kaunda der Bildung einen Vorrang einräumt, dann deshalb, weil er selbst ein ehemaliger Lehrer ist und weil er das Land von der technischen Abhängigkeit des Auslandes wegführen will. Man kann nicht die Unabhängigkeit annehmen, ohne die Verantwortung für Gesundheit, Sicherheit und für die wirtschaftliche, politische und soziale Entwicklung der Menschen zu übernehmen. Indem er die britische Kolonisierung anprangert, die nur etwa hundert Hochschulabsolventen und ein Dutzend Tausend Absolventen von Sekundarschulen hervorbrachte, investiert er in den Bau von Einrichtungen und in die Ausweitung der Grund- und Sekundar-Schulbildung.

In seiner Regierungszeit hat er Schulen und auch Ausbildungszentren gebaut, um durch Zugang zu Bildung regionale und soziale Ungleichheiten zu beheben. Über die Bildung hinaus rief Kaunda die Arbeitskräfte dazu auf, insbesondere die Jungen, sich der Landwirtschaft zuzuwenden, damit sich das Land selbst versorgen kann und um von der Kupferabhängigkeit wegzukommen. Eines der Vorhaben bestand darin, aus Sambias Status als Binnenstaat in eine Stärke zu verwandeln, indem man versuchte, den landwirtschaftlichen Überschuss in Richtung der acht Nachbarländer (Angola, Botswana, DR Kongo, Malawi, Mosambik, Namibia, Tansania und Simbabwe) zu exportieren.

Trotz seines erklärten Humanismus gründete Kaunda schließlich ein Einparteiensystem. Wie lässt sich dieses Paradoxon erklären?

Die Einführung des Einparteiensystems, angekündigt im Jahre 1972 und im August 1973 in die Verfassung aufgenommen, verdeutlicht einen Bruch mit dem britischen parlamentarischen System. Diese Maßnahme wurde infolge des Verbots der vom ehemaligen Vizepräsidenten Simon Kapwepwe gegründeten Oppositionspartei ergriffen. Die anschließenden Wahlen sind durch einen starken Rückgang der Wahlbeteiligung und die Nicht-Wiederwahl der drei wichtigen Mitglieder der sambischen Regierung geprägt. In der Tat sagt eine Einzelpartei nicht aus, dass es nur einen einzigen Kandidaten gibt und das Prinzip einer Einzelpartei besteht darin, mehrere Kandidaten zu präsentieren, die verschiedene Linien verkörpern. Das Einparteiensystem ist darauf aus, jeden Machtwechsel zu verhindern, der unangenehme Folgen für die Unterstützung der Anti-Apartheid Bewegung haben könnte. Wahrscheinlich hatte Kaunda Angst davor, dass die demokratische Öffnung als Schutzschild für tribalistische oder neokolonialistische Zentrifugalkräfte dienen könnte.

Kaunda hat zu Recht innenpolitisch eine Politik und Philosophie der Gewaltlosigkeit bewahrt, die alles in allem einzigartig geblieben ist. Er hielt den Ausnahmezustand aufrecht, indem er erklärte, dass Sambia von allen Seiten angegriffen werden könnte und dass das Prinzip des Ausnahmezustands nicht darin besteht, das Volk zu unterdrücken, sondern es zu schützen. Die Methode mag zum Schmunzeln anregen, aber in Wirklichkeit war Sambia ständig von Repressalien seitens Südafrikas und Rhodesiens bedroht, die Embargos oder Blockaden verhängen konnten, die Wirtschaft unterdrückten und die Infrastruktur des Landes angriffen.

Das unabhängige Sambia hat große wirtschaftliche Unbeständigkeiten durchgemacht. Warum ist es der Wirtschaftspolitik der Regierung nicht gelungen, die Mehrheit der Sambier von der Armut zu befreien?

Sambia liegt mitten im Herzen des Kupfergürtels (Copperbelt), der an die südlichen Provinzen der Demokratischen Republik Kongo (DRK) grenzt.

Das Land verfügt über reiche natürliche und mineralische Bodenschätze. Insbesondere natürlich Kupfer, bei dem es einer der weltweit führenden Hersteller ist, aber auch Kobalt, Mangan, Uran, Gold und Diamanten. Sambia verfügt über ein Wasserkraft- und Energiepotenzial, insbesondere durch den Kariba-Staudamm, der ebenso die Industrialisierung und Mechanisierung der Landwirtschaft sicherstellen sollte.

Angesichts der bevorstehenden Unabhängigkeit fordern die mächtigen Bergbauunternehmen jedoch eine Entschädigung. Kaunda vertritt die Meinung, dass die britische Regierung und nicht die neue sambische Regierung die Kolonialbetriebe entschädigen sollte. Um den Landwirtschafts- und Bergbausektor zu verstaatlichen, handelt er mit den wichtigsten Konzernen (Anglo-American, Rhodesian Selection Trust, Shell, BP, Banken, Versicherungen usw.) die Mehrheitsübernahme des sambischen Staates aus, um ihn für andere Wirtschaftsakteure zu öffnen. Kaunda führt in allen Bereichen des Landes eine Politik der „Sambianisierung“ ein, sowie eine Steuerreform, die die Exporte belastet und die Wirtschaft noch stärker von Rohstoffen abhängig macht.

Bis Anfang der 1970er Jahre lässt der Preis für den Kupferverkauf erneute Investitionen in Infrastruktur, in Gesundheit und Bildung zu. Auch die sambische Bevölkerung muss ihren Beitrag zu den Kriegsanstrengungen leisten, was manchmal wirtschaftliche Entscheidungen voraussetzt, die mit den vorrangigen Interessen unvereinbar sind. Mit der Schließung der Grenze zu Südrhodesien aus politischen Gründen begeht Sambia 1973 daher wirtschaftlichen Selbstmord, bevor es von der Einweihung der Eisenbahnlinie einen Nutzen zieht, die ihm an der tansanischen Küste einen Absatzmarkt eröffnet.

Nach den Ölschocks – Sambia hat weder Erdölvorräte noch Gasreserven – fällt der Kupferpreis – was zu einer dauernden Inflation und schweren sozialen Krisen führt. Im Jahre 1978 unterzeichnet Sambia ein „Stabilisierungsprogramm“ mit dem IWF, aber die Situation verschärft sich. Der IWF übernimmt kurzerhand die Kontrolle über die Wirtschaft des Landes und drängt Kaunda mit Hilfe von Auflagen eine Sparpolitik auf. Im Mai 1987 stoppt Kaunda das Strukturanpassungsprogramm und versucht, das Land auf der Grundlage einer Politik des endogenen Wachstums, gestützt auf lokale Ressourcen, wieder in Schwung zu bringen.

Der ugandische Akademiker Yash Tandon, der in seinem Buch „Ending Aid Dependency“ den Fall Sambia untersucht, stellt fest, dass Kaundas neues Programm zur Wiederherstellung der Wirtschaft aus „bedeutenden politischen Veränderungen wie Diversifizierung, Inflationskontrolle, Rationierung des Außenhandels und Verringerung der Importabhängigkeit“ besteht. Mit einem Anstieg der Landwirtschaft (21 %), des verarbeitenden Gewerbes (15 %) und des BIP (6,7 %, das Dreifache der Vorhersage) hat sich das Wagnis gelohnt, aber noch bevor das Land den Kopf über Wasser halten kann, kommen die Gläubiger zurück und fordern die Rückzahlung der Schulden im Rahmen der Sonderziehungsrechte (SZR), für die 83 % der Finanzzuflüsse des Landes verwendet werden sollen.

Im Juli 1989 muss das Land unter die Haube des IWF zurückkehren. Die Wirtschaftskrise, die mit dem Zusammenbruch des Sowjetblocks und dem Ende der Apartheid einhergeht, zwingt Kaunda zur Rückkehr zu einem Mehrparteiensystem. Kaunda muss dann die Macht an Frederick Chiluba abtreten, einem Gewerkschaftsführer, der sie danach nicht mehr loslässt.

Wir wissen, dass er ein unerschütterlicher Anhänger der Anti-Apartheid-Bewegung war. Welche Kontakte im weiteren Sinne unterhielt er zu der Bewegung und den panafrikanischen Ideen?

Die sambische Unterstützung durch Kenneth Kaunda im Kampf gegen die Apartheid aber auch gegen den portugiesischen Kolonialismus ist nicht ausreichend bekannt. Die ANC-Partei hat von Lusaka aus mit ihrem Rundfunk, ihren diplomatischen Vertretungen und militärischen Kontakten gearbeitet. Deshalb hatte Sambia zum Zeitpunkt der Unabhängigkeit keine andere Wahl, als die südafrikanische Regierung anzuerkennen und sehr zeitig zu versuchen, die Befreiung von Nelson Mandela im Gegenzug für die Unterzeichnung eines Nichtangriffspakts zwischen den beiden Ländern auszuhandeln. Es ging auch darum, die jeweilige Sicherheit der sambischen Arbeiter in Südafrika und die der Südafrikaner in Sambia zu gewährleisten. Auf alle Fälle war Kaunda der erste Präsident, der von Nelson Mandela nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis besucht wurde. Mandela wird ihm nicht vorhalten, dass er drei südafrikanische Präsidenten getroffen hat, weil er den taktischen Sinn der Diplomatie Kaundas versteht. Er hat alle panafrikanischen und antiimperialistischen Führer von damals getroffen oder empfangen.

Während der Gründungskonferenz der Organisation für Afrikanische Einheit (OAE) in Addis Abeba im Mai 1963 hat Kaunda erreicht, dass der Boykott Südafrikas auf andere rassistische und koloniale Regime ausgeweitet wird. Als eine der Säulen der Panafrikanischen Freihandelsbewegung (PAFMECA) und der Gruppe der Frontlinienstaaten hatte er 1977-78 und 1987-88 den Vorsitz der OAU inne und trug mit seiner Gelassenheit und Geduld zur Mäßigung der Konflikte bei. Archivaufnahmen während eines OAU-Gipfels im Jahre 1987 beweisen, dass er mit großem Interesse der letzten Ansprache des burkinischen Präsidenten Thomas Sankara zuhört, der seine afrikanischen Amtskollegen dazu aufrief, die Zahlung der Schulden zu verweigern.

Kaundas politische und moralische Stärke besteht darin, dass er die Macht und die Unabhängigkeit Sambias mit friedlichen Mitteln errungen hat, in einer Region, die von Befreiungskriegen heimgesucht wurde. Und dass er sich nach Ablauf von 27 Jahren sicher von der Macht zurückgezogen hat, aber die Einheit Sambias erhalten hat, einem Land, das sich aus Völkern der benachbarten Territorien Simbabwe, Mosambik, Kongo oder Namibia zusammensetzt. Mit anderen Worten, Kaundas Philosophie und Machtführung brachten nicht die radikalste oder auffälligste Form des Panafrikanismus hervor, aber sie neutralisierten eine gewaltige Waffe des Imperialismus, die darin besteht, zu teilen und zu herrschen.

Trotzdem muss man einen maßgeblichen Widerspruch in Betracht ziehen, als er 1968 beschließt, die Unabhängigkeit des nigerianischen Gebietes Biafra anzuerkennen. Dieser Akt wurde allerdings durch einen Beweggrund motiviert, der dem von Frankreichs General de Gaulle diametral entgegen gesetzt war. Für Kaunda war Nigeria eine koloniale Föderation, die zerfallen musste, wie es bei der indischen, westindischen und zentralafrikanischen Föderation der Fall war. In der Folgezeit setzte sich Kaunda regelmäßig dafür ein, dass westliche Wirtschaftsinteressen der Embargopolitik gegenüber Südafrika unterworfen wurden.

Kenneth Kaunda, ein afrikanischer Humanist, der sich mit Gandhi verglich – Teil I.

Kenneth Kaunda, ein afrikanischer Humanist, der sich mit Gandhi verglich – Teil III.

Die Übersetzung aus dem Englischen wurde von Doris Fischer vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam erstellt. Wir suchen Freiwillige!