Nach und nach verbieten (fast) alle deutschen Bundesländer per Erlass Lebendtierexporte in Drittstaaten außerhalb der EU. Den Anfang machten vor einiger Zeit die Länder Schleswig-Holstein, Bayern und Hessen. In den letzten Wochen folgten viele weitere Bundesländer, unter ihnen mit Niedersachsen und Brandenburg einige der Hauptumschlagplätze für Lebendtiertransporte in Drittländer. PROVIEH begrüßt die Verbote ausdrücklich.

Seit langem kritisiert PROVIEH die Lebendtierexporte in Drittstaaten, auf denen teilweise sogar gegen europäische Gesetze verstoßen wird: Die Tiere werden dabei über den erlaubten Zeitraum hinaus transportiert und nur mangelhaft oder gar nicht versorgt, auch aufgrund fehlender Versorgungsstationen. Die Tiere leiden auf den tagelangen Transporten unter extremen Temperaturen, Enge, Hunger, Angst und Durst.

Bereits seit Jahren kämpft PROVIEH unter anderem auf politischer Ebene für Verbesserungen der Transportbedingungen. In Stellungnahmen und Briefen an verschiedene Abgeordnete und Institutionen drängten wir immer wieder auf einen Stopp der Transporte in Drittstaaten. Jetzt trägt unsere Arbeit Früchte: Endlich verbieten die Bundesländer Lebendtierexporte. Der Flickenteppich, der für völlig ungleiche Bedingungen bei der Abfertigung von Tiertransporten gesorgt hat, schließt sich. Damit werden zumindest vorübergehend die meisten der schlimmen Transporte verhindert. Nun sollte ein bundeseinheitliches Gesetz folgen!

Was in den vergangenen Wochen geschah:

PROVIEH hat nach Hinweisen, Brandenburg sei eine Drehscheibe für Lebendtierexporte, am 16. Juli 2020 einen Brief an die zuständige Staatssekretärin Anna Heyer-Stuffer geschrieben. In diesem erläuterten wir zum wiederholten Mal, wie eklatant die Tierschutzverstöße auf den Routen in Drittstaaten sind und baten Brandenburg ganz konkret um Offenlegung der Gegenmaßnahmen. PROVIEH forderte die Brandenburgische Landesregierung auf, Transporte nach und durch Russland genauso wie alle anderen Lebendtierexporte in Drittstaaten zu verbieten.

Die starke mediale Aufmerksamkeit für das Thema erhöhte zudem den Druck auf die Politik. So berichtete der RBB über Transporte aus Brandenburg, bei denen eklatante Tierschutzverstöße nachgewiesen wurden. Die aufwühlende und aufsehenerregende Reportage mit dem Titel „Tiertransporte gnadenlos“ in der ARD deckte weitere Tierschutzverstöße bei Lebendtiertransporten auf.  Sie zeigte einige Bundesländer – unter ihnen Brandenburg -, über welche die Tiere, bis zu diesem Zeitpunkt noch legal, aus ganz Deutschland unter schlimmen Bedingungen ins Ausland transportiert wurden. Ein skandalöses Vorgehen der Exporteure! Nach den Medienberichten und dem Schreiben von PROVIEH an die Staatssekretärin Anna Heyer-Stuffer hat Brandenburg endlich einen Erlass herausgegeben: Lebendtierexporte sind nun verboten! Dies werten wir als großen Erfolg, da danach dominoartig in weiteren Bundesländern per Erlass die Tiertransporte verboten wurden.

Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen gaben ebenfalls einen Erlass an die Veterinärämter heraus, keine Lebendtierexporte mehr zu genehmigen. Für Rheinland-Pfalz haben wir noch einen Brief vorbereitet, sind aber gar nicht mehr dazu gekommen diesen auch abzuschicken – dort wurden Lebendtierexporte ebenfalls inzwischen verboten. Auch in Sachsen, Baden-Württemberg und Thüringen dürfen aktuell keine Lebendtierexporte in Drittstaaten mehr abgefertigt werden. In NRW und Rheinland-Pfalz sind sogar noch weitergehende Maßnahmen getroffen worden: Auch lange Kälbertransporte (über acht Stunden) dürfen von dort aus nicht mehr starten. Eine Übersicht über die Erlasse der Bundesländer finden Sie unten in der Tabelle.

Was tut sich sonst beim Thema Tiertransporte?

Bundesebene
Demnächst wird die deutsche Tierschutztransportverordnung überarbeitet. Dazu hatte die Bundesregierung PROVIEH bereits im Herbst 2019 um Stellungnahme gebeten, aber nur wenige unserer Vorschläge wurden zunächst in den aktuellen Gesetzesvorschlag eingearbeitet. Da PROVIEH nun erneut um Stellungnahme gebeten wurde, haben wir im Juli 2020 mit dem Bündnis für Tierschutzpolitik unsere Forderungen zu Tiertransporten ergänzt und noch ein zweites Mal nachdrücklich vertreten. Unsere Stellungnahme finden Sie hier. Wir pochen darauf, dass unsere Vorschläge umgesetzt werden und begleiten den Gesetzgebungsprozess weiter.

EU-Ebene
Auch auf europäischer Ebene gibt es bereits einen Lichtblick: Das EU-Parlament hat im Juni 2020 erstmals in seiner Geschichte beschlossen einen Untersuchungsausschuss im Bereich des Tierschutzes einzusetzen und zwar zum Thema Tiertransporte. Mit diesem für europäische Verhältnisse sehr starken Mittel sollen vermutete Verstöße gegen die europäische Tiertransportverordnung 1/2005 aufgeklärt werden. Angedacht ist außerdem, die europäische Verordnung zu novellieren, um Bedingungen für Lebendtierexporte zu verbessern. Wir haben Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner mehrmals aufgefordert die deutsche EU-Ratspräsidentschaft im Sinne des Tierschutzes zu nutzen, unter anderem durch dieses Forderungspapier gemeinsam mit dem weiteren Tierschutzorganisationen.

In den letzten Wochen hat sich also einiges für die Tiere zum Positiven bewegt. PROVIEH freut sich über die erreichten Erfolge und wir hoffen, dass sie von Dauer sind. Wir werden weiter sehr genau beobachten, wie mit Tiertransporten, insbesondere in Drittstaaten, verfahren wird. Auch die dringend notwendigen Novellierungen der Tierschutztransportverordnung werden wir weiter beobachten und gegebenenfalls mit Briefen, Stellungnahmen und gezielten Aktionen bei Abgeordneten und Institutionen intervenieren. PROVIEH setzt sich weiter aktiv für Verbesserungen der Tiertransportbedingungen sowie für die Abschaffung von Lebendtierexporten in Drittländer ein.


Erlasse der Bundesländer zu Tiertransporten

Stand: 03.08.2020

 

Weitere Informationen zur Kampagne „Stoppt Lebendtierexporte!

 

Der Originalartikel kann hier besucht werden