PROLOG: Seit ihrer Entdeckung litten und leiden die Völker Lateinamerikas unter der Habgier mächtiger Kräfte. Schon Christoph Kolumbus hatte die Sucht der Gier in seinen Adern. In dem sonst meist kurzgehaltenen Logbuche der „Santa Maria“ sind die Worte Gold 141 mal notiert („Schiffstagebuch“, Reklamverlag, Leipzig).

Die Monarchen Spaniens, Portugals, Englands verfügten, dass in den eroberten Ländern Steuer erhoben werden, die nach Europa zu gehen haben, ebenso das zunächst geraubte und später unter ihrer Herrschaft geförderte Gold, Silber, Kupfer, Salpeter und andere Bodenschätze. Ackerland, Wälder und Erzminen wurden unter Zwang zu ihrem Eigentum erklärt und in bis dato unbekannte Grundbücher nach ausländischem Recht eingetragen. Auf eingerichteten Latifundien wurden Produkte für die Versorgung der Kolonisten und der Mutterländer produziert. Ureinwohner stellten die meist unbezahlten Arbeitskräfte. Nach ihrer Erschöpfung wurden massenhaft Sklaven aus Afrika zwangsweise herangeschleppt. Ein Bauernstand, wie in Europa üblich, hat sich nie entwickeln können. Das Grundmuster der Arbeitsteilung: Rohstoffförderung in Lateinamerika und Verarbeitung im Ausland hat sich nach dem Sturz der Monarchien und Gründung von Republiken bis zur Gegenwart erhalten. Erdöl bereicherte im 18./19. Jahrhundert die Lieferliste.

Rohstoffe sind Gegebenheiten der Natur, aber Reichtum im finanziellen Sinne entsteht erst durch ihre Verarbeitung. Das macht die Rohstoffe für die Verarbeiter begehrlich und schafft über Steuern finanzielle Mittel für staatliche Aufgaben, etwa im Bildungs- und Gesundheitswesen, Straßenbau.

DIE LAGE: Venezuela steht zurzeit im Fokus heftiger Auseinandersetzungen. Die eine Seite, die ausländischen Rohstoffverarbeiter und die inländische Opposition, wollen das alte System der Arbeitsteilung erhalten. Venezolanische Fortschrittskräfte wollen ihre Rechte nutzen und Alternativen einführen. Das Land sucht seit 20 Jahren nach Wegen, um selbstbestimmt die eigene Lage zu Gunsten der abhängigen unteren und mittelständigen Schichten zu verbessern. Anders sind die Ziele der neuen Entwicklungsdekade der UNO kaum zu erreichen. Die Möglichkeiten, die ihre Rohstoffe bieten, sollen dem eigenen Land zu Gute kommen.

Venezuelas Vorhaben sind nicht neu. Das Land folgt bei der Suche nach Alternativen Mexiko, Guatemala, Chile, Bolivien, Ecuador, Brasilien, Argentinien unter anderen. 2017 und 2018 mussten Rückschläge in Lateinamerika registriert werden. Allein Kuba geht seinen Weg der Selbstbestimmung. Mit dem Verfassungsprojekt passte sich das Land mit hoher Zustimmung der Bevölkerung an die erreichten Bedingungen an.

Die stärksten Widersacher Venezuelas und Nutznießer der Wertschöpfungsketten kommen aus den USA und der EU. Erdöl ist für sie ein Rohstoff mit strategischer Bedeutung für die Wirtschaft, den Flugverkehr und die Unterhaltung des Militärs. In den USA, als großem Wirtschaftspartner, liegt auch das Logistikzentrum der Auseinandersetzungen. Die westlichen Industrieländer haben lange Erfahrungen im Zurückweisen von Alternativen und zum Erlangen ihren Begehrlichkeiten. Neben den groben Methoden der Boykotte, Sanktionen, Blockierung venezolanischer Guthaben im Ausland, nutzen sie ihr Kreditmonopol über den Internationalen Währungsfonds und ihre Ratingagenturen als wichtigste Einrichtung, um die Zinshöhen zu beeinflussen. Traditionell setzen die 3 Agenturen der USA die lateinamerikanischen Länder auf ein „C“ Niveau. Das bedeutet hohe Zinsen und Auflagen bei der Kreditvergabe. Für Venezuela stehen am 7.3.2019 laut Google 22,40% Interest Rate zu Buche (https:// tradingeconomics.com/venezuela/rating). 22 % Zinsen für die Kreditbeschaffung bei gleichzeitiger Blockierung von Auslandsguthaben aus dem Export sind eine tödliche Kombination. Die Notierungen der letzten Zeit an den Börsen lassen vermuten, dass Hedgefonds am Werk sind, um venezolanische Werte nach einem Sturz günstig zu übernehmen. Die von außen gesteuerte Inflation drückt die Kurse auf einem Minimalniveau.

Die Schuldenfallen über den Kreditweg, die Vermeidung von Steuerzahlungen sind langgeübte Methoden.

Venezuela braucht die internationale Solidarität für eigene Alternativen und den Protest gegen erklärte Absichten, die Auseinandersetzung mit Waffen zu führen.