Von Darius Ossami, Nachrichtenpool Lateinamerika

Seit dem 1. August ist der 28-jährige Santiago Maldonado nach einem Polizeieinsatz in Patagonien spurlos verschwunden. Maldonado ist ein linker Aktivist aus dem Großraum Buenos Aires, der seit einigen Monaten in Patagonien lebt und schon mehrfach an Protestaktionen der Mapuche teilgenommen hat. Er hatte sich unter Anderem mit den Mapuche solidarisiert, die seit 2015 einen Teil der Ländereien des Modeunternehmers Luciano Benetton besetzt halten, weil sie es als ihr angestammtes Land ansehen. Ihr Anführer Facundo Jones Huala befindet sich seit Ende Juni in Haft und seit Ende Juli im Hungerstreik. Mapuche-Aktivisten hatten daraufhin die Landstraße in der Gemeinde Pu Lof im Süden Argentiniens aus Solidarität mit ihrem Gemeindeführer blockiert.

Am 1. August wurde die Straßenblockade der Mapuche von der Polizei gewaltsam geräumt, nachdem es schon in der Nacht zuvor zu Auseinandersetzungen gekommen war. Nach Zeugenaussagen ist die Polizei dabei sehr gewaltsam vorgegangen und soll Gummigeschosse und scharfe Munition eingesetzt haben. Die Protestierenden wurden dadurch zur Flucht gezwungen und in den eiskalten Fluss Chubutgetrieben. Maldonado, der nicht schwimmen kann, blieb in Ufernähe. Umringt von Polizisten wurde er das letzte Mal gesehen; seitdem fehlt jede Spur von ihm. Augenzeugen und seine Verwandten gehen davon aus, dass Maldonado von der Polizei verprügelt und weggeschafft worden ist.

Mannschaftswägen gesäubert, Einsatzleiter ahnungslos

Inzwischen fordert ein breites Bündnis, dass Maldonado lebend wieder auftaucht und die Vorfälle aufgeklärt werden. 13 namhafte argentinische Menschenrechtsorganisationen, unter ihnen die Mütter der Plaza de Mayo und die Organisation Hijos, sowie der UN-Ausschuss gegen das Verschwindenlassen haben die Regierung aufgefordert, das mutmaßliche Verbrechen aufzuklären. Auch Oppositionsführerin Cristina Fernández de Kirchner hat im Kommunalwahlkampf Aufklärung in dem Fall gefordert. Die Regierung Macri hat inzwischen eine Belohnung von 28.000 US-Dollar ausgesetzt.

Die Polizei selbst behauptet, Maldonado nicht festgenommen zu haben. Der mit dem Fall beauftragte Bundesanwalt Fernando Machado hingegen geht davon aus, dass sich Maldonado zuletzt lebend in den Händen der Polizei befand. Er kritisierte, dass die von ihm untersuchten Mannschaftswägen frisch gereinigt gewesen seien. Zudem beklagte er eine mangelnde Kooperation des Einsatzleiters. Am 11. August fand in Buenos Aires eine Demonstration mit tausenden Teilnehmer*innen statt, die forderten, dass Maldonado lebend wieder auftaucht und die Rolle der Polizei in sein Verschwinden aufgeklärt wird.

 

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Quelle:
poonal – Pressedienst lateinamerikanischer Nachrichtenagenturen
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