Die Befürworter der Unabhängigkeit von Katalonien haben bei den Regionalwahlen am vergangenen Sonntag gewonnen. Das macht nicht nur die Regierung in Madrid nervös. Ein Dialog mit Madrid ist aber immer noch nicht durchsetzbar. Die Katalanen haben aber Ernst gemacht und die Unabhängigkeitsbefürworter zur Mehrheit der Sitze im Parlament gewählt. Damit können sie ihre Unabhängigkeitsbestrebungen und Interessen politisch besser durchsetzen.

Das Bündnis „Junts pel Sí / Zusammen für das Ja“ kam auf 63 Sitze im Regionalparlament, die ebenfalls für die Unabhängigkeit eintretende linksradikale CUP errang zehn Sitze. Mit 73 der 135 Sitze im Parlament stellen beide gemeinsam künftig die absolute Mehrheit. Die Separatisten verweisen auf eine hohe Wahlbeteiligung von fast 77 Prozent, die ihnen auch die eigenen Mandate geben. Sie hatten angekündigt, im Falle eines Wahlsiegs innerhalb von 18 Monaten mit der Zentralregierung in Madrid über eine Abspaltung zu verhandeln. Auf jeden Fall werde ein verfassungsgebender Prozess eingeleitet.

Die konservative Regierung setzt aber alle juristischen Bestrebungen nach mehr Autonomie mit einem kategorischen „Nein“ entgegen, notfalls mithilfe des höchsten spanischen Gerichtshofs durch. Jetzt muss der konservative Regierungschef Mariano Rajoy, der sich im Dezember den Wahlen stellen will, die Befürworter der Unabhängigkeit stärker berücksichtigen.

Die Separatisten hatten an die katalanische Identität der Bevölkerung appelliert, sich weiter für die Unabhängigkeit einzusetzen, und sich gleichzeitig bei der Bevölkerung für ihren demokratischen und fleißigen Einsatz gedankt.

Das Bündnis „Junts pel Sí“ für eine Mehrheit im Parlament ist allerdings auf die Unterstützung der weit links stehenden Partei CUP angewiesen. Beide verbindet nichts, außer der grundsätzliche Wunsch nach Unabhängigkeit. Das sind keine guten Voraussetzungen für ein stabiles Regieren. Am Wahlabend rief der CUP-Anführer die Katalanen dazu auf, die ungerechten Gesetze aus Madrid ab sofort zu ignorieren. Dies hatten allerdings die Links-Rechts-Formation „Junts pel Sí“ um den amtierenden Regionalpräsidenten Artur Mas bisher nicht mitgetragen.

Während der Franco-Diktatur wurde der öffentliche Gebrauch der katalanischen Sprache ab 1939 zunächst unterdrückt, viele Ortsnamen wurden ins Spanische übersetzt, Schulunterricht fand bis 1967 ausschließlich auf Spanisch statt. Seit 1978 jedoch genießt die Region Katalonien einen verfassungsmäßig abgesicherten Autonomiestatus. Nach der offiziellen Statistik bezeichneten 31,68 % der Bevölkerung Kataloniens das Katalanische als Muttersprache (Lengua inicial). In einer symbolischen Volksabstimmung in 166 Gemeinden sprachen sich bereits im Jahr 2009 rund 95 % der Teilnehmer dafür aus, dass Katalonien ein eigener Staat innerhalb der EU werden solle.

Auf jeden Fall verbessere sich jetzt die Verhandlungsposition Kataloniens in der Frage des Länderfinanzausgleichs. Ziel der Befürworter bleibt aber sich für einen unabhängiger katalonischen Staat innerhalb der EU einzusetzen.

Konservative Politiker wie Angela Merkel und Barack Obama haben allerdings den katalanischen Unabhängigkeitswünschen eine klare Absage erteilt, weil sie einen Dominoeffekt in Italien, Belgien und anderen europäischen Ländern befürchten.