Nach mehreren Luftschlägen der türkischen Armee hat es nun auch Artillerieangriffe gegen die Ziele der ISIS und gegen Stellungen der Kurden im Nordirak gegeben.
Türkische Kampfjets bombardierten vor wenigen Tagen Stellungen der Terrorgruppe Islamischer Staat (IS) in Syrien. Gleichzeitig griff die türkische Armee auch Stellungen der Kurden im Nordirak an.
Nun hat die türkische Armee nach diesen Luftangriffen gegen die Terrormiliz IS in Syrien, auch die PKK im Nordirak und ein von Kurden bewohntes Dorf im Nordsyrien unter Beschuss genommen. Das teilte die kurdische Miliz YPG in einer Erklärung mit. Die Stellungen der kurdischen Bevölkerung in Syrien seien mehrfach angegriffen worden, sogar mit türkischen Panzern. Es wurden mehrere Dörfer nahe Kobane in der nordsyrischen Provinz Aleppo nahe der Grenze zur Türkei beschossen. Dabei seien vier Rebellenkämpfer und mehrere Dorfbewohner durch den türkischen Panzerangriff verletzt worden. PKK-Vertreter erklärten derweil, die türkischen Angriffe gegen die Kurden haben den seit zwei Jahren andauernden Waffenstillstand „sinnlos gemacht“.
Die türkische Armee bestreitet, gezielt Kurden anzugreifen. Dagegen behauptet die Kurden-Miliz zielten die türkischen Truppen bei ihrem Angriff nicht auf die IS-Kämpfer, sondern auf die Kurden. Die YPG liefert sich erbitterte Kämpfe mit dem IS. In der Erklärung der Miliz hieß es, die Regierung in Ankara müsse diese Aggression gegen die Kurden beenden und zum vorherigen Friedensprozess zukehren.
Auf Druck der deutschen Bevölkerung kritisiert nun auch die Bundesregierung die türkischen Luftanschläge gegen kurdische Stellungen. Erst war Ankara als Nato-Mitglied für seine Passivität im Kampf gegen IS viel kritisiert worden. Die radikalen Islamisten kontrollieren mittlerweile einen großen Teil des benachbarten Syrien. Einer der Gründe für diese Passivität war Ankaras Unwillen, die Kurden in ihrem Kampf gegen das Kalifat der IS aktiv zu unterstützen.
Die syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte und andere Aktivisten bestätigten die Angaben. Der Leiter der Beobachtungsstelle, Rami Abdel Rahman, sagte, es handele sich offenbar um den bislang schwersten türkischen Angriff auf kurdisches Gebiet seit Beginn des Syrien-Konfliktes.
Der türkische Ministerpräsident Ahmet Davutoğlu versicherte in der Zeitung Hürriyet, sein Land habe keine Pläne für einen Einsatz von Bodentruppen in Syrien. Moderate Rebellen wie die Freie Syrische Armee, die gegen den IS kämpften, müssten aber aus der Luft unterstützt werden. „Wir wollen „Daesch“ nicht an unserer Grenze sehen“, sagte Davutoğlu unter Verwendung der arabischen Abkürzung für den IS.
Die jüngste Eskalation in der Türkei könnte Experten zufolge damit zusammenhängen, dass Präsident Recep Tayyip Erdogan innenpolitisch wieder an Stärke gewinnen will. Nach der Parlamentswahl am 7. Juni verlor seine Partei für Gerechtigkeit und Aufschwung die absolute Mehrheit und muss deshalb Koalitionsgespräche führen. Sollten diese scheitern, muss laut Gesetz eine neue Wahl angesetzt werden. Die begonnenen Militäraktionen könnten also mit Erdogans Versuch zusammenhängen, einen Teil der Wähler wieder für sich zu gewinnen.
Als Kurdistan ist ein nicht genau begrenztes Gebiet in Vorderasien bezeichnet, das als historisches Siedlungsgebiet von Kurden betrachtet wird. Das gesamte kurdische Siedlungsgebiet umfasst verschiedene Gebiete in der Türkei, dem Irak, dem Iran und Syriens. Es gibt keine Verwaltungsregierung. In den letzten Jahrzehnten flüchteten viele Hunderttausende Kurden wegen der kriegerischen Auseinandersetzungen aus der „Wiege der Menschheit“ zwischen den beiden Flüssen „Euphrat und Tigris“ in die Großstädte der Türkei. Der syrische Teil Kurdistans wird von kurdischen Aktivisten der PKK als Westkurdistan bezeichnet. Das kurdische Siedlungsgebiet bildet hier bedingt durch die unnatürliche Grenzziehung kein zusammenhängendes Gebiet.
Die größten Erdölvorkommen liegen übrigens in dem kurdisch besiedelten Gebieten im Nordosten Syriens. Dort stehen die größten Ölraffinerien des Landes. Vielleicht ist dies auch der Grund, wieso diese Region so stark umkämpft wird. Geht es wieder einmal um den Raub der Bodenschätze – dem Erdöl?