Es steht ein Elefant im Raum bei der laufenden UN Klimakonferenz COP30 in Belém: Ein Thema, das zwar nicht auf der Tagesordnung der Konferenz steht, das aber deren Ergebnisse beeinträchtigen könnte. Und die werden ohnehin spärlich ausfallen, geht man von den 29 vorangegangenen Klimakonferenzen aus. Dieser Elefant ist der Krieg.

Alle wissen, dass Krieg und der Kampf für das Klima unvereinbar sind, aber keiner traut sich, darüber zu sprechen. Niemand hat das Thema für die Tagesordnung vorgeschlagen. Warum nicht? Viele glauben nicht, dass die Krise des Klimas und der Umwelt eine reale Bedrohung ist. Andere halten es für dermaßen kompliziert, die Zusammenhänge anzusprechen, dass der Versuch nur scheitern kann. Wieder andere – die Mehrheit der Anwesenden, die auf einen erfolgreichen Abschluss der Konferenz hofft und kein Ergebnis gefährden möchte, wie es die über 5.000 Lobbyisten der fossilen Industrie bewusst tun – fürchten, dass selbst das Wenige, was sich erreichen ließe, aufs Spiel gesetzt würde, brächte man das Thema Krieg zur Sprache.

Dabei muss man darüber sprechen. Aus vielerlei Gründen, manch banalen, manch weniger banalen. Zuallererst verschlingen Kriege unglaubliche Mengen finanzieller, technologischer und menschlicher Ressourcen, selbst wenn sie nicht geführt werden. Diese Ressourcen könnten und müssten für den Kampf für das Klima und die Rettung der Umwelt eingesetzt werden. Und auch für die Gleichheit, die die Grundlage für beides ist. Wir haben es beim europäischen Green Deal gesehen: Vom (fehlgeleiteten) Plan, „Entwicklung“ und Profite in Richtung Umweltschutz zu lenken, bis zum mittlerweile von allen Regierungen getragenen Ziel, die Waffenproduktion zum Motor der Kapitalvermehrung zu machen. Nichts von alledem wird je zurückgenommen werden, Krieg hin oder her.

Außerdem sind die laufenden Kriege wichtige Faktoren beim Comeback der Fossilen. Erdrückt von den selbst auferlegten Sanktionen suchen die Länder der europäischen Union eilig nach weiteren Ressourcen, mit denen sich die russischen Gas- und Öllieferungen ersetzen lassen – und verabschieden sich dabei vom Übergang zu den erneuerbaren Energien. Wegen des Transports von Menschen und Material, der Produktion und Instandhaltung immer neuer Waffensysteme erhöht sich der Verbrauch von Brennstoffen und die damit verbundenen Emissionen. Dazu ist jede Explosion ein Feuer, das Sauerstoff verbrennt und CO2 erzeugt. Und der Krieg zerstört nicht nur menschliches Leben, sondern auch Gebäude und Güter, bis alles dem Boden gleich gemacht ist, wie in Gaza, aber auch wie im Donbass: Alles muss ersetzt und wieder aufgebaut werden, wobei weitere Ressourcen verbraucht und Emissionen erzeugt werden. Böden, Wasser und die Tier- und Pflanzenwelt werden zerstört, inklusive der Kulturlandschaft mit ihren Tierbeständen, die für Jahre oder für immer fruchtlos bleiben. Ehemalige CO2-Senken werden zu CO2-Quellen.

Kriege sind Inkubatoren von Gewalttechnologien, die sich gegen das menschliche Leben, gegen Ortschaften, Güter und Infrastrukturen richten, aber auch (dual use) gegen die Umwelt und Natur eingesetzt werden können. So entstanden unter anderem Insektizide und die Flugzeuge, die sie versprühen, sowie Raketen, die für Regen sorgen oder Hagel verhindern. Künftig wird Geo-Engineering eingesetzt werden, um die Klimaerwärmung einzudämmen; es werden „harte“ Technologien mit irreversiblen Folgen entwickelt werden. Diese werden entworfen und betrieben von irgendeinem selbst ernannten Militärstab im Kampf für das Klima, der sowohl staatlicher als auch privater Natur sein kann. Aus dem Markt gedrängt werden die „freundlichen“ Technologien, die der Erde nützen – von der Versorgung bis zum Transportwesen, vom Wohnen zur Renaturierung der Landschaft, von der gemeinsamen Pflege von Mensch und Natur (One Health) bis zur Rettung der Biodiversität – allesamt Dinge, die nur durch eine Neuorganisation des täglichen Lebens unter Einbeziehung aller möglich sind.

Kriege produzieren Flüchtlinge, Millionen von Migranten. Sie tun das sowohl direkt als auch indirekt durch die Umweltzerstörung und die Klimakrise, die sie verstärken. Der Kampf für die Rettung des Klimas und der Umwelt setzt sich dagegen dafür ein, dass Betroffene bleiben und sich auf neuer Grundlage ein lebenswertes Umfeld schaffen können.

Kriege führen zur Militarisierung nicht nur der Institutionen, sondern auch des täglichen Lebens und von allem, was es beinhaltet. Langsam oder auch sehr schnell dringt sie in alle Bereiche ein: Information, Kultur, Forschung, Schulen, Arbeit, Produktion, Mentalität und, natürlich, die öffentliche Ordnung – Orte der Freiheit. All jene, denen die rein militärische Antwort der NATO, der Europäischen Union oder der ukrainischen Regierung auf den Ausbruch des Kriegs in der Ukraine gefallen hat, machten sich nicht bewusst (und tun es vielleicht immer noch nicht), wie sehr ihr Enthusiasmus den Zeitgeist beeinflusst hat: Die Sprache der Medien, die Selbstzensur, das Ressentiment, die Priorität der Waffen über alles andere, den Verlust eines gemeinsamen Horizontes, den Zynismus dem Tod gegenüber, zivil oder im Kampf, von Freunden oder Feinden, und die offensichtliche Gleichgültigkeit gegenüber dem Schicksal unseres Planeten.

Kriege befördern den Kasernengeist von Untertänigkeit und Unterordnung, während der Kampf für die Umwelt und für das Klima Autonomie, Erfindungsgeist, Teamgeist und Initiative von unten hervorbringt – das, was es braucht, um die schwierige Zukunft anzugehen, die uns erwartet.

Zu guter Letzt bringen Kriege Korruption hervor und verschleiern sie auch: Sie ermöglichen die Anhäufung von Macht und Reichtum auf Kosten derer, die zum Sterben an die Front geschickt werden oder zum Krepieren im Etappengebiet verdammt sind. Kosten, Preise und Bestimmung der Waffen sind Staatsgeheimnisse, die nicht kontrolliert werden können (am Ende verschwinden sie, werden zerstört). Ebenso wenig wie die Zahl der Opfer und der Schäden: Diejenigen, die sie verwalten und davon profitieren, sind seit jeher im Hintergrund – sterben müssen andere.

Ganz im Gegensatz dazu steht der Einsatz für die Umwelt: In den ersten Reihen, die diesen Einsatz organisieren und anführen, stehen die „Verteidiger der Umwelt“ – eine mittlerweile unendliche Zahl von Opfern des Krieges, den Regierungen und multinationale Konzerne, die mit Umweltzerstörung spekulieren, gegen Mutter Erde führen.

Die Lektüre der Enzyklika Laudato sì täte allen nach Belém Geladenen gut. Den anwesenden indigenen Völkern braucht man sie nicht zu empfehlen. Sie kennen sie bereits. Von ihnen ist sie inspiriert.

Übersetzung aus dem Italienischen von Alexandra Twardy vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam. Wir suchen Freiwillige!