Am 24. August kam es im Mittelmeer zu einem erschütternden Zwischenfall: Das Rettungsschiff Ocean Viking der zivilen Seenotrettungsorganisation SOS Méditerranée wurde in internationalen Gewässern von der sogenannten libyschen Küstenwache über 20 Minuten lang massiv beschossen. Hunderte Projektile schlugen auf der Brücke des Schiffes ein, zerstörten Fenster, Navigationsgeräte und Rettungsausrüstung. Die 87 geretteten Menschen an Bord sowie die Crew blieben wie durch ein Wunder unverletzt.

EU-unterstützte Angreifer

Besonders brisant: Das Patrouillenboot, das die Schüsse abfeuerte, war ein von der Europäischen Union finanziertes Schiff, das erst 2023 von Italien an die libysche Küstenwache übergeben wurde. Damit gerät die EU in die Kritik, indirekt für den Angriff mitverantwortlich zu sein.

Nur einen Tag zuvor war bereits das Rettungsschiff Humanity 1 in einer ähnlichen Position von einem identisch aussehenden Patrouillenboot bedroht worden. Die Crew wurde rechtswidrig aufgefordert, das Einsatzgebiet zu verlassen – ein massiver Eingriff in humanitäre Hilfeleistungen.

Eskalation auf dem Mittelmeer

Ein Crewmitglied der Humanity 1 schilderte, dass die libysche Küstenwache zunehmend aggressiv gegen Rettungseinsätze vorgeht. Erst am Samstag sei ein Boot mit Schutzsuchenden gewaltsam abgefangen worden. Danach habe das Patrouillenboot die Humanity 1 verfolgt und ebenfalls zum Rückzug gedrängt.

„In den vergangenen zwei Monaten beobachten wir jede Woche eine deutliche Eskalation“, berichtet er. „Die libyschen Boote sind schwer bewaffnet, verhalten sich aggressiv und handeln nicht im Einklang mit internationalem Recht.“

Systematische Gewalt

Der Angriff auf die Ocean Viking verdeutlicht nach Ansicht von Seenotrettern ein systematisches Problem: Die von der EU finanzierte libysche Küstenwache ist seit Jahren für rechtswidrige Einsätze bekannt. Menschen in Not werden gewaltsam zurückgedrängt, Rettungseinsätze behindert oder gar attackiert.

Dass ein ziviles Rettungsschiff nun unter massivem Beschuss stand, zeigt eine neue Dimension der Eskalation. Menschenrechtsorganisationen fordern daher dringend ein Umdenken in der europäischen Flüchtlingspolitik und einen sofortigen Stopp der Unterstützung für die libysche Küstenwache.