Marcele Oliveira ist mit ihren 26 Jahren Youth Climate Champion der COP30-Präsidentschaft; sie wurde von Präsident Lula nach einer öffentlichen Ausschreibung aus 154 Bewerbungen ausgewählt, um die Stimmen der jungen Menschen in die globale Diskussion zur Bekämpfung des Klimawandels einzubringen. Sie stammt aus Realengo, einem Bezirk im Westen der Stadt Rio de Janeiro, und wurde auf der 30. Weltklimakonferenz als „leuchtender Stern“ gesehen. Oliveira glaubt, dass die politischen Entscheidungsträger*innen der Welt einen Sinn für die Realität benötigen.

„Wenn die Entscheidungsträger*innen die Realität des Großteils der jungen Erwachsenen, Kinder und Jugendlichen im Globalen Süden kennen würden, dann würden sie Entscheidungen, die unser Leben retten oder beenden können, nicht hinauszögern“, sagte Oliveira im Gespräch mit Agência Pública.

„Es gibt Menschen, die durch den Klimawandel stärker betroffen sind, und welche, die weniger betroffen sind. Es gibt Menschen, die beim Geräusch von Regen schlafen können, und es gibt Menschen, die mit Hochwasser zu kämpfen haben. Also ist es wirklich ein Klima der Ungerechtigkeit“, betont sie.

Entscheidungsträger*innen brauchen Realitätssinn

Damit es auf dieser COP Klimagerechtigkeit gibt, setzt sie sich für einen Fahrplan ein, der die Abhängigkeit von den fossilen Brennstoffen verringert, zeigt die Notwendigkeit auf, über Umweltrassismus zu sprechen und fordert umgehende Maßnahmen gegen die Klimakrise.

„Für uns ist es notwendig und dringend, dass dieser Mutirão zu Ergebnissen führt, die zum Beispiel meine Heimatstadt Rio de Janeiro erreichen [Mutirão ist das Motto der COP30; das Wort stammt aus dem Tupi-Guarani, einer der indigenen Sprachfamilien Brasiliens, und bezeichnet ein Gemeinschaftsprojekt oder eine kollektive Anstrengung – Anm. d. Übers.]. Wenn Entscheidungen, die auf internationaler Ebene getroffen wurden, nicht die betroffenen Gebiete erreichen, dann nützen sie nichts“, sagte Oliveira am 20. November während einer Veranstaltung in der Blauen Zone, dem Bereich für offizielle Verhandlungen auf der COP, nur Minuten bevor der Ausbruch [eines schnell gelöschten] Feuers zur Evakuierung aller führte.

Während Oliveiras Rede arbeiteten die Delegierten hinter verschlossenen Türen, um sich einvernehmlich auf einen Mutirão-Text zu einigen, dessen [zum Zeitpunkt des Originalartikels] aktuellste Version am frühen Morgen des 21. Novembers veröffentlicht wurde.

Obwohl Präsident Lula dazu aufgerufen hatte, dass die Länder einen Plan, einen „Fahrplan“, wie er offiziell genannt wird, ausarbeiten, um die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu verringern, nennt der Text, auf den man sich bis jetzt geeinigt hat, nicht einmal die Hauptursache des Klimawandels. Diese fehlende Nennung wurde von Wissenschaftler*innen, zivilgesellschaftlichen Organisationen und Ländern kritisiert, die darauf drängen, dass die Regierungen den Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen vollziehen.

Kein Ausstieg ohne Fahrplan

Im Interview mit Agência Pública erkennt Oliveira an, wie komplex dieser Ausstieg sei – auch für Brasilien, ein erdölförderndes Land, das erst kürzlich trotz der Einwände der traditionellen Gemeinschaften und Völker der Region die Erschließung eines neuen Explorationsgebiets vor der Amazonasmündung genehmigt hatte. Aber sie sagt, dass es ohne einen Fahrplan „niemals einen Ausstieg geben wird“.

Alle wissenschaftliche Erkenntnisse und die immer größer werdenden Verluste durch Extremwetterereignisse weisen darauf hin, dass es einen Ausstieg geben muss – so bald wie möglich. Vertreter*innen der Zivilgesellschaft wie Marcele fordern, dass der Ausstieg gerecht durchgeführt wird, indem er die Menschen und Gemeinschaften in das Zentrum der Diskussion stellt.

Übersetzung: Christa Röpstorff

Der Originalartikel kann hier besucht werden