Der Standard hat wieder einmal das Linzer Market Institut bemüht, eine Umfrage zur Demokratie zu machen. Die große, alarmistische Schlagzeile ist, dass nur 7 Prozent der Bevölkerung wirklich voll zufrieden sind. Doch ist das weder verwunderlich noch ist die Einstellung unverständlich oder gar schlimm.
Würde irgendjemand ernstlich behaupten, dass wir gerade in der besten aller vorstellbaren Welten leben? Zwischen Inflation und Austerität? Mit merklichen Verschlechterungen im Bildungs- und Gesundheitssystem? Vielleicht ist die große Mehrheit schlicht unzufrieden, weil sie weiß, dass es besser geht oder es sogar schon erlebt hat?
Doch so wird nicht darüber berichtet. Die Berichterstattung kreiselt immer unausgesprochen darum: Das Problem ist die Unzufriedenheit, nicht all das, was zu dieser Unzufriedenheit führt. Dabei dürfen Menschen mehr wollen und mehr verlangen und sich mehr wünschen dürfen.
Die FPÖ hat nicht die richtige Antwort, aber eine Antwort
Dementsprechend ärgerlich sind die rein negativen Analysen dieser Ergebnisse. Da werden FPÖ-Politiker:innen und ihre Wähler:innen vermischt und behauptet, dass sich letztere durch die Bank ein ganz anderes politisches System wünschen. Das stimmt für die Politiker:innen. Bei den Wähler:innen wäre es dann doch interessant, genauer hinzuschauen und zu fragen, wie dieses anders denn ausschauen soll. Der FPÖ das Monopol auf “anders” zu geben ist auf jeden Fall die schlechteste aller Varianten. Damit macht man ihren Job.
Das gilt insbesondere, wenn man dieses anders nie ausformuliert. Dazu zählt auch, dass nie zwischen politischen und ökonomischen Elementen unseres Systems unterschieden wird. Der menschenfeindliche Neoliberalismus ist im politischen System der Demokratie bei solchen Umfragen quasi „eingepreist“. Das eine ohne das andere wird unvorstellbar gemacht – jedenfalls nicht getrennt voneinander besprochen.
Demokratie und Neoliberalismus sind nicht eins
Dabei sind es Widersprüche: Wenn einem etwas an der Demokratie liegt, muss man sich gegen dieses Wirtschaftssystem stellen. Die, die dieses Wirtschaftssystem verteidigen, weil sie profitieren, sind die größten Saboteur:innen an der Demokratie. Fragt man das hingegen einfach gemeinsam ab, wrackt man die Demokratie im Namen des Wirtschaftssystems ab.
Es ist also gar nicht schlecht, wenn Leute den aktuellen Zustand nicht für das Beste halten, was sie bekommen können. Sie dürfen mehr verlangen, mehr wollen und sich nach einem schöneren und leichteren Leben sehnen. Die FPÖ suggeriert, dass dies mit autoritärer Politik im Sinne Russlands oder der USA möglich ist.
Damit die extreme Rechte nicht mit dieser verheerenden Antwort das Monopol auf radikalen Wandel hat, müsste eine solidarische Gegenposition sichtbar werden: Ja, es ist schlecht, wie es ist. Ja, es kann und muss anders werden. Aber die Zukunft kann viel besser sein als die Gegenwart. Das funktioniert aber nur solidarisch.
Und in einem ersten Schritt gehört es dazu, dass die öffentliche Diskussion nicht versucht, die Unzufriedenheit an sich zu tabuisieren. Die hat durchaus ihre Berechtigung. Nicht darüber zu reden und zu hoffen, dass die Menschen dann wieder mehr vom selben wollen, ist auf jeden Fall nicht die Antwort darauf.
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