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Wer meint, dass angesichts der Klimakrise schon längst weniger Öl und Gas verbrannt werden, täuscht sich schwer. Das Gegenteil ist der Fall: Die Ausbeutung fossiler Brennstoffe nimmt jedes Jahr weiter zu und damit der weltweite CO2-Ausstoss. Die Internationale Energieagentur IEA rechnet damit, dass die weltweite Förderung und Nachfrage von Öl, Gas und Kohle 2030 ihren Höhepunkt (Peak) erreichen wird.
Es werde noch länger dauern, sagt Mike Wirth, CEO des Ölkonzerns Chevron, und widerspricht. In der «New York Times» erklärte er: «Die IEA hatte schon früher nicht immer recht. Es wäre nicht überraschend, wenn sie auch in diesem Fall falsch läge.» Und falls die IEA doch recht bekäme, werde die Nachfrage nach Öl wahrscheinlich auf diesem Höhepunkt bleiben.
«Erst wenn die Welt aufhört, Öl und Gas zu verbrauchen, werden wir aufhören, danach zu suchen», sagt Wirth. Dieser einfach Satz legt offen, wie sehr ein Konzernlenker in seiner eigenen Welt verhaftet ist.
Mit diesem Satz bringt Chevron-Chef Mike Wirth die Logik seines Geschäfts auf den Punkt: Verantwortung wird nicht übernommen, sondern verschoben – auf Konsumentinnen und Konsumenten, auf «die Welt», auf alle, nur nicht auf das eigene Unternehmen.
Bemerkenswert ist seine Kritik an europäischen Konkurrenten, die versuchen, den Wandel zumindest teilweise zu gestalten. Konzerne, die auf erneuerbare Energien setzen, hätten «an Relevanz verloren», meint Wirth. Sie seien nicht mehr wettbewerbsfähig und ihre Aktionäre seien unzufrieden.
Chevron hingegen sei ständig auf der Suche nach neuen Öl- und Gasvorkommen. Die Politik von Präsident Donald Trump erleichtere dies.
Er selber gefällt sich in der Pose des Realisten: «Wir geben uns nicht dem Idealismus hin. Wir müssen pragmatisch und realistisch sein.»
Realistisch betrachtet bedeutet jede weitere Förderung von Öl, Gas und Kohle, dass sich die Klimakrise weiter verschärft. Realistisch betrachtet ist es riskant, so zu tun, als liesse sich fossile Energie ewig weiter nutzen.
Chevron investiert zwar parallel in Wasserstoff und Lithium – allerdings auf «sehr kleiner Basis», wie Wirth einräumt. Es ist Symbolpolitik, kein Aufbruch. Aktionärsinteressen dominieren, gesellschaftliche Verantwortung bleibt Randnotiz.
Mike Wirth arbeitet seit 40 Jahren beim Ölkonzern Chevron. Er bleibt in den Routinen der Vergangenheit gefangen. Während die Welt diskutiert, wie sie den CO2-Ausstoss halbieren kann, argumentiert Wirth, warum es gefährlich wäre, mit der Ölförderung aufzuhören. Seine «Langfristperspektive» endet dort, wo sie anfangen müsste – bei der Zukunft über die nächsten Bilanzen hinaus.
Wer «noch lange, lange Zeit» sagt, meint in Wahrheit, dass die Rechnung für die Klimakrise nicht an ihn, sondern an kommende Generationen gehen soll.









