Die Drohnen- und Raketenangriffe Irans gegen Israel hatten einen Anlass, so wie auch das Besetzen des Gazastreifens durch Israel.

Urs P. Gasche für die Online-Zeitung INFOsperber

Wer das unfassbare Töten und Zerstören Israels im Gazastreifen als unverhältnismässig kritisiert, ohne gleichzeitig das Massaker der Hamas in Israel zu verurteilen, wird mit Recht als unglaubwürdig und einseitig hingestellt.

Doch die gleichen Politiker und Medien haben über das Wochenende die Drohnenangriffe Irans gegen Israel kritisiert, ohne gleichzeitig die Bombardierung und Zerstörung der iranischen Botschaft in Damaskus zu verurteilen.

Damit zeigten Aussenministerin Annalena Baerbock, Präsident Macron und andere westliche Exponenten sowie auch die meisten Medien, dass sie mit zwei Ellen messen.

Das militärische Angreifen und Zerstören einer diplomatischen Botschaft ist eine schwere Verletzung des Völkerrechts. Alle Staaten haben die Pflicht, Botschaften auch feindlicher Staaten vor Attentaten und fremden Eindringlingen zu schützen. Selbst wenn klar wäre, dass sich in einer Botschaft ein Waffenlager befindet, gilt der Ort als ausländisches Territorium. Ein Land kann lediglich den Botschafter und sein Personal ausser Landes weisen. Der Schutz der Botschaften ist im Wiener Abkommen über diplomatische Beziehungen von 1962 geregelt[1].

Ein völkerrechtswidrig angegriffenes Land hat ein Recht, sich zu wehren. So wie Israel argumentiert, die Hamas dürfe nie mehr in der Lage sein, eine Rakete auf Israel abzufeuern, könnte Iran argumentieren, es müsse dafür sorgen, dass Israel nie mehr in der Lage sei, eine seiner Botschaften anzugreifen.

Doch wäre der Iran nicht in der Lage, dieses Ziel mit militärischen Mitteln zu erreichen.

Eine weitere Verluderung der internationalen Rechtsordnung und eine selektive Anwendung des Völkerrechts erhöhen die Gefahr eines Weltkriegs. Von einem neutralen Land wie der Schweiz könnte man erwarten, dass es den Angriff und die Zerstörung einer Botschaft ebenso scharf verurteilt wie einen Terrorakt der Hamas. Es geht um die Glaubwürdigkeit, bei internationalen Konflikten vermitteln zu können.

Nachtrag
Nahostexperte Erich Gysling erklärte gegenüber Blick: «Israel hat den Vergeltungsschlag eindeutig provoziert»


[1] Das Wiener Abkommen über diplomatische Beziehungen enthält Folgendes:
Exterritorialität: Die Botschaften werden als Territorium des sendenden Landes betrachtet, was bedeutet, dass sie nicht unter die Gerichtsbarkeit des Gastlandes fallen.

Unverletzlichkeit: Die Botschaftsgebäude und das Eigentum sind unverletzlich und dürfen nicht durch das Gastland durchsucht werden.
Sicherheit: Das Gastland ist verpflichtet, die Sicherheit der diplomatischen Vertreter und Einrichtungen zu gewährleisten.
Freie Kommunikation: Die Botschaften haben das Recht, frei mit ihrem Heimatland zu kommunizieren, ohne Einschränkungen oder Überwachung durch das Gastland.
Immunität der Diplomaten: Diplomatische Vertreter geniessen Immunität vor strafrechtlicher Verfolgung und sind in der Regel nicht der Rechtsprechung des Gastlandes unterworfen, mit Ausnahmen für schwerwiegende Verbrechen.

Diese Massnahmen sollen sicherstellen, dass die diplomatischen Vertretungen effektiv arbeiten können, ohne in die internen Angelegenheiten des Gastlandes eingreifen zu müssen, und sie vor feindlichen Handlungen oder Bedrohungen schützen.

Der Originalartikel kann hier besucht werden