Überall auf der Welt gibt es zahllose Feste; viele Kulturen haben ihre eigene Sicht des Lebens, und das hilft verstehen, wie durch einen offenen Geist der Mensch mit all den anderen Welten der Pflanzen, Tiere, Mineralien und so weiter verbunden ist. Es ist nicht an uns, zu urteilen, denn wir wissen, dass sich viele Traditionen und Feste im Laufe der Zeit weiterentwickeln – so auch in Afrika: Die Grundlage ist dieselbe, aber die Formen ändern sich.

Es ist sehr schwer zu sagen, wann der Mensch anfing zu feiern, aber wir wissen, dass er Teil eines Plans ist, der astronomische und natürliche Regeln hat, und dass all dies mit Spiritualität und mit verschiedenen Formen von Kunst und Kultur im Allgemeinen zu tun hat. Dieser sehr präzise Austausch macht dem Menschen klar, dass er ein Gleichgewicht respektieren muss, das schon vor seiner Ankunft auf der Erde bestand. Wir werden also versuchen, den Grund für diese Feste zu verstehen, die auf der alten afrikanischen Vision basieren.

Die verschiedenen Mythen der Feste

Manche sind der Meinung, dass man Mythen keine Bedeutung beimessen sollte. Und doch verwenden wir so viele von ihnen in unserem täglichen Leben, in den Religionen und auch in den verschiedenen Wissenschaften, obwohl diese nicht alles erklären können.

In Afrika stehen bei einigen Völkern die Figuren von Osiris (Aousar) und Isis (Asata) am Ursprung vieler Feste, weil sie dem Mythos nach das erste Menschenpaar darstellen, das das Gleichgewicht zwischen Schöpfung und Menschen ermöglichte. Aus diesem Grund sind Darstellungen von Osiris bei der Jagd massgeblich für die Feste und Initiationsriten der Malinké-Jäger. Wie er jagen sie nicht zum Vergnügen des Blutvergießens, sondern um die Tierwelt ins Gleichgewicht zu bringen, wenn sie in einem bestimmten Gebiet im Überfluss vorhanden ist. Diese Kreaturen tauschen sich mit den Menschen aus, und nicht alle sind zum Verzehr bestimmt, denn einige sind Totemtiere. In Kamerun erinnert uns das Volk der Bamuni, das in der Nähe des Noun-Flusses lebt, an die Urgewässer; der Reichtum an Wasserlebewesen stellt einen Austausch zwischen diesen verschiedenen Wasserwelten dar und muss gefeiert werden.

Es gibt viele Arten von Festen in Afrika, aber hier werde ich besonders auf drei davon eingehen.

Gründungsmythos-Feste

Bei den Dogon in Mali finden die Sigui-Zeremonien alle sechzig Jahre über sieben Jahre hinweg statt. Dieser Zyklus entspricht der Zeit eines Umlaufs des Sterns Sirius B um Sirius A. Sie gedenken der Offenbarung des mündlichen Wortes an die Menschen sowie des Todes und der Beerdigung des ersten Ahnen, und stellen ein wichtiges Regenerationsritual dar, bei dem Leben und Tod mit den Gottheiten des Kosmos vereint werden. Alle sechzig Jahre treten die Seelen der Vorfahren in die Kanaga-Masken ein, welche die Form von Eidechsen und Schlangen haben; die größte der Masken, die Schlange, ist sieben Meter hoch. Auf ihren Stelzen peitschen die Tänzerinnen und Tänzer, die mit Kaurimuscheln bedeckt sind, die Luft mit den Schwänzen von Warzenschweinen (einer Art Wildschweine).

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Landwirtschaftliche Feste

Im ägyptisch-nubischen Mythos erwacht das in den Boden gesäte Getreide nach vierzig Tagen zum Leben. Es ist ein Dialog zwischen Mensch und Erde: „Du, Mensch, hast dich um mich gekümmert, indem du mich bewässert und meine heiligen Zeiten respektiert hast, darum wird deine Ernte reichhaltig ausfallen. Aber denke immer daran, durch die verschiedenen Welten mit den anderen Kräften des Kosmos verbunden zu bleiben“. Einige afrikanische Weise haben mir von Vermittlungsgeistern erzählt, die angerufen werden, wenn es Probleme mit Hungersnöten oder Regen gibt.

Kulturelle Feste

Diese drei Feste haben Musik und Tanz gemeinsam. Beides sind Instrumente der Danksagung und der Verbindung mit bestimmten Wesenheiten durch die Trance, einen Zustand, bei dem man die Zeit vergisst. Beim Muganuro-Fest in Burundi wird mit heiligen Trommeln die Aussaat von Sorghum gefeiert. Vor der Kolonialisierung war dies das wichtigste Getreide und eine Garantie gegen Hungersnöte. Dieser Nationalfeiertag wurde 1930 von den Kolonialherren mit Unterstützung der katholischen Kirche verboten, jedoch 1963 wieder eingeführt.

Yamswurzelfest bei den Ashanti: Die Yamswurzel ist in mehreren westafrikanischen Ländern ein Hauptbestandteil der täglichen Ernährung. Im August versammeln sich die Menschen in den zentralen Gebieten Benins um Honoratioren und Könige, um ein Ritual der Kontinuität zu zelebrieren, indem sie die neuen Knollen gemeinsam essen, den Göttern und Ahnen für die gute Ernte danken und darum bitten, dass sie auch in den kommenden Jahren anhalten möge. Riesige handgefertigte Regenschirme schützen den Oba, den König.

Ein neueres panafrikanisches Fest ist Kwanzaa, abgeleitet von dem Swahili-Wort matunda ya kwanza, was so viel wie „erste Früchte der Ernte“ bedeutet: ein jährliches Gemeinschaftsfest, das vom 26. Dezember bis zum 1. Januar stattfindet. Jeder Tag hat sein eigenes Thema: Selbstbestimmung, Glaube, Einigkeit, wirtschaftliche Selbstversorgung, Teilen, Kreativität, gemeinsame Arbeit. Mit seinen roten, schwarzen und grünen Farben wird es auch in Amerika gefeiert.

Und schließlich muss noch Gennà erwähnt werden, das äthiopisch-koptische Weihnachtsfest, das in der Nacht vom 6. auf den 7. Januar in Lalibela gefeiert wird, einer UNESCO-Kulturerbestätte mit ihren in Fels gehauenen Kirchen.

Foto von Bernard Gagnon, Wikimedia Commons

Foto di Bernard Gagnon, Wikimedia Commons

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Die Übersetzung aus dem Italienischen wurde von Domenica Ott vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam erstellt. Wir suchen Freiwillige!