In Anbetracht der Inflationskrise in den USA und Westeuropa versuchen immer mehr Länder, ihren Handel auch ohne die Verwendung des US-Dollars zu gewährleisten, um so die negativen Folgen abzuwenden. Bei dieser sogenannten De-Dollarisierung, bei der generell auf die US-Währung verzichtet werden soll, handelt es sich um eine systematische Umstellung auf eigene Währungen, um bei Zahlungen möglichst unabhängig zu sein. Dabei ist es kein vorübergehender Trend, sondern eine weltweite Tendenz, die bereits in zahlreichen Ländern beobachtet werden kann.

Von Alexander Männer

So auch in China, Indien und Russland – den führenden Mitgliedsstaaten der BRICS-Gruppe. Diese Länder hatten schon vor Jahren angekündigt, ihre bilateralen Zahlungen auf nationale Währungen umzustellen und sich damit unabhängiger vom US-dominierten Weltfinanzsystem zu machen. Wie im ersten Teil des Artikels am Beispiel von Indiens und Russland angeführt, werden dafür jetzt die rechtlichen und finanztechnischen Rahmenbedingungen geschaffen. In anderen Fällen ist man da schon weiter: Zum Beispiel ist der Anteil des Dollars am Zahlungsverkehr zwischen China und Indien 2020 von 73 Prozent auf weniger als 50 Prozent gesunken, wobei die Zahlungen in den nationalen Währungen zugenommen haben.

Rohstoffhandel zwischen China und Russland

Auch in den Handelsbeziehungen zwischen China und Russland – insbesondere im Rohstoffhandel – nimmt die „De-Dollarisierung“ eine zentrale Rolle ein. Nachdem bereits die Gebühren für russisches Gas auf paritätischer Basis in Rubel und Yuan erhoben werden, gehen die beiden Länder bei der Zahlung von Energielieferungen in nationalen Währungen noch weiter. Wie Ende November bekannt wurde, soll auch der Handel im Erdölsektor auf die beiden Landeswährungen umgestellt werden.

Diesbezüglich hat der russische Energieminister Alexander Nowak nach einer Sitzung der russisch-chinesischen zwischenstaatlichen Kommission im November erklärt, dass die besagten Zahlungen für die gelieferten Energieressourcen sowie die gegenseitigen Abrechnungen, die die Lieferung von Ausrüstung aus China einschließen würden, künftig in nationalen Währungen der beiden Staaten abgewickelt würden. Als Beispiel dafür dienten heute die Gaslieferungen zwischen Gazprom und der Volksrepublik, „die auf paritätischer Basis in Rubel und Yuan durchgeführt werden“, so Nowak.

Er wies zudem darauf hin, dass der Handel mit China im Energiebereich 2022 im monetären Volumen um 64 Prozent gestiegen ist. Was jedoch das Wachstum bei dem tatsächlichen Warenumsatz anbetrifft, so wird in den Bereichen Öl-, Gas-, Kohle- und Stromversorgung ein Anstieg von nur zehn Prozent verzeichnet.

Aus russischer Sicht ist das insgesamt aber ein gutes Ergebnis, weil das Land aufgrund der westlichen Wirtschaftsbeschränkungen sowohl die US-amerikanische Währung als auch diverse internationale Zahlungssysteme wie SWIFT nicht mehr verwenden kann und deshalb mehr als andere auf Alternativen angewiesen ist. Die Transaktionen in Yuan und Rubel würden dieses Problem lösen und die Wirtschaften der beiden Länder zugleich unabhängiger von den USA machen, meinen Experten.

Bilateraler Währungshandel

Folgerichtig hat auch der Währungshandel zwischen den beiden BRICS-Partnern zugenommen. Für Russland, das sich im Finanzbereich noch stärker Richtung China orientieren will, geht es angesichts der Sanktionen auch darum, die Finanzen seiner Bevölkerung und Unternehmen vor Risiken zu schützen, die von der Verwendung des Dollars zurzeit ausgehen. Die US-Regierung könnte den russischen Finanzsektor nämlich mit weiteren Sanktionen belegen und weitere russische Gelder in Milliardenhöhe  einfrieren.

Nicht zuletzt aus diesem Grund versuchen die russische Regierung und die Zentralbank des Landes, einen Teil der Finanzreserven des Landes in Yuan anzulegen und diesen damit als einen Ersatz für die beiden Top-Währungen Dollar und Euro zu etablieren – und das nicht ohne Erfolg. Wie die diesjährige Entwicklung an der Moskauer Börse, der größten Börse Russlands, zeigt, spielt der Handel von Anleihen, die auf die chinesische Währung lauten, im Vergleich zum Dollar nicht mehr nur eine untergeordnete Rolle.

Dem Portal Infobrics zufolge ist der Handel mit dem Yuan und dem Rubel seit Ende Februar um 1.067 Prozent auf umgerechnet knapp vier Milliarden Dollar gestiegen. Der Anteil des Yuan-Umsatzes an dem gesamten russischen Devisenverkehr 2022 hat sich bis August nach russischen Angaben fast verdoppelt und machte bis dato 20 Prozent aus. Im vergangenen März lag dieser Anteil bei gerade mal einem Prozent. Im August hatte das tägliche Handelsvolumen des Yuan schließlich zum ersten Mal in der Geschichte der Moskauer Börse den Dollar-Umsatz überschritten. Diese Tendenz deutet ganz klar darauf hin, dass der Yuan-Handel das Volumen der auf Euro lautenden Transaktionen schon bald einholen und dass der Dollar-Anteil weiter zurückgehen könnte.

„De-Dollarisierung“: BRICS forcieren Zahlungsverkehr in nationalen Währungen (Teil 1)

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